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Lieblingsschuhe | Oder die Sache mit dem Wok.

Hat die Sache mit der Liebe am Ende gar nichts mit Romantik zu tun? Alles nur self-fulfilling prophecies? Oder haben wir Wahrheit eine unglaublich romantisierte Vorstellung davon, die wir gekonnt hinter gespielter Gleichgültigkeit verbergen?

 

Katertage sind eklig. Nicht nur, weil du morgens das Gefühl hast in
der Wüste Gobi  aufzuwachen, sondern weil sich dein Herz mindestens
genauso trocken anfühlt. Staubig. Schrumpelig. Nach einer Oase lechzend.
 Eben erst, gerade mal vor ein paar Stunden fühltest du dich wie
Superman und Batman auf dem Bug der Titanic – mit Krönchen. Alles
möglich. Alles nur einen Fingerschnipp entfernt. Man. Muss. Es. Nur.
Tun.

Und nun stechen die durch den Vorhang fallenden Sonnenstrahlen ganz
fies in deine Augen. Das Ohr schmerzt, weil man die halbe Nacht
abgeknickt drauf gelegen ist. Aua. Während wieder Blut durch die
diversen Körperteile fließt kehrt auch Stück für Stück Realität ein. Das
 Superman-Kostüm ist ein verdrecktes T-Shirt, das verloren auf dem
Fußboden herumliegt, die Titanic ein kleines Plastikboot in der
Badewanne. Der große Traum – ein Glas kühles Wasser. Kurzum. Emotional
eher labil.

Der gute Ton.

Ich mache immer wieder den Fehler, an solchen Tagen mein Facebook zu
checken und Facebook macht den Fehler, immer genau an diesen Tagen
spezielle Posts für mich auszuwählen, die wohl besonders sehenswert sind
 (Danke, Mark!). Steffi und Lars haben sich verlobt. Inga und Peter
haben endlich das Grundstück und bauen ihr Haus. Laura postet ein Foto,
auf dem sie sich liebevoll die Hand auf den Bauch legt #mommytobe. Das
sind eigentlich sehr schön Dinge. Und man könnte sich auch für Laura,
Steffi, Peter und Lars freuen. Das tue ich auch. Weil: Sie haben das,
was sich alle wünschen. Oder? Jeder will doch einen Partner, ein Haus
und ein Kind. Das gehört halt zum guten Ton. Weiss ja jeder. Manchmal
frage ich mich, ob ich mir das nicht auch besser wünschen sollte?

Wie war das mit dem Heiligenschein?

Böse Zungen unterstellen hier ja gerne Neid. Vielleicht ist da auch
was dran. Aber man muss auch gönnen können. Manchmal finde ich es nur so
 erschreckend, oder bemerkenswert  – ich weiss es nicht genau – das eben
 jene Menschen vor ein paar Jahren, ach was Monaten neben mir in der
Wüste aufgewacht sind. Die Nacht war der bessere Tag und getrunken wurde
 auf die Freiheit. Und plötzlich ist alles anders. Das geht so schnell,
dass ich darauf eigentlich erst mal ein Konterbier trinken müsste. Oder
besser gleich ´nen Schnaps. Ist es wirklich so, wie M. sagt? Dass
Menschen, vorrangig die des männlichen Geschlechts, einfach irgendwann
das Licht anschalten und entscheiden „Today is the day!“ – und die Frau,
 die sich den Typ mit dem Heiligenschein überm Kopf heranwinkt, bekommt
ihn“. Spiel. Satz. Sieg. Hochzeit. Haus. Kind. Nichts mit Romantik.
Nichts mit Schicksal und Stories á la er hat mir schon im Kindergarten
Liebesbriefe geschrieben. Ist das alles? Eine einfache, bloße
Entscheidung „ja, jetzt wird´s Zeit mit dem Kram“ und dann kommt der
Kram? Eine Art self fulfilling prophecy?

Ich habe mich auch schon öfters für diese Dinge entschieden. Mich
drauf eingelassen. Weil man das, im Zeitalter der Selbstoptimierung und
der angeblichen Beziehungsunfähigkeit so tun soll. Mehr Mut und so. Ich
habe all das gemacht. Gehofft und gebangt. Aber der Schuh hat irgendwie
immer ein bisschen gedrückt. Klar, der war neu und musste erst
eingelaufen werden. Aber selbst nach etlichen Kilometern war da noch
diese kleine, fiese Druckstelle.

Voll romantisch, ey!

Ja, ich beneide Menschen, bei denen das einfach so klappt. Die
gestern noch im Club das Licht angemacht haben und heute Familienväter
sind. Nicht weil ich es ihnen nicht gönne, sondern weil diese Personen
augenscheinlich das Richtige gefunden haben. Vielleicht sind wir alle
gar nicht wirklich beziehungsunfähig und auch gar nicht so egoistisch,
wie gerne von uns behauptet wird. Vielleicht sind wir sehr viel
sensibler und feinfühliger. Stecken Grenzen klar ab und spüren intuitiv,
 wenn etwas nicht richtig passt? Wir haben eine unglaublich
romantisierte Vorstellung von der Liebe, die wir hinter gespielter
Gleichgültigkeit verbergen. Ich glaube, dass wir alle sehr viel
verletzlicher sind, als wir vorgeben zu sein. Und vielleicht sind wir
gar nicht alle Woks, sondern müssen unseren Deckel einfach nur noch
finden. Oder gefunden werden. Oder wie auch immer. Vielleicht doch
Zufall?

Let it grow!

Vielleicht aber geht unsere romantisierte Vorstellung sogar so weit,
dass wir womöglich schon einen perfekten Gegenspieler gefunden haben.
Tief im Herzen verankert. Mit Wurzeln. Dieser aber nicht mehr im Leben –
 also im echten, nicht das im Kopf – präsent ist, weil man jung war und
das Geld brauchte oder einfach aus Gründen. Man kann zwar die Triebe
jedes Jahr im Herbst zurückschneiden, aber die Wurzeln bleiben einfach
da und treiben jedes Jahr auf´s Neue aus, bis man sie endlich umtopft
und wachsen lässt. Oder, die Person tummelt sich bereits in unserem
Umfeld, wir wissen aber noch nicht, dass diese Person das perfekte
Pendant ist. Wie der Biss in ein Stück unreifes Obst. Zu früh. Zu sauer.
 Falsches Timing. Whatever.

Eine bewusste Entscheidung kann jedenfalls nicht dazu führen, dass
man glücklich wird. Zumindest nicht langfristig. Dafür ist die Liebe
viel zu vielschichtig, als dass sie sich durch solch einen
Vernuftsschritt austricksen ließe. Vielleicht suchen wir uns –
unterbewusst – immer wieder die vermeintlich falschen Partner aus. Die
zu alten, zu jungen, die zu vergebenen und zu verkorksten. Nicht, weil
wir masochistisch veranlagt sind, sondern weil wir intuitiv spüren, dass
 es einen Deckel gibt. Keinen besseren, aber einen, der genau auf den
Topf passt. Wie das Paar Lieblingsschuhe, ganz hinten im Schrank.

 

© themagnoliablossom

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