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Eine Trennung tut verdammt weh – aber man kann dabei viel über sich selbst lernen

Beziehungen, egal ob partnerschaftlicher oder freundschaftlicher Natur, sind die besten Spiegel. Sie zeigen uns, wer wir wirklich sind.

Ich habe mich gefragt, warum man sich nach Trennungen meistens so einsam fühlt und glaubt, dass man nie wieder jemanden findet, den man so sehr liebt. Dieser Glaubenssatz ist schließlich weit verbreitet. Auch ich kenne das Gefühl nur zu gut. Das Gefühl des Alleinseins schlägt wie wild um sich und schreit dabei „Panik“. In solchen Momenten verlieren wir oft tatsächlich die Kontrolle – und zwar über uns selbst. Der Kommandant unseres Körpers und Verstandes wird der Teil in uns, der alles zerredet, überdenkt, prüft und taktiert. Und wenn das der Fall ist, dann kann man sich auf etwas gefasst machen.

Die Stimme im Kopf wird immer lauter. Erst säuselt sie, dann flüstert sie und irgendwann hört man so genau hin und schenkt ihr wirklich Glauben. Das ist fatal, denn dann passieren oft Dinge, die entweder alles verschlimmern oder deinen Herzschmerz noch weiter in die Länge ziehen. Das Gedankenkarussell dreht sich am schnellsten in den Momenten, in denen wir uns schwach fühlen und etwas eigentlich Konstantes aus unserem Leben wegbricht. An dieser Stelle steht für mich genau eine Frage: Glaubst du an Zufälle? Ich nicht!

Wann ist es Zeit zu gehen?

Ich glaube daran, dass wir durch alle Menschen und Situationen etwas lernen, das uns jede noch so traurige Erfahrung und jedes schockierende Erlebnis näher zu uns selbst bringt – oder zumindest bringen soll. Ich war fünf Jahre in einer Beziehung, die auf Abhängigkeit basierte. Jedes noch so auffällige Zeichen, dass es dringend an der Zeit ist, mich daraus zu lösen, habe ich schlichtweg ignoriert. Und es gab diese Zeichen, in Form von Betrug, Unaufmerksamkeit und fehlender Zuneigung auf beiden Seiten.

Der einzige Mensch, der das nicht sehen wollte und konnte, war ich. Es geht dabei nicht um Schuld. Wenn ich nun zurückblicke, weiß ich genau, was mich bereits früher hätte erwachen lassen müssen. Aber ich war wohl einfach noch nicht soweit, meine Lektion zu lernen. Man kann es auch so sehen, dass viele kleine Lektionen zu einem großen Kapitel wurden, und erst als das ULTIMATIVE Ereignis stattfand, konnte ich alles erkennen. Es fühlte sich so an, als ob ich gegen eine Wand renne, die schon immer da war, die ich jedoch vorher bewusst ignoriert habe. Plötzlich stehst du wie bei „Game of Thrones” auf einem Schlachtfeld, wo doch vorher alles (scheinbar) so schön war. Dieses Schlachtfeld kommt niemals „out of the blue“, es wartet manchmal sogar schon lange darauf, endlich entdeckt zu werden.

Was ist meine Wahrheit?

Wir haben uns durch unsere Erziehung und die verschiedensten Einflüsse von außen zu dem Menschen entwickelt, der wir heute sind. Wir haben Meinungen übernommen und unser eigenes Bewusstsein für Recht und Unrecht entwickelt. Wir meinen, wenn alle derselben Meinung sind, dann wäre diese natürlich die richtige. Wir lassen uns oft von einem Kollektivbewusstsein treiben und beeinflussen. Dabei hat jeder seine ganz eigene Wahrheit. Wir maßen uns immer wieder an, andere zu beurteilen, um ja den Blick von uns selbst zu lenken.

