Die zwei wichtigsten Sachen im Leben? Für Aida Baghernejad sind das Pasta&Politik. Und genau darüber spricht sie im gleichnamigen Podcast mit Politikerinnen, Journalistinnen, Autorinnen und Aktivistinnen. Die erste Folge mit Aline Abboud erscheint am 16. Juli. Ihr wollt aber erst einmal mehr über Aida wissen? Voilà!
Aida Baghernejad ist freie Journalistin und Wissenschaftlerin. Sie schreibt über Musik und Essen, manchmal auch über beides gleichzeitig, meistens aber über das
Politische im Sound, auf der Bühne oder dem Teller. Aida lebt in Berlin, London – und im
Internet. Pasta&Politik gehören für Aida deshalb zusammen, weil sie davon überzeugt ist, dass die wirklich wichtigen politischen Dinge am besten über einem großen Topf Nudeln besprochen werden sollten.
Es hängt alles zusammen
„Was mich interessiert“, sagt Aida, „sind die Schnittstellen zwischen Popkultur und Politik, Kunst und Politik sowie Kulinarik und Politik, weil ich glaube, es hängt alles miteinander zusammen.“ Jede Entscheidung, überlegt Aida, von „Was essen wir?“ über „Was für ein Restaurant macht da an meiner Straßenecke auf und was heißt das?“ bis hin zu „Was für ein Album veröffentlicht eine Band und was erzählt uns das über den Zeitgeist?“ sei politisch. „Ich bin, glaube ich, eine Detektivin auf der Suche nach dem Politischen in Allem.“
Für den Podcast Pasta&Politik spricht Aida mit Politikerinnen, Journalistinnen, Autorinnen und Aktivistinnen wie Malu Dreyer, Emilia Roig oder Laura Gehlhaar. Zuerst aber erzählt sie ein bisschen mehr über sich selbst. Ein Interview mit Aida Bagherejad.
Aida, du machst ja wahnsinnig viel. Du schreibst für Zeitungen, oft über Musik und Essen, machst Podcasts, moderierst. Wann begann sie, die Suche nach dem Politischen?
Aida: „Das Politische hat mich schon immer interessiert. Früher war das vielleicht eher unterbewusst. Mittlerweile aber ist das ein großer Teil meines Lebens. Allerdings habe ich eine sehr breite Auffassung der Begriffe ,Politik’ und ,politisch’.
Ich weiß noch, vor elf oder 12 Jahren habe ich in einem Musikmagazin einen kleinen Text über einen Modetrend geschrieben, es ging um Goldschmuck. Daraus habe ich dann ein Stück gemacht über Konsum. Das war ganz klein, ich erinnere mich kaum, aber der Redakteur war dann ziemlich geflashed, weil ich die politische Dimension gezeigt habe. Auch, wenn ich über Musik oder über Essen geschrieben habe – mich haben einfach immer schon diese Zwischentöne interessiert. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass Politik in meiner Familie immer eine Rolle gespielt hat. Wir haben über Politik gesprochen – auch am Abendbrottisch. Das war normal und ganz zentral.“
Was wolltest du denn werden, als du ganz klein warst?
„Ganz viel Verschiedenes! Ich wollte Astronomin werden, Anwältin (aber nur ganz kurz!). Dann wollte ich sehr lange und sehr überzeugt Archäologin werden. Die Praxis des Herumgrabens und Dinge-Entdeckens ist ja auch noch immer Teil meines Lebens. Als Teenager wollte ich Journalistin werden und habe meine ersten journalistischen Schritte in der Schülerzeitung getan, wo ich meine eigene Meinungskolumne hatte. Nach meinem Abschluss bin ich kurzzeitig in die Werbung gegangen. Ich war Werbetexterin und dachte: ,Der Journalismus stirbt, macht gar keinen Sinn‘. Und siehe da, der Journalismus verändert sich stark – viel zum Positiven, noch mehr zum Negativen, aber er ist immer noch da. Ich hab das wahnsinnig große Glück und Privileg, dass ich einfach meinen Teenie-Traum, Journalistin zu werden, wahrgemacht habe.“
„Der Journalismus verändert sich stark – viel zum Positiven, noch mehr zum Negativen, aber er ist immer noch da.“
Aida Baghernejad
Du bist ja auch viel als Moderatorin unterwegs und wenn man sich Gespräche anhört, die du mit Menschen führst, merkt man immer, dass du das Talent hast, wirklich zuzuhören. Es ist immer ein gegenseitiges Sich-aufeinander-einlassen.
„Mich interessieren Menschen, ihre Geschichten und ihre Beweggründe, Dinge zu tun. Das ist auch wirklich ein sehr großes Glück und ich muss hier noch mal den Privilegien-Begriff nutzen. Es ist auch ein großes Privileg, Menschen begegnen zu dürfen, mit denen ich erst mal nichts zu tun habe – ihnen mit Fragen nahekommen zu dürfen.“
Welche Rolle spielt Sprache dabei für dich?
