(c)Simon Hecht

Sophia Tran: „So wird die Idee zum Business!“

Wie machen sich deutsche Frauen in der Tech-Branche? Welches Mindset braucht eine erfolgreiche Gründerin? Und wie wird aus einer Idee ein Business? Diese und weitere Fragen beantwortet uns Tech-Influencerin Sophia Tran im Interview.

Dieses Interview ist als Teil der Female Empowerment Kampagne anlässlich des Weltfrauentags 2022 in der Sonderpublikation von Mediaplanet | DIE WELT und FAZ E-Paper erschienen.

Dank ihrer Arbeit als medienbekannte Tech-Influencerin, Partnerin und Prokuristin beim Start-up Inkubator und Accelerator DIGITALHUB.DE sowie Gründerin und CEO von Spotlight! Ventures hat Sophia Tran einen guten Überblick über die deutsche Tech-Branche. Im Gespräch verrät sie uns, warum und auf welche Weise immer mehr Frauen erfolgreich gründen.

Liebe Sophia Tran, wie machen sich die deutschen Frauen in der Tech-Branche?

Sophia Tran: „Ich treffe immer mehr Frauen dort. Sie beziehen ihre Position – selbstbewusst und zielstrebig. Das bringt Bewegung in die Branche. Wer noch immer behauptet, dass sich in Deutschland diesbezüglich nix tue und Frauen im Ausland viel weiter und schneller auf dem Vormarsch seien, dem sage ich: Das stimmt nicht mehr. Dank meiner Arbeit habe ich gute Einblicke in die deutsche und ausländische Tech-Szene und kann bestätigen, dass Start-ups inzwischen immer häufiger mit gut gemischten Teams daherkommen. Das war vor einigen Jahren noch ganz anders, da dominierten die Männer.“

Hat die Pandemie mehr Frauen auf Gründungsideen gebracht?

„Die Pandemie legt den Finger auf bestehende Wunden. Sie schafft damit auch Awareness für Schwachstellen in unserem System. Und sie belastet noch immer zuallererst Frauen, die einen Großteil der zumeist niedrig bezahlten Carejobs und der unbezahlten Carearbeit in der Familie leisten. Viele Frauen erlebten und erleben wegen der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus wie Kurzarbeit und Betriebsschließungen sowie wegen Infektionen dramatische Veränderungen ihrer finanziellen Lage, der eigenen oder der familiären. So manche Frau hat aus der Not heraus nach alternativen Einkommensquellen gesucht. Doch Gründungsideen werden nicht nur als Notlösung geboren. Vielmehr sind es Ideen, die eine neue oder eine bessere Lösung zu einem Problem bieten, mit dem sich die Frauen in ihrem Alltag konfrontiert sehen. Das Ergebnis dessen: Immer mehr Frauen gründen, auch in der Tech-Branche.“

Wie kann frau sich vergewissern, dass ihre Idee das Zeug zum Business hat?

„Die meisten Frauen reden über ihre Geschäftsidee zuerst mit Partner*innen, Freund*innen oder der Familie, mit Menschen also, auf deren Meinung sie was geben. Das ist nicht verkehrt – kann aber auch nach hinten losgehen: Dann nämlich, wenn diese Menschen die Idee nicht wertschätzen. Auf gar keinen Fall sollte die Möchte-Gern-Gründerin ihre Idee dann schon aufgeben. Denn es sind viele Gründe für eine abwertende Reaktion möglich: Die Menschen sehen die Idee nicht als Lösung für ein Problem, weil sie selbst davon nicht betroffen sind. Oder sie sagen, das gibt’s schon, ohne zu wissen, ob sich die bereits am Markt befindliche Lösung nicht noch verbessern lässt. Oder … oder … oder. Ich rate den Frauen mit einer Idee dringend, nach Menschen zu suchen, die Wissen zu und/oder Erfahrung mit der konkreten Geschäftsidee besitzen, und sich mit diesen auszutauschen.“

Sollte frau sich auf ein solches Gespräch besonders vorbereiten?

„Unbedingt. Die Hausaufgaben sollten gemacht sein. Die Frau sollte alles Wissenswerte rund um ihre Idee recherchieren und die Erkenntnisse in einen ersten Businessplan einfließen lassen. Dabei geht es um Fragen wie: Wer ist meine Zielgruppe? Ist meine Lösung oder eine ähnliche bereits auf dem Markt? Wie groß ist das Marktvolumen? Um zunächst für sich zu entscheiden, ob es sich lohnt, aus der Businessidee ein Business zu machen, hilft zudem eine Liste mit Pros und Contras.“

Wie geht frau mit Konkurrenz um?

