Milena Glimbovski ist nicht nur eine erfolgreiche Unternehmerin mit ihrem Kreuzberger Laden „Original Unverpackt“, sondern hat gemeinsam mit Jan Lenarz nun ein weiteres Projekt angeschoben: „Ein guter Plan“.
„Stress sollte man nicht glorifizieren“
Was macht mich glücklich? Wird mein Leben mehr durch meinen Beruf oder durch mein Privatleben bestimmt? Und fühlt sich das gut an? Für was bin ich dankbar und bekomme ich überhaupt noch mit, was in meinem Leben passiert? All das sind Fragen, die wir uns alle immer wieder stellen – nur manchmal, oder vielleicht sogar viel zu häufig, vergessen wir das auch. Und genau um das zu ändern, haben Milena Glimbovski und Jan Lenarz gemeinsam „Ein guter Plan“ entwickelt. Einen Kalender, der das Leben auf den Kopf stellt – nur eben diesmal so, wie man das auch selbst möchte.
Offensichtlich eine Idee, die viele anspricht. Finanziert haben die beiden den Kalender nämlich per Crowdfunding – und dabei kam nicht nur sehr viel mehr Geld zusammen, als zunächst angesetzt, sondern war die Nachfrage auch so groß, dass sie bereits eine zweite Auflage in Auftrag gegeben haben. Wie der Kalender genau funktioniert, wann sie selbst schon einmal wegen zu viel Stress die Reißleine ziehen musste und was sie richtig glücklich macht, das hat uns Milena erzählt.
Milena, neben deinem Laden hast du nun ein neues, sehr
erfolgreiches Projekt: Gemeinsam mit Jan Lenarz hast du „Ein guter Plan“ entwickelt – ein Jahreskalender, der nicht der Terminübersicht gilt. Magst du kurz erzählen, worum es dabei geht?
„‚Ein guter Plan’ ist nicht nur ein Kalender, sondern ein Sachbuch und auch Lebensplaner. Es geht weit darüber hinaus, nur seine Termin einzutragen und denen hinterher zu hetzen, sondern viel mehr zu schauen, was einen glücklich macht im Leben und wie man selbstgesteckte Ziele erreicht. Dafür bieten wir viele Techniken, die helfen
zu reflektieren und Anleitungen, wie man diese erreicht.
Du beschreibst es als Tool für ein „radikal-achtsames“ Leben. Wie sieht so ein Leben denn aus?
„Ein radikal-achtsames Leben ist kein Universalversprechen. Für jeden kann das was anderes bedeuten. Für mich bedeutet es, täglich in mich reinzuhorchen, wie es mir geht, etwa in Form von Meditation, und regelmäßig innezuhalten und zu genießen, was vor sich geht. Das heißt nicht, nach der Telko zum Lunch mit der Freundin zu hetzen und währenddessen bereits den Nachmittag zu verplanen – sondern das Handy wegzulegen und jede Aktivität bewusst wahrzunehmen. Hört sich einfacher an, als es ist, wenn man Multitasking gewöhnt ist.“
Du sagst, Stress werde glorifiziert. Steht es wirklich so schlimm um unsere Ruhe und den Müßiggang? Und wie kann der Kalender dabei helfen?
„Man muss unterscheiden: Es gibt Eustress, der positiv ist und einem guttun kann. Er entsteht, wenn man in einer Aufgabe total aufgeht. Für mich ist das beispielsweise, Zahlen in Excel rumzuschieben – das finde ich mega entspannend. Und dann gibt
es den Distress, und das ist leider der Stress, der meistens anfällt, der den meisten Menschen zusetzt und über den wir uns oft beschweren, aber doch irgendwie stolz sind. Ganz einfach, weil wir so viel schaffen und wir so viel Verantwortung tragen.
Einfach mal entspannt arbeiten und pünktlich Feierabend machen wirkt so, als
wäre man nicht engagiert. Stress steht für Engagement und Leistung. Das kann
nicht richtig sein. Der Kalender kann einem helfen, indem man etwa täglich einen
Haken bei der Achtsamkeitsampel macht und kurz reflektiert, ob man sich an dem
Tag schon was Gutes getan hat oder einen der vielen Zeitmanagement-Tipps
anwendet.“
Als Gründerin ist es sicherlich schwer, sich mal nicht auf
die Arbeit, auf das „Baby“ zu konzentrieren. Gab es bei dir persönlich mal einen Moment, in dem du dir dachtest: Jetzt sollte ich dringend mal die Reißleine ziehen?
„Da gab es zwei Momente. Der eine war im Frühjahr. Ich kam von einem zweiwöchigen Interrail-Urlaubstrip zurück, und statt mich wieder erholt in die Arbeit reinzustürzen, hatte ich nach ein paar Tagen eine Panikattacke. Die erste in meinem Leben. Die Folgen waren, dass ich körperlich geschwächt war, obwohl es mir geistig super ging. Das machte keinen Sinn. Ich hatte meinen Körper überangestrengt und hatte verlernt, auf seine Signale zu hören. Dann fing ich an zu meditieren und tauschte mich mit Jan, meinem Projekt-Partner, aus. Über Arbeits- und Wohlfühltechniken.“
Und der zweite Moment?
