Unsere Community-Autorin schreibt darüber, warum sie sich während Corona für einen Neuanfang entschieden hat und wie sie mit Gegenwind umgeht.
„Ich hatte meine Entscheidung schon getroffen, aber dann kam Corona.“ Ein guter Freund sagt immer: Alles was zählt steht vor dem ,aber‘.
Unbenommen: Corona hat unser Leben auf den Kopf gestellt. Ungläubigkeit, neue Strukturen, Einsamkeit, Existenzängste, Sorgen um die eigene Gesundheit und die der Liebsten. Kurzarbeit, fehlende Perspektiven und für manch eine*n sehr viel Zeit. Wir erleben zurzeit alle das Gleiche und doch erleben wir völlig Verschiedenes.
„Macht mich die nächste Gehaltserhöhung glücklich oder braucht es etwas anderes, um echte Erfüllung zu spüren?“
Als die Nebengeräusche aus Hin- und Her-Reisen, Sinnlos-Meetings und After-Work-Drinks wegfielen, war das für mich vor allem die Chance, die innere Stimme mal etwas lauter zu drehen und mich zu fragen: Wovon will ich mehr in meinem Leben? Und wovon weniger? Macht mich die nächste Gehaltserhöhung glücklich oder braucht es etwas anderes, um echte Erfüllung zu spüren? Ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um den Traum von der Selbständigkeit zu verwirklichen? Warum eigentlich nicht.
Warum Corona nicht als Ausrede zählt
Was für Menschen ebenso gilt wie für ganze Organisationen: Es muss dir nicht erst schlecht gehen, bevor du zu einer Änderung bereit bist. Etwas zu verändern heißt häufig auch ein Wagnis einzugehen, einen Schritt weiterzugehen – und manchmal auch einen Schritt zu weit.
Für viele Menschen ist die Angst vor Rückschlägen jedoch gar nicht das Hauptproblem. Sie sind nicht unzufrieden, weil sie ihre Ziele nicht erreichen, sondern weil sie nicht wissen, wohin sie wollen – oder überfordert sind durch zu viele Optionen. In der Konsequenz entscheidet dann das Leben für eine*n. Das kann richtig gut laufen, kann aber auch dazu führen, dass ich irgendwann aufwache und mich frage: Wie bin ich hier gelandet? Und was will ich eigentlich wirklich?
Ich meine ja nur. Scheitern kannst du praktisch überall, im Job, einer Prüfung, in der Liebe. Mitunter sogar unerwartet und das, obwohl du dein Bestes gegeben hast. Rückschläge mag niemand, dabei sind sie oft die Grundlage, um etwas über dich selbst zu erfahren, dein Denken und Handeln infrage zu stellen und dich weiterzuentwickeln.
„Ich meine ja nur. Scheitern kannst du praktisch überall, im Job, einer Prüfung, in der Liebe. Mitunter sogar unerwartet und dass, obwohl du dein Bestes gegeben hast.“
Hat Corona denn nun etwas daran geändert, wie und ob wir Entscheidungen treffen? Oder ist es vielmehr eine willkommene Ausrede, um sich noch ein Weilchen vor Entscheidungen zu drücken?
Natürlich sind die Belastungen durch Corona für unsere Wirtschaft enorm – die massiven gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie haben jedoch auch deutlich manifestiert, dass perfekte Pläne nicht viel wert sind, wenn das Leben keinen linearen Verlauf kennt. Erfüllung finden viele von uns nicht in Jobtiteln, der nächsten Gehaltserhöhung oder dem 16. Paar Sneaker. Sondern in dem Fokus auf uns selbst und unseren inneren Bedürfnissen: Wie möchte ich meine Lebenszeit verbringen? Wie kann ich meine Talente und Fähigkeiten sinnvoll einsetzen – und das mit den richtigen Menschen am richtigen Fleck?
Du bist nicht zu alt und es ist nicht zu spät
Was du selbst willst, wirst du niemals ergründen, wenn du nur tust, was andere erwarten. Corona war für mich schnell kein Grund mehr für oder gegen eine Entscheidung. Allenfalls Katalysator. Denn der richtige Zeitpunkt, um deine Wünsche in die Tat umzusetzen, liegt irgendwo zwischen „irgendwann werde ich …“ und „wenn ich nochmal von vorne beginnen könnte.“
„Der richtige Zeitpunkt, um deine Wünsche in die Tat umzusetzen, liegt irgendwo zwischen ,irgendwann werde ich…‘ und ,wenn ich nochmal von vorne beginnen könnte.‘“
Das ist kein Plädoyer für kopflose Entscheidungen – Veränderung braucht einen klaren Kopf. Das ist vielmehr ein Appell, dich selbst zu beobachten. Wer sich selbst beobachtet, kann viel lernen: Über unterbewusste Bedürfnisse und Wünsche, berechtigte und unberechtigte Selbstzweifel, Stärken und Schwächen. Und was noch wichtiger ist: Du kannst lernen, den Unterschied zu erkennen zwischen den eigenen Zielen und denen, die sich irgendwann aus der Außenwelt eingeschlichen haben und uns – gut verpackt – jeden Tag vorgaukeln, es seien unsere eigenen.