„Konkurrenz bedeutet Wettbewerb. Sie ist daher positiv zu bewerten, zeugt sie doch davon, dass die Idee an sich durchaus businessreif ist. In dieser Situation muss die Frau vergleichen und sich fragen: Wie grenzt sich meine Lösung davon ab, was könnte ich an der bereits bestehenden Lösung verbessern? Welche zum Produkt passenden Dienst- und/oder Serviceleistungen lassen sich zu einem noch attraktiveren Paket schnüren? Kann ich den Preis der vorhandenen Lösung unterbieten?

Mein Tipp: Es lohnt sich, Rezensionen von Käufer*innen der bereits existierenden Lösung zu studieren, um herauszufinden, wie gut diese ist.“

Woher bekommt frau das Geld, um ihr Business zu gründen?

„Die wichtigste Frage hierzu ist: Was kostet es, die Idee in ein Business umzuwandeln? Hier spart Wissen bares Geld: Denn längst kann man sich Dinge wie Logo, Website und mehr für wenige Euro oder sogar gratis kreieren (lassen). Dann gilt es zu klären, wie viel Geld die Frau ins Business stecken kann. Es hat sich bewährt, zehn Prozent der Investition mit eigenen Mitteln zu decken. Zum Finanzieren des „Rests“ gibt es verschiedene Wege: Crowdfundings, Bankdarlehen, Fördergelder von Staat und Kommunen im Rahmen passender Förderprogramme, um nur einige zu nennen. Infos dazu bekommt die Frau zuhauf im Internet.“

Wie überzeugt frau Investor*innen von ihrer Idee?

„Indem sie sich auf das Präsentieren ihrer Idee (Pitchen) vor dem potentiellen Investor gründlich vorbereitet. Am besten übt die Frau One-Sentence-Pitches und Elevator-Pitches, wo es gelingen muss, die Geschäftsidee in einem Satz oder in einer Fahrstuhlfahrt von ein, zwei Minuten überzeugend auf den Punkt zu bringen. Jedes Wort muss sitzen! Und auch Tonalität, Gestik und Mimik sollten beim Pitchen stimmen. Das lässt sich gut vor einem Spiegel, mit dem Smartphone (Videoaufnahme) oder vor Freund*innen trainieren.“

Brauchen Neugründer*innen Verbündete und wie finden sie diese?

„Keine Neugründerin betritt heute mehr Neuland. Sie kann also von denen lernen, die bereits gegründet haben. Solche Vorbilder mit Gründer*innen-Mindset findet die Frau zum Beispiel in Gründer*innen-Netzwerken und auf Gründer*innen-Events, die inzwischen online und offline, regional, national und international gang und gäbe sind. Auf diesen Veranstaltungen trifft sie zudem Frauen, die auch gerade gründen. Der Austausch hilft immens.“

Was sind Ihre 3 besten Tipps für Neugründer*innen?

„Wer zum ersten Mal gründet, verlässt seine Komfortzone. Das braucht Kraft, Hoffnung, Mut, Geduld und Beharrlichkeit.

  1. Auch wenn die neue Situation mitunter Angst macht: Stellen Sie sich der Herausforderung! Suchen Sie das kalte Wasser, das härtet ab.
  2. Halten Sie knackige Antworten bereit für den Fall, dass Ihnen jemand mit einem dummen Spruch kommt!
  3. Finden Sie Business-Mentor*innen, die Ihnen mit Wissen, Erfahrungen, Lösungen und mitunter auch mit Geld zur Seite stehen. Die Netzwerke von uns Business Angels sind zudem Gold wert.“

Das Business läuft – was ist die nächste Hürde?

„Gerade Frauen neigen dazu, sich voll und ganz ins Business zu stürzen – mitunter bis zur Selbstaufgabe. Das hält keine lange durch. Daher rate ich, rechtzeitig personelle Unterstützung zu holen, um sich zu entlasten. Das Business soll ja nicht kaputt, sondern Spaß machen!“

Herzlichen Dank, Sophia Tran, für diese Einblicke und die guten Tipps!

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