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10 Dinge, die ich im ersten Jahr als Berufsanfängerin gelernt habe

Den ersten Arbeitsvertrag in der Tasche zu haben, ist ein tolles Gefühl. Aber der erste Job bringt neben dem festen Gehalt auch ein paar Lektionen mit sich.

Hallo, Arbeitswelt!

Vor etwa einem Jahr habe ich meinen ersten „richtigen“ Job angetreten. Kein unbezahltes Praktikum, kein Nebenjob – nein, der erste Vollzeitjob, acht Stunden (oder mehr), fünf Tage die Woche. Meine Stellensuche war damals mehr aus dem Gedanken entstanden, dass ich schon mal anfangen wollte Bewerbungen zu üben, da ich noch etwas Zeit bis zur Vollendung der Masterarbeit hatte. Aus Übung wurde dann sehr schnell Ernst, als ich tatsächlich einen Job angeboten bekam – und diesen auch annahm. Innerhalb eines Monats organisierte ich meinen Umzug in die neue Stadt und stürzte mich in die Arbeit. Am Anfang war ich begeistert, wie einfach das doch alles funktionierte – so ist das also in der „Erwachsenenwelt“, easy peasy, dachte ich.

Dass die Jobsuche und der Umzugsstress aber wirklich nur der harmlose Anfang waren, ist mir dann schnell bewusst geworden. In diesem einen Jahr habe ich gelernt, dass der Berufsanfang eben doch ein bisschen mehr mit sich bringt als einen festen monatlichen Betrag auf dem Konto. Hier sind meine zehn Lektionen, die ich im ersten Jahr im Job gelernt habe.

1. Heimweh kann man auch mit Mitte 20 noch haben

Zugegeben, am Anfang begriff ich den Umzug noch als neue Chance aus der Komfortzone herauszukommen. Endlich mal eine neue Stadt und neue Leute kennenlernen, nicht immer die gleiche Stadtfassade. Was ich deutlich unterschätze, war wie groß dann doch die Sehnsucht nach der alten, lieb gewonnen Heimat war, in der ich fünf Jahre studiert hatte. Man merkt immer erst in der Ferne was einem fehlt – und wenn auf einmal komplett alle vertrauten Gesichter, Wege und Orte wegfallen, ist das schwierig. In einen neuen Ort anzukommen, in dem man außer den Arbeitskolleg*innen niemanden kennt, ist nicht leicht, vor allem, weil neue Freund*innen finden, gar nicht so einfach ist. Und damit komme ich auch schon zu meinem nächsten Punkt.

2. Neuer Job, neue Stadt – neue Freund*innen

In der Universität gab es die obligatorischen Orientierungswochen, die weniger dazu dienten sich in der neuen Uni zurecht zu finden als vielmehr dazu Freundschafts- und Beziehungen zu beginnen. Alle waren neu, alle wollten neue Menschen kennenlernen, um sich nicht so allein zu fühlen. Freundschaften wurden schlicht deswegen geschlossen, weil man zufällig im Seminarraum nebeneinander saß. Bis zu meinem Berufsanfang hatte ich mich immer für einen sozialen und umgänglichen Menschen gehalten, ich hatte aber unterschätzt, dass mir die Universität den Zugang zu anderen Menschen erheblich erleichterte. In einer neuen Stadt, in einem neuen Job gestaltet sich das Ganze erheblich schwieriger und langsamer, wenn man nicht gerade Mitglied in einem Verein oder einer Partei ist. Daher bleibt einem nur: Geduld haben und sich auch mal trauen, alleine raus zu gehen. Dann klappt das auch mit dem kleinen, aber feinen Freundeskreis.

3. Work hard, play hard – vergiss es!

Was das Ausgehen und neue Leute kennenlernen zumindest im ersten Jahr erheblich erschwert: die Müdigkeit. Nach einem Acht-Stunden-Tag (oder mehr) ist meine Kapazität für soziale Interaktionen deutlich eingeschränkt. Als Vorbereitung für den Freitagabend verbringe ich nicht mehr (nur) Zeit im Bad, sondern erst einmal im Bett, damit mir um 22 Uhr nicht die Augen zufallen. Denn bis der Schlafrhythmus von „um zehn Uhr ist die erste Vorlesung“ bis zu „bis spätestens neun Uhr müssen Sie da sein“ umgestellt ist, ist es ein laaanger Weg.

4. Schlaf ist mein neuer bester Freund

Zur Vorlesung nicht ganz ausgeschlafen sein? Kein Problem, einfach in die hinterste Reihe mit einem Kaffee setzen und mittags ein bisschen ausruhen. Funktioniert im Job leider nicht mehr, da fällt es wirklich auf, wenn du fast vor den Computer einschläfst –  und kann dir leider sogar die Kündigung einbringen. Daher habe ich seit einem Jahr tatsächlich eine sehr feste Bettroutine eingeführt: um 22 Uhr ist der Computer aus (wegen des hellen Lichts), dann wird noch eine halbe Stunde gelesen oder anders entspannt und dann ist Nachtruhe. Klingt spießig, aber funktioniert und meinen guten Schlaf möchte ich für kein Geld der Welt aufwiegen.

