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Weihnachtsansprache vor dem Team? So kriegst du das gut über die Bühne

Sonja Gründemann ist Schauspielerin und Coach und erklärt, wie wir übermächtiges Lampenfieber bezwingen und unser Publikum begeistern können.

 

Ogott, muss ich eine Ansprache halten?

Hohoho…Weihnachten steht vor der Tür. Oh nein…dein Magen fährt Karussell, aber nicht, weil du an die vielen Weihnachtsplätzchen denkst, sondern weil Panik aufsteigt: Die Weihnachtsansprache vor deinem Team, deinen Mitarbeiter*innen und Kolleg*innen, dem Vorstand und wer weiß vor wem sonst noch. Denn im Zeitalter von Social Media weiß man nie, ob die Ansprache gerade live aufgenommen wird und welchen Weg sie dann durch das Web nimmt. Doch nicht nur das Internet merkt sich alles – deine Kolleg*innen womöglich auch.

„Tratschen sie am nächsten Tag hinter meinem Rücken? Was ist, wenn ich etwas vergesse oder mich verhasple? Was, wenn ich ein Salatblatt zwischen den Zähnen habe und es nicht merke? Kann ich mich überhaupt sehen lassen?“ Dein Mund wird schon trocken, wenn du nur an mögliche Unannehmlichkeiten denkst? Deine Füße sind gelähmt und du kommst kaum einen Schritt vorwärts…wie sollst du das nur hinbekommen?! 

Du bist nicht allein

Als erstes möchte ich dir sagen: Du bist nicht allein. Ich kenne in meinem professionellen Künstler*innenumfeld Kolleg*innen, die sich, bevor sie auf die Bühne gehen, wirklich vor Übelkeit verstecken oder noch Schlimmeres durchleben müssen. Selbst große Stars wie Adele und Robbie Williams leiden unter Lampenfieber.  

Und psst…auch ich bin nervös vor Auftritten. Das habe ich besonders gemerkt, als ich vor kurzem in einem Theater mein Bühnenprogramm „Typisch Frau?!“ spielte. Da tigerte ich auf einmal nervös durch die Garderobe und war aufgeregter als sonst. Warum? Erstens war es war einfach ein wunderschönes Theater und zweitens war der Zuschauerrekord gebrochen. Der Erfolg, den sich jede*r wünscht, verursachte Druck und daraus resultierte mein Lampenfieber.  

Sei fachlich sicher 

Ich war mir jedoch einer entscheidenden Sache bewusst: Ich schreibe meine Texte selber, inszeniere meine Bühnenstücke selbst und kenne das Programm somit in- und auswendig. Eine der Grundvoraussetzungen für einen erfolgreichen Auftritt ist die gute Vorbereitung. Daher empfehle ich dies meinen Kund*innen grundsätzlich. Das heißt: Du weißt genau, was du sagen möchtest, die Technik ist gecheckt, du hast geübt und du fühlst dich rein fachlich 100 Prozent sicher. Dann wartet deine Bühne und du sprichst schon viel leichter vor 30, 300 oder vor drei Millionen Menschen – wer weiß das schon? 

Atme und visualisiere 

Mein Pianist bemerkte mein Lampenfieber und sagte irgendwann zu mir: „Sonja, was rätst du immer deinen Coachees, wenn sie nervös sind?“ Richtig: Atmen. Und das tat ich dann auch. Ich atmete. Ruhig in den ganzen Körper hinein. Ich stellte mich in einen aufrechten Stand und beruhigte meine Atmung, indem ich in einzelne Körperteile atmete, mir Wurzeln wachsen ließ und mich durch die Atmung beruhigte.  

Außerdem visualisierte ich. Ich stellte mir ein begeistertes Publikum vor. Ich stellte mir vor, dass sie an den richtigen Punkten lachten, dass sie an den nachdenklichen Punkten ruhig waren und dass sie am Ende eine Zugabe wünschten. Ich sah mich, wie ich glücklich und zufrieden auf der Bühne stehe und spürte in jeder Faser meines Körpers, wie sich das anfühlte. Hört sich komisch an? Wirkt aber – probiere es aus, du hast nichts zu verlieren, nur ein Publikum zu gewinnen! PS: Mein Erfolg gibt dieser Übung recht – es traf alles genau so ein!  