Ich höre häufig, wie sich Menschen selbst als äußerst reflektiert betiteln und dies nach außen kundtun müssen, aber die Erfahrung zeigt, dass diejenigen, die am lautesten schreien, am weitesten entfernt von sich selbst sind. Denn in der Ruhe liegt die Kraft. Worauf ich aber hinaus will, ist Folgendes: Wenn Beziehungen enden, dann suchen wir oft Ausflüchte, warum es nicht funktioniert hat. Wir neigen dazu, Schuld zu suchen. Doch Schuld gibt es schlichtweg nicht. Jede unserer Handlungen, sei es lügen, betrügen oder verbal verletzten, sind in dem Moment, in dem wir sie ausführen, eine bewusste Entscheidung, dir wir treffen. Auf eine Aktion erfolgt eine Reaktion. So schlimm diese ausfallen mag, es ist immer zu meinem besten Wohl, denn es zeigt mir etwas, das ich vielleicht zeitnah nicht verstehe, aber rückblickend verstehen werde.

Der Gegenüber als Spiegel unseres Innenlebens

In vielen Büchern steht geschrieben, dass die Menschen, die uns begegnen, ein stückweit ein Spiegel unserer selbst sind. Die Eigenschaften, die wir am Partner bemängeln, sind auch Eigenschaften, die wir in uns selbst tragen. Anstatt diese immer wieder zu verurteilen, würde uns die Annahme und Akzeptanz dieser Gefühle einen großen Schritt weiter bringen. Ich habe in meiner letzten Beziehung von meinem Partner keine Liebe, so wie ich sie mir vorgestellt habe, gespürt. Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich ihn als Spiegel meiner selbst wahrgenommen habe. Er hat mir gezeigt, was ich mir selbst nicht gebe: Selbstliebe.

Selbstwert und Selbstliebe waren für mich lange Begriffe, die ich nicht zuordnen konnte und kategorisch abgelehnt habe. Ich habe jedoch bemerkt, dass alles, was ich strikt von mir weise, immer mein eigenes Thema war und ist. Denn es ist das Ego, dass nicht möchte, dass du erwachst und erkennst. Das Ego fühlt sich gut in der Routine und dem Gewohnten und es flüstert dir immer wieder zu, wie toll du selbst bist und dass immer die anderen Schuld sind.

Die Konfrontation mit den eigenen Gefühlen

Sind sie aber nicht! Du trägst für alles Verantwortung, was um dich herum geschieht. Und du kannst dich entscheiden, ob du diese annimmst oder weiterhin dem Trugbild deiner selbst hinterherläufst. Beziehungen, sei es partnerschaftlich oder freundschaftlich, sind die besten Spiegel, die wir jemals haben können. Wenn man sich das bewusst macht, und die „Probleme“ und Konflikte genauer betrachtet, kann es einen unfassbar weit voran bringen in seiner persönlichen Entwicklung.

Ich habe mich zum Beispiel bis Mitte Zwanzig gefragt, warum ich manchmal so ängstlich bin, Entscheidungen zu treffen. Zeitgleich waren um mich herum nur
mutige entscheidungsfreudige Menschen und ich dachte so oft „Wow, wie gefestigt die alle sind“. Sie waren ein Spiegel, der mir meine Angst aufgezeigt hat und mir geholfen hat, meinen Mut zu entdecken und die Angst zu hinterfragen. Es geht am Ende darum, die Dinge zu beobachten und nicht sofort abzulehnen. Warum verhält sich eine Person wie sie sich verhält? Und warum verletzt es mich? Warum macht es mich wütend? Die Antwort liegt immer in einem selbst.

Wenn wir das erkennen, kann unser Leben um ein vielfaches einfacher werden. Hole den Beobachter in dir nach oben. Von ihm kannst du am meisten lernen. Und schicke den ewigen Quasseler in deinem Kopf aka Ego weg. Du hast die Macht über dein Leben, über deine Gedanken und du bist Macher von allem, was dir widerfährt. Du bist niemals allein, wenn du ganz bei dir bist.

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