Das Weltwirtschaftsforum hat heute den „Global Gender Gap Report 2014“ vorgestellt. Auch in Deutschland ist noch einiges zu tun.
Chancen-gleichheit global
Das Weltwirtschaftsforum (WEF) veröffentlicht seit 2006 den Global Gender Gap Report, in dem es Länder hinsichtlich ihrer Anstrengungen und Möglichkeiten Geschlechterungleichheiten zu beseitigen untersucht. Die Länder sollen zeigen, dass Frauen in vier Feldern nicht zurückgehalten werden: ökonomische Beteiligung, Bildung, Gesundheit und Überlebenschancen sowie politische Teilhabe und Macht. Die Studie der Organisation hat in diesem Jahr 142 Staaten untersucht. Keinem Land ist es bisher gelungen, die Geschlechterkluft vollständig zu schließen, teilte das WEF am Dienstag bei der Vorstellung des Reports mit.
Wo also steht Deutschland, das gemeinhin in Europa als Krisengewinner bezeichnet wird und zudem mit Bundeskanzlerin Angela Merkel die mächtigste Frau der Welt stellt?
Deutschland ist nicht einmal in die Top Ten gekommen, die Bundesrepublik rangiert auf dem zwölften Platz. Wie auch im Vorjahr führt Island das Ranking an, unter den ersten zehn befinden sich die skandinavischen Länder Finnland, Norwegen, Schweden und Dänemark aber auch vielleicht unerwartete Kandidaten wie Nicaragua und Ruanda. Immerhin: Deutschland konnte sich im Vergleich zu 2013 um zwei Plätze verbessern.
Defizite auf dem deutschen Arbeitsmarkt
Um echte Chancengleichheit herzustellen, muss Deutschland sich vor allem den Strukturen von Arbeitsmarkt und Wirtschaft und der politischen Beteiligung von Frauen widmen. In den Bereichen Bildung und Gesundheit schneidet das Land sehr gut ab. Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern ist hier erreicht. Dieses Ergebnis darf jedoch nicht den Schluss nahelegen, dass zum Beispiel das Bildungssystem nicht verbesserungswürdig sei. Chancenungleichheit bewirken hier vor allem die unterschiedlichen sozialen Hintergründe von Kindern, die unabhängig vom Geschlecht einzelne stark benachteiligen.
Bei den untersuchten Variablen hinsichtlich der Gleichheit auf dem Arbeitsmarkt, schneidet Deutschland schlecht ab bei gleichen Löhnen für ähnliche Arbeit sowie dem Anteil von Frauen in höheren Positionen.Im Bereich Politik fällt das Merkmal „Jahre mit einem weiblichen Staatsoberhaupt“ stark ins Gewicht. Im Detail betrachtet sind aber noch zu wenige Frauen in Parlamenten (36 Prozent) und Ministerämtern (33 Prozent) vertreten.
Ob die geplanten Gesetze zur Entgeltgleichheit und der Quote ausreichen werden, damit Frauen in Deutschland in wirtschaftlicher Hinsicht in den nächsten Jahren aus Sicht des Global Gender Gap Reports gerechte Chancen haben, darf bezweifelt werden. Denn Einkommensunterschiede ergeben sich in Deutschland vor allem durch längere Erziehungspausen, Teilzeitstellen und der schlechten Bezahlung von Berufen, die von Frauen dominiert werden. Die fixe Quote ist zudem aktuell nur für Aufsichtsräte und liegt nicht bei 50 Prozent. Für die Verteilung von Führungspositionen auf Management- und Vorstandsebenen bleibt die Wirtschaft allein zuständig.
Wann ist Geschlechtergerechtigkeit erreicht?
Für die globale Perspektive wagt das WEF eine vorsichtige Prognose: Geschlechtergerechtigkeit könnte 2095 in der ganzen Welt erreicht sein. Und das nur am Arbeitsplatz. Das sind noch 81 Jahre, die Frauen entweder warten müssen – oder in der alle gemeinsam daran arbeiten, diesen Zeitraum zu verkürzen.