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So brichst du in deiner Beziehung aus der Streitspirale aus

Auch in Beziehungen ist Streit gesund – in Maßen. Was aber, wenn man einfach nicht mehr aufhören kann zu streiten? Ze.tt hat nach einer Lösung gesucht.

Wenn der Streit kein Ende nehmen will

Wenn sich Paare zu oft und destruktiv streiten, entsteht eine Dauerschleife aus Missverständnissen und Vorwürfen. Kann man da wieder herauskommen? Ein Paartherapeut gibt Antworten.

Jedes Wochenende derselbe Konflikt, ihr dreht euch im Kreis. Keine Lösung, keine Antworten, nur Frust. Wir haben den Arzt und Paartherapeut David Wilchfort gefragt, wie man den Streit-Teufelskreis durchbrechen kann. Seit über 40 Jahren coacht er Paare und erklärt, wie die Liebe halten kann.

Herr Wilchfort, wie kommt dieser Streit-Teufelskreis zustande?

Unser Verhalten hat mehr damit zu tun, was wir vom Partner erwarten und weniger damit, was der Partner tut. Wenn ich davon ausgehe, dass mein Anliegen zu nutzlosem, destruktivem Streit führt, dann habe ich natürlich wenig Lust, das Thema überhaupt anzusprechen. Auf Dauer staut sich Frust auf, den ich irgendwann nicht mehr zurückhalten kann. Er bricht aus mir heraus und der Partner reagiert darauf genau so negativ, wie ich es erwartet habe. Dadurch wird mein negativer Bias bestärkt. Das gleiche geschieht spiegelbildlich beim Partner – und die Beziehung wird immer festgefahrener.“

Was meinen Sie mit Bias?

„Bias ist das, was ich vom Partner erwarte. Wenn ich zum Beispiel fünf Minuten zu spät komme und ich einen positiven Bias habe, dann erwarte ich, dass der Partner mir entgegenkommt und sagt: ,Mensch, ich hoffe, das war jetzt nicht schlimm, dass du so einen Stress hattest.‘ Dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich ihm auf eine nette Art und Weise mein Zuspätkommen erkläre. Wenn ich einen negativen Bias habe, dann erwarte ich, dass der Partner mir eine Standpauke hält und werde mich mit entsprechenden Rechtfertigungen wappnen.“

Beeinflusse ich mit meiner negativen Einstellung das Verhalten meines Partners?

„Ja, meine negative Einstellung hat zur Folge, dass der Partner – egal wie er drauf war – auch negativ reagieren wird. Am Ende habe ich das Gefühl: ,Na, das hab ich mir gedacht. Bloß wegen fünf Minuten macht er so einen Stress‘. Dadurch halte ich diese negative Haltung aufrecht und es entsteht ein Teufelskreis.“

Kann man mit einem positiven Bias im Vorhinein Streit vermeiden?

„Ja. Denn weniger wichtig ist, was man im Streit macht. Viel wichtiger ist, was man davor und dazwischen macht. Je mehr ich Zuwendung ich dem Anderen gebe, desto mehr wird er sich geschätzt fühlen. So wird es leichter, Konflikte zu lösen.“

Wenn Paare sich andauernd streiten, heißt es dann, dass sie einfach nicht mehr verliebt sind?

„Das Wort ,verliebt’ ist mehrdeutig. Ich würde es gerne aufdröseln: Es kann sein, dass Leute zusammen sind und sich grundsätzlich toll finden, aber sich auf eine Weise verhalten, die dieses Gefühl immer wieder beschädigt. Sie verhalten sich also nicht wie Verliebte. Liebe kann man aber wieder aufleben lassen. Der gleiche Effekt, der nach unten zieht, kann Paare auch wieder nach oben treiben.“

Wie kann das konkret aussehen?

„Ich habe dazu eine Methode entwickelt. Ich nenne sie das ,1×1 der Liebe’: Wenn man bewusst einmal am Tag eine Minute festhält, in der eine gegenseitige Wertschätzung stattgefunden hat, fängt man an, sich wieder auf das Positive zu konzentrieren. Es kann irgendeine Kleinigkeit sein, die schön war. Wenn die Partner sich regelmäßig über diese Momente der Wertschätzung austauschen, dann stärkt das die Basis ihrer Beziehung, auf der sich jegliche Differenz schneller lösen lässt.“

Und dadurch kann die Liebe wiederkommen?

„Ja, wenn Paare diese positiven Geschichten immer wieder austauschen, dann bekommt man ein neues Bild von einem Partner. Man kann sich so x-Mal in seinen Partner verlieben.“

Es geht also um Wertschätzung. Was aber, wenn es doch zu einem destruktiven Streit mit Wutausbrüchen und Beleidigungen kommt. Schadet das der Beziehung?

„Wenige Menschen wollen bewusst beleidigen. Wir werden nicht freiwillig laut, sondern weil wir es nicht anders können. Weil angestaute Wut dahinter steht. Auch hier kann man mit Wertschätzung entgegenwirken: Je mehr ich mich vom Partner in den Zeiten zwischen den Streits bestätigt fühle, desto weniger wird es mir in den Sinn kommen, ihn zu beleidigen.“

Was kann ich tun, wenn mir doch eine Beleidigung rausgerutscht ist?

„Mich nicht mit dem Wort ,Entschuldigung’ zu entschuldigen, sondern mit einem Verhalten, dass das Gegenteil aussagt, als meine ungewollte Beleidigung. Wenn man sich mit seinen Handlungen entschuldigt, ist es sehr viel effektiver.“

Was halten Sie von Versöhnungssex?

„Ob Versöhnungssex wirklich die Lösung ist, halte ich für sehr fragwürdig. Wenn es ein Übertünchen ist, dann bringt das gar nichts. Wenn es für beide eine Bestätigung der Beziehung ist, dann kann das schon etwas bringen. Ich habe aber bis jetzt noch nicht erlebt, dass Versöhnungssex allein für eine gute Beziehung sorgt.“

Der Originaltext von Josefine Schummeck ist bei unserem Kooperationspartner ze.tt erschienen. Hier könnt ihr ze.tt auf Facebook folgen.

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