5. Zeit ist ein wirklich knappes Gut

(Frei)Zeit ist nicht Geld – sie ist sehr viel wertvoller. Der Vorteil eine Berufsanfängerin ohne Familienverantwortung zu sein, liegt darin, dass sich nach Feierabend das gute Gefühl einstellt, jetzt auch wirklich fertig zu sein. Allerdings wartet dann ebenfalls der Berg Wäsche auf einen, das Geburtstagsgeschenk für die Freundin muss besorgt werden und zu essen ist auch nur noch wenig im Kühlschrank. Die deutlich eingeschränkte freie Zeit führt dazu, dass ich mit dieser inzwischen deutlich wertvoller haushalte als noch zu Unizeiten. Schließlich soll auch noch Zeit bleiben für die wirklich schönen Dinge im Leben: das Zusammensein mit guten Freund*innen. Dafür kann die Hausarbeit dann auch mal liegen bleiben.

6. Money, money, money

Klar wusste ich vorher, wie viel ich für meine Arbeit bezahlt bekomme. Als ich allerdings die erste Lohnabrechnung bekam, wurde ich erst mal panisch, weil ich nicht sofort ausfindig machen konnte, welche dieser Zahlen denn letztendlich auf mein Konto überwiesen würde. Als ich während des Studiums einen Minijob hatte, machte Brutto und Netto für mich keinen Unterschied – inzwischen versuche ich einfach nur auf die Zahl ganz unten zu schauen und mich darüber zu freuen, dass mit meinen Steuern ja auch viel Sinnvolles gemacht wird. Allerdings bin ich sofort aus der Kirche ausgetreten und versuche öfter Vorsorgetermine beim Arzt wahrzunehmen, seitdem ich die Krankenkasse selbst bezahlen muss …

7. Money, money, money 2 – und was mach ich jetzt damit?

Sicher, das erste Gehalt sollte auf jeden Fall erst einmal für einen kleinen Herzenswunsch ausgegeben werden (nachdem der Umzug bezahlt wurde). Plötzlich gibt es kein kleines eltern- und/oder BAföG-finanziertes Budget mehr, sondern für das eigene Geld wurde gearbeitet. Ich darf es also nach Herzenslust und ohne schlechtes Gewissen für teure Sachen ausgeben. Allerdings ist Geld wie Zeit und Schlaf eine begrenzte Ressource und da ich mich ohnehin auf den Weg befinde, eine verantwortungsbewusste und spießige Erwachsene zu werden, machte ich mir schon bald Gedanken, was ich denn langfristig mit dem Geld anstellen sollte. Denn dass die Rente wohl nicht reicht und ich irgendwann ein größeres Budget für eine eigene Wohnung brauche, war mir klar. Nur wie soll ich das erreichen? Das Geld im Sparstrumpf zu verstecken ist keine wirklich gute Option, aber viel Ahnung von Finanzen habe ich nicht (ich habe immer noch nicht verstanden, was ein „effektiver Jahreszins“ ist). Da ich der Beratung bei Banken generell nicht traue, habe ich mich eines Tages bei der Verbraucherzentrale beraten lassen. Das kostet zwar, ist aber tatsächlich für Berufsanfänger*innen eine gute Investition.

8. Verantwortung – jetzt kommt es wirklich drauf an!

Neben dem ganzen Stress um den privaten und finanziellen Neuanfang, kommen auch noch die neuen beruflichen Herausforderungen auf einen zu. Auf einmal trägst du wirklich für etwas Verantwortung und wenn etwas schief geht, musst du dafür gerade stehen! Du wirst dafür bezahlt, dass du den Job machst und dass du ihn gut machst! Dieser Gedanke hat mir am Anfang sehr viel Respekt eingeflößt und oft genug habe ich an mir gezweifelt. In diesen Momenten hilft es daran zu denken, dass du aus einem guten Grund den Bewerbungsprozess erfolgreich durchlaufen hast und dass viele Dinge beim näheren Betrachten gar nicht so schlimm sind wie anfangs gedacht.

9. Kritik ist wichtig und Fehler machen normal

„Probezeit“ heißt nicht umsonst so, denn am Anfang wird wirklich geschaut, ob die Arbeitsleistung und -ergebnisse den Erwartungen entsprechen, die du im Bewerbungsgespräch geweckt hast. Nicht nur von den Vorgesetzten wird die Leistung beurteilt, sondern auch von den Kolleg*innen. In einem fairen und solidarischen Arbeitsumfeld werden Berufsanfänger*innen aber begleitet und konstruktiv kritisiert (und nicht sofort rausgeschmissen!). Gerade am Anfang habe ich mich durchaus mal in die Nesseln gesetzt und bin nicht so souverän aufgetreten wie ich wollte, aber Fehler sind normal, wenn einem die Arbeitsabläufe in der Organisation noch nicht bekannt sind. Mit der Routine verschwindet aber die Unsicherheit.

10. Alle anderen sind auch unsicher

Vor meinem Berufsbeginn habe ich durchaus bewundernd auf die Leute geblickt, die souverän ihren Job machen. Ich dachte, wenn man erst einmal einen Job hat, ist man sich die ganze Zeit seiner Sache total sicher und hat immer einen guten Plan. Dass das, gelinde gesagt, Quatsch ist, habe ich dann schnell gemerkt. Nicht nur weil ich selbst inzwischen oft genug im Job auch mal improvisiere, da nicht alle Situationen planbar sind, sondern weil ich sehe, dass es anderen, erfahreneren Menschen ebenso geht. Oft genug denkt man sich „Wird schon passen.“ und tatsächlich – in den meisten Fällen klappt alles und keine großen Katastrophen brechen aus. Daher: einfach mal entspannen und Spaß haben im neuen Job!

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