„Sprache spielt für mich eine wahnsinnig große Rolle. Ich bin ja auch zweisprachig aufgewachsen und habe das Gefühl, dass ich in jeder Sprache, die ich spreche, ein etwas anderer Mensch bin. Das finde ich toll und spannend. Ich habe auch eine Weile im Ausland gelebt und meinen Master gemacht und ich habe gemerkt, dass ich da ein viel lustigerer Mensch bin als auf Deutsch. Sprache konstruiert ja auch Realitäten. Das wird mir in den letzten Jahren immer klarer. Ob ich nun einen Text schreibe, ob ich im Radio was mache oder im Gespräch mit jemandem bin – ich versuche immer im Kopf zu behalten, dass das, was ich sage oder worüber wir sprechen, eine Realität konstruiert. Es ist eine große Verantwortung, aber auch ein unglaubliches Geschenk, dass ich meine Perspektive auf die Welt teilen darf und damit die Welt vielleicht sogar ein bisschen besser mache.“
Pasta&Politik war vor Corona ein analoges Format. Du hast Menschen getroffen, mit ihnen gegessen, über Politik gesprochen.
„Pasta&Politik ist aus einer analogen Veranstaltungsreihe entstanden, inspiriert von einem Dinner Club in London. Es gab nur eine Mailingliste. Da hat man sich einmal die Woche bei jemandem zu Hause getroffen und Pasta gegessen. Man konnte hingehen oder es lassen. Das fand ich wirklich ganz, ganz toll und wollte es in Berlin weitermachen, aber mit einem Twist – also mit einem Thema. Über Bekannte kam ich an einen Community-Space in Kreuzberg. Die Regeln waren einfach: Immer eine andere Person kocht Pasta, kauft auch ein und gibt außerdem das Thema vor. Am Ende wurden Spenden gesammelt. Das waren wahnsinnig inspirierende, besondere Abende.“
Normalerweise sagt man ja immer, dass ganz andere Dinge entstehen, wenn man sich persönlich trifft. Welche Vorteile siehst du im Audio-Format für Pasta&Politik?
„Die Vorteile sind natürlich, dass es noch niedrigschwelliger wird, dass dann jede*r mithören kann. Klar, es kann nicht mehr jede*r mitdiskutieren – aber es ist für mehr Leute erreichbar. Damals war ich Mitte bis Ende 20, jetzt bin ich Anfang 30. Je älter ich werde, desto mehr Leute haben auch Kinder und Verpflichtungen und das ist auch ein großes Problem bei der politischen Beteiligung. So kann man, wenn man schon nicht mitquatschen kann, zumindest die Gespräche mitnehmen. Eines der Ziele von Pasta und Politik war und ist auch: Über einem Teller Pasta am Esstisch kommt man immer irgendwie zusammen. Auch wenn man verschiedene Ansichten hat.“
„Über einem Teller Pasta am Esstisch kommt man immer irgendwie zusammen. Auch wenn man verschiedene Ansichten hat.“
Aida Baghernejad
Hatte dieses gemeinsame Essen und Sprechen über Politik für dich ganz persönlich schon immer eine gewisse Bedeutung?
„Wahrscheinlich schon irgendwie. Es war etwas ganz Alltägliches. Meine Eltern kommen aus dem Iran und fast jedes Wochenende waren wir irgendwie bei Freund*innen von ihnen und man sitzt halt am Tisch und redet. Teilweise hatten die Leute auch ganz verschiedene Ansichten, wie das so unter immigrierten Menschen ist. Man sitzt sich aber auf Augenhöhe gegenüber, isst zusammen und hat erst mal so eine Ebene.“
Eine erst einmal unerreichbare Person, mit der du aber unbedingt mal Pasta essen und über Politik reden möchtest – wer wäre das?
„Da muss ich ganz klischeehaft sagen: Jacinda Ardern, die neuseeländische Premierministerin, weil ich es natürlich ultraspannend finde, wie eine junge Frau, eine junge Mutter, Macht neu definiert. Ich hoffe, dass wir alle ein bisschen davon lernen können. Denn dadurch, wie Politik bei uns organisiert ist, ist es superschwer, als junge Frau und junge Mutter am Start zu sein und das zu vereinen mit einem halbwegs normalen Leben. Auch das Thema Macht insgesamt: wie Macht aufgebaut, ausgeübt und verhandelt wird. Ich finde, sie ist eine sehr kluge, spannende Person.“
Zum Schluss noch: dein liebstes Pasta-Rezept!
„Ich esse fast nie Pasta im Restaurant. Das hat sich so ergeben, seit ich alleine wohne, weil ich als 20-jährige Studierende einfach die ganze Zeit Pasta gegessen habe. Aber es gibt ein Pasta-Gericht, das ich halt doch im Restaurant esse: Pasta mit Meeresfrüchten und ganz viel Chili. Es fällt mir schwer, das zu Hause zu kochen. Ein paar Mal habe ich es so ähnlich nur mit Muscheln gemacht, das war ganz gut. Aber im Restaurant ist es nochmal was anderes. Gerade, wenn sie es so traditionell machen – eingeschlagen in Pergamentpapier und im eigenen Sud gekocht, das ist mein Allerliebstes. Zu Hause ist es Pasta mit confierten Tomaten, Zitronen-Grünkohl und ganz viel Parmesan.“