Es ist nie zu spät, etwas Neues zu lernen und du bist nicht zu alt, mit dem anzufangen, woran du glaubst.
Alles beginnt mit einem Traum
Wenn die Zukunft ungewiss ist und keine*r abschließende Antworten darauf geben kann, wie sich unsere Welt verändert, welche Implikationen Corona noch auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt haben wird, bietet das die Gelegenheit aus eigener Kraft zu handeln und dir ein Stück der Kontrolle zurückzuerobern.
Karrieregestaltung ist Lebensgestaltung. Von vielen höre ich das gesteigerte Bedürfnis nach Sicherheit, das Gefühl aufgrund der unsicheren Arbeitsmarktsituation, im Augenblick nichts entscheiden zu können. Dabei zeigt sich stärker denn je, dass wir die ersehnte Sicherheit am besten in uns selbst finden – indem wir aktiv werden. Das bedeutet, auf uns selbst zu blicken und unser Leben und Arbeiten passend zu unseren Bedürfnissen, unseren Fähigkeiten und unserer Persönlichkeit gestalten. Erfolgreich bist du, wenn du tust, was dir entspricht – nicht wenn du dem entsprichst, was vermeintlich erfolgreich ist.
Niemand behauptet, dass es einfach ist. Wenn du das Gefühl hast, Kontrolle ausüben zu können, fühlst du dich vielleicht etwas sicherer, als wenn du dich mit viel Mut den Themen widmest, die auf den ersten Blick unscharf wirken – wie zum Beispiel die Liebe, die persönliche Erfüllung, Selbstfürsorge oder der Traum vom eigenen Café. Wenn du jedoch weißt, wohin du willst, bist du quasi schon auf dem Weg dahin.
Der Schlüssel zur Veränderung: Freiheit
Der Schlüssel zur Veränderung liegt in der inneren Freiheit. Wenn du es schaffst, dich von den Wahrheiten, Ansprüchen und Erwartungen der Außenwelt zu lösen und dir erlaubst, das zu denken und zu tun, was dir selbst entspricht. Alles beginnt mit einem Traum.
Triff eine bewusste Entscheidung, aber triff eine Entscheidung
Fragen wird es immer geben. Ist der Job der richtige? Wieviel Veränderungswillen darfst du von einer Organisation erwarten? Muss ich mir Sinn leisten können?
Ja klar, äh nein, ich mein Jein.
Die Lösung gibt es nicht. Für die Welt von morgen müssen ständig neue Antworten gefunden werden. Als Einzelne, im Team oder als ganze Organisation: je eher wir annehmen, dass Veränderung kein Ende kennt und es die einfachen Antworten nicht gibt, desto mehr Freude macht die kontinuierliche Auseinandersetzung.
Die grundlegend neue Situation im Jahr 2020 lädt uns auf jeden Fall dazu ein, die großen Fragen zu stellen. Hinschauen, deine Prioritäten überdenken, Verantwortung übernehmen und eine Vision für deine Zukunft entwickeln. Es liegt an dir.
Herzlich Willkommen, Neuanfang.
Die Autorin:
Diesen Text hat Elena zuerst auf LinkedIn veröffentlicht. Wir freuen uns, dass wir ihn auch bei uns bringen können.
Elena Mertel ist Organisationsberaterin, Business-Coachin und Dozentin mit den Schwerpunkten auf New Work, Personal Growth und Chancengleichheit. Durch ihre langjährige Erfahrung im Bereich Business Development und Systemischer Organisationsentwicklung in Agenturen, Unternehmen und im öffentlichen Sektor (u.a. als Head of Organizational Development bei Zum goldenen Hirschen und TLGG) weiß sie um die Herausforderungen, Transformationsprozesse von innen zu gestalten. Seit Oktober 2020 begleitet Elena Mertel mit ihrem eigenen Start-up Menschen, Teams und Organisationen dabei, ihre Veränderungsvorhaben umzusetzen.