„Der zweite Schock kam ein halbes Jahr später. Jan und ich hatten das erste Design fertig. Ich druckte es mir aus und testete es eine Woche lang. Auf der rechten Seite kann man seine To-dos für die Woche eintragen, unterteilt in Beruf und Privates. Meine berufliche Spalte quoll über und meine Private war fast leer. Da wurde mir klar, dass
ich da etwas ändern muss.“
Im Kalender geht es auch um das Thema Glücksforschung. Wie findet man denn raus, was einen glücklich macht?
„Zum einen muss man beobachten, sich an Momente erinnern, die einen glücklich gemacht haben. Nicht oberflächlich, wie der Kauf eines neuen Smartphones, sondern jene, die langfristig ein Glücksgefühl erzeugen, wenn man daran zurückdenkt. Zum anderen muss man sich bewusst sein, was einen unglücklich macht und diesen Situationen möglichst aus dem Weg gehen. Klingt eigentlich einfach, oder? Wobei, da fragen wir am besten Jan, er ist der Glücks-Experte.“
Was hat dich selbst denn zuletzt so richtig glücklich gemacht?
„Ich freue mich jeden Morgen darüber, dass ich ausschlafen und in Ruhe frühstücken kann und dann erst in den Tag starte. Das ist der Luxus der Selbstständigkeit. Aber so richtig glücklich war ich letzte Woche, als ich meine Schwester und meinen Neffen besuchte. Er ist jetzt vier, ich hatte ihn fast ein Jahr lang nicht gesehen und plötzlich kann man sich mit ihm unterhalten. Er ist ein richtiger Mensch geworden. Das war pures Glück. Ich bin fast geplatzt vor Freude über diesen kleinen Menschen.“
Wie schaffst du dir Inseln im Alltag, um dich mal wieder auf
dich selbst zu konzentrieren?
„Ich habe zwei feste Tage: Mittwochs- oder Donnerstagabends versuche ich was für mich zu machen und mir die Zeit freizuhalten, ohne Termine darauf zu legen. Und die Sonntage sind mir heilig. Ich verabrede mich selten, sondern lasse sie komplett frei und schaue frühmorgens, worauf ich Lust habe. Darunter muss meistens mein Freund leiden, wenn ich spontan verkünde, wir müssten jetzt an die Ostsee fahren oder die Wohnung umdekorieren.“
Auf Startnext wurde der Kalender mit fast zehn Mal so viel Geld unterstützt, als als Fundingziel angegeben wurde und nun wird auch noch eine zweite Auflage gedruckt. Wie erklärst du dir den Erfolg?
„Ich glaube, jeder Mensch hat Ziele im Leben – nur manchmal verliert man sie aus den Augen oder muss neue finden. Ein Produkt, das einem hilft, diese nicht nur zu finden, sondern auch zu erreichen, spricht einfach viele an. Jeder von uns kennt Stress, oder das Gefühl, stehen zu bleiben und nicht weiterzukommen. Manchmal hat man Freunde, die einem dabei helfen, und manchmal tut es halt ein Buch. Wenn ich früher nicht weiter wusste, bin ich in die Bibliothek gegangen und suchte ein Buch. Ein Roman oder Sachbuch vollbrachten meist Wunder. Heute frage ich Freunde oder google, und wenn ich nach einem Wikipedia-Artikel immer noch diese Neugierde verspüre, dann hole ich mir halt ein Buch zum Thema. Und ‚Ein guter Plan’ soll eines dieser Bücher werden, die
einem weiterhelfen.“
Was ist denn für dich das beste Feature an diesem Kalender?
„Ich liebe den Raum für Notizen und Sticker. Es gibt Sticker, die man sich dazu holen kann, um so den Plan zu individualisieren. Meine Lieblingsübung ist, mir bewusst zu werden wofür ich heute oder allgemein im Leben dankbar bin. Danach fühle ich ein Glücksrauschen. Diese Übung kann ich mir als einen Sticker pro Woche in den Kalender kleben und sie so täglich ausführen.“
Wird es denn auch eine dritte Auflage geben? Und wie viele Menschen haben eigentlich schon angeklopft, um die Idee von euch zu kaufen?
„(lacht) Tatsächlich hat ein großer Verlag bereits angefragt, aber wir haben damit noch keine Erfahrungen und freuen uns, dass es auch ohne funktioniert. Die erste Auflage waren rund 4.000 Bücher. Die zweite wird wohl ähnlich hoch, aber eine dritte haben wir erst einmal nicht geplant. Nur, dass es 2017 weitergeht, das ist ein Ziel, das wir uns gesetzt haben.“
Sie haben „Ein guter Plan“ gemeinsam entwickelt: Milena Glimbovski und Jan Lenarz.
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