SOS-Kit: Und wenn dann doch was schiefgeht? 

Meine Klient*innen fragen mich oft: „Aber Sonja, was, wenn dann trotzdem etwas schiefgeht?“ Es gibt zwei Möglichkeiten: Einfach weitermachen oder den Fehler einbauen.  

Ich betreute einmal einen Workshop-Teilnehmer, der mit vier Kolleg*innen eine Doppelmoderation bei einer 2.000-köpfigen Mitarbeiter*innenveranstaltung durchführen sollte. Er war unglaublich nervös und hatte große Angst, dass etwas schiefgehen könnte. Und das zurecht: die Doppelmoderation ist die Königsklasse im Bereich der Moderation, da man sich blind auf den*die Kolleg*in verlassen muss und sehr eingespielt sein sollte. Eine wirkliche Herausforderung für ungeübte Moderator*innen. Aber der Veranstalter wollte es so und mein Klient konnte nicht entkommen.

Erschwerend kam hinzu, dass wir keine festen Moderator*innenteams bilden konnten, sondern ein abwechselndes System nutzen mussten, da wir nur fünf Moderator*innen hatten. Nun war der Moment da, in dem der sehr nervöse Teilnehmer auch noch im Radlerhosen-Outfit alleine auf die Bühne ging, weil es um ein Sportthema ging und seine Kollegin von der anderen Seite auftrat. 

Er sagte zu ihr: „Na Saskia, hast du dich in der Pause auch gut erholt?“ Und sie sagte: „Ja, danke – aber ich bin nicht Saskia, ich bin Maria“.  

Es entstand ein Schockmoment. Wir hinter der Bühne hielten den Atem an und die 2.000 Zuschauer*innen im Publikum ebenfalls.

Er schaute kurz ins Publikum, schaute sie an und sagte: „Ach so…na, dann fangen wir doch noch einmal an.“ Er ging zur Seite, hockte sich hinter das Rednerpult, stand wieder auf und ging auf seine Kollegin zu: „Und Maria, hast du dich in der Pause gut erholt?“

Man konnte förmlich spüren, wie die Luft im Raum stand, man konnte kurz eine Stecknadel fallen hören und nach zwei Sekunden entbrannte ein tosender Applaus. Er hatte in diesem Moment die Wahl: Er hätte es einfach übergehen können und so tun, als ob nichts geschehen wäre. Es gibt Kolleg*innen, die hätten in diesem Moment vielleicht sogar etwas beleidigt reagiert. Aber er hat sich entschieden, das Ganze einzubauen. Und das wurde auch noch witzig, locker und spontan.  

Ich habe ihn nach einem Jahr wiedergetroffen und er erzählte mir, dass die Kolleg*innen ihn immer noch fragten, ob das inszeniert gewesen sei. 

Du hast die Wahl    

Genau so ist es: Du hast die Wahl. Dein Publikum, deine Zuhörer*innen, deine Kolleg*innen wissen nicht, was du geplant hast, wie dein Text ist, was du vergisst oder dazudichtest. Ob du eine extra Schleife drehst oder den direkten Weg gehst. Und du hast die Wahl: Gehst du offen mit einem vermeintlichen „Faux Pas“ um oder überspielst du es? Entscheide dich dafür, womit du dich in dem Moment wohlfühlst.   

Du bist die Hauptfigur

Denn du bist bei deinem Vortrag die wichtigste Person auf der Bühne. Die Hauptperson in deinem Gespräch. Der*die Hauptakteur*in in deiner Präsentation. Der Rockstar deiner Bühne. Und danach kannst du einfach so viele Weihnachtsplätzchen essen, wie du möchtest. Denn eine Belohnung gehört auch dazu.

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