In ihrer Kolumne „Familie und Gedöns“ schreibt Lisa über alles, womit sich Eltern so beschäftigen (müssen), diesmal: Adventskalender-Bastelpflicht.
Adventskalender-Bastelpflicht
Ich weiß mir auch nicht zu helfen, aber ich bin ein bisschen sauer: Genau die Eltern-Seiten und Blogs, die normalerweise durchaus solidarisch und mitfühlend davon schreiben, wie anstrengend und fordernd das Leben für uns Mütter in der großstädtischen Filter-Bubble zwischen kreativem Job, Fußballtraining des Grundschulkindes, Kindertanz des Kleinkindes und Einkauf im Bio-Supermarkt ist, erklären mir jedes Jahr aufs Neue, in welchen hübschen Läden ich hübsche Kleinigkeiten für den Adventskalender finde, schlagen mir Bastelanleitungen vor, wie ich liebevoll und individuell einen selbst gebastelten Adventskalender herstellen kann – der idealerweise auch noch auf Industriezucker verzichtet!
Das passt doch nicht zusammen, oder? Und jede*r, der*die ein Kleinkind zwischen etwa eineinhalb und drei (oder vier, oder fünf) zu Hause hat, wird meine anschwellende Panik in diesen Tagen nachvollziehen können: Zur gewöhnlichen Kollektion täglicher Wutanfälle wird sich ab dem 1. Dezember noch ritualisiert ein fulminanter weiterer in den frühen Morgenstunden gesellen, nämlich wenn das zweijährige Kind den Inhalt seines Säckchens entnehmen darf, ihn begeistert verschluckt, und „mehr“ rufend alle weiteren Säckchen plündern will. Logisch, ich kenne natürlich seit Jahren den goldenen Trick, auf gar keinen Fall den absoluten Anfängerfehler zu begehen, den Adventskalender mit 24 bereits gefüllten Säckchen aufzuhängen. Immerhin. Ich fülle immer nach Bedarf am Vorabend. Die Wutanfälle finden trotzdem statt, logisch.
Kleinigkeiten? Ich will Zucker!
In den ersten Jahren mit Kindern habe ich es noch versucht, in Ansätzen: habe hübsche Pröbchen und Geschenke gekauft (der erste Adventskalender des ersten Kindes, da war es eineinhalb, war ausschließlich mit ungesüßten Babyjoghurts und ähnlichem Quatsch gefüllt, naja, da muss jede*r auf dem Weg zur Entspannung aka Resignation mal durch). Aber die „hübschen Kleinigkeiten“ sind mir um die Ohren geflogen, in Form eines Wutanfalls an jedem Tag, an dem im Adventskalender ein Pröbchen oder eben eine „hübsche Kleinigkeit“ und keine Süßigkeit steckte.
Ich mach es also so: Die 24 Papiersäckchen hab ich bei Ikea gekauft; das einzige, was ich selber mache, ist, sie aufzuhängen. Seit etwa zwei Jahren setze ich folgende geniale Strategie um: Von den etwa zwölf Kilo Süßigkeiten, die die Kinder bei ihrem marodierenden Streifzug durch den Stadtteil an Halloween erbeutet haben, lasse ich ab Anfang November nach und nach immer mehr verschwinden; und, ich weiß es ist schlimm, aber genau deswegen müssen wir irgendwas tun, um diese sinnlosen Beutezüge zu stoppen: Ich schmeiße jede Menge davon weg. Ich schweife ab, eigentlich soll es hier ja um den Advent gehen, aber: Warum reicht nicht jede*r Ladenbesitzer*in an Halloween zivilisiert ein einzelnes Bonbon oder ähnliches über den Tresen?
DIY und hübsche Kleinigkeiten: überschätzt
Begleitende Erwachsene – ich selbst halte mich da schön raus, verbarrikadiere mich zu Hause und hoffe, dass es kein Kind in den vierten Stock schafft – berichten mir, dass Geschäfts- und Restaurantbetreiber*innen an Halloween riesige Gläser bereithalten, aus denen die Kinder mit beiden Händen Süßkram in ihre mitgebrachten Taschen schaufeln. Der dann zu Hause entsorgt wird, denn wie sähe eine bessere Lösung aus? Alles aufessen lassen? Wohl kaum. Und „spenden“ kann man das Zeug auch schlecht. Man muss an der Quelle ansetzen. Vielleicht verteile ich nächste Jahr mal ein paar Flugblätter im Kiez.
Jedenfalls: In jedes Advents-Säckchen stecke ich eine der dezent entwendeten Halloween-Süßigkeiten. Kommt super an. Hat sich noch nie jemand dran erinnert, dass diese Süßigkeiten mal einen anderen Kontext hatten. Eine klassische Win-win-Situation, würde ich sagen.
Bild: Depositphotos
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