Eltern berichten auf unserem Instagram-Kanal, wie sie im Job benachteiligt werden. Es ist ein erschütterndes Bild der Arbeitswelt – quer durch alle Berufe und Branchen. Ein Thread
„Wir bräuchten jemanden wie dich, nur ohne Kinder.“ Sind das echt Sprüche, die sich Eltern trotz öffentlicher Debatten über die 32-Stunden-Wochen und Gleichstellung im Berufsleben heute noch anhören müssen? Ja, genau so!
In unserem Interview erklärt die Juristin Sandra Runge, warum sie mit ihrer Initiative #ProParents dafür kämpft, dass Elternschaft als Diskriminierungsmerkmal anerkannt wird.
Wir wollten wissen, wie es euch als als Eltern im Job gerade geht, zwischen Kinderbetreuung, Homeschooling und Erwerbsarbeit – und haben euch bei Instagram gefragt, an welchen Stellen ihr bereits Benachteiligungen aufgrund eurer Elternschaft erleben musstet.
Euer Feedback auf unsere Frage war überwältigend, viele Leser*innen haben sich als Betroffene*r gezeigt. Das sind eure Erfahrungen:
„Sprüche von Single- Cis-Männern: ,Wie du gehst schon um 15h.‘“
„In München hängt an fast allen Café Türen ein Kinderwagen Verbotsschild.“
„Beim Vorstellungsgespräch hat der Chef mir geraten meine Bewerbung zurück zu ziehen.“
„Nach meiner 2. Elternzeit wurde ich gefragt, warum ich arbeiten gehe, obwohl ich Kinder habe.“
„Wir bräuchten jemanden wie dich, nur ohne Kinder.“
„Keine Entfristung obwohl mündliche Zusagen aufgrund von ungeplanter Schwangerschaft.“
„Mein Vertrag wurde nicht verlängert, da ich schwanger bin. Das wurde auch so begründet.“
„Beim Elternzeitantrag kam vom Chef: ,Ach ist ja schade, dass sie keine Karriere machen wollen.’“
„Gespräch über motivierte Rückkehr aus Elternzeit: ,Ja, das denken alle jungen Mütter davor, aber dann…’“
„Regelmäßig wenn ich mittags gehe: ,Schönen Feierabend‘ meine Antwort: ,Jetzt gehts erst richtig los!‘“
„Du musst dich entscheiden ob du Mutter sein willst oder Studentin.“
„,Überlegen Sie, ob ihr Projekt in ihrer familiären Situation passt’, sagte der Gründungsberater.“
„Nach 12 Monaten Elternzeit gefragt, ob ich wirklich SCHON zurückkommen will.“
„Beim Wiedereinstieg nach 1. Kind gefragt, wann 2. Kind kommt.“
„Chef: ,Du wirst schon sehen, durch die Hormone etc. wirst Du auch so eine ,Supermutti‘.“
„Dein Kind ist aber auffallend häufig krank.“
„Chefin zur Schwangerschaft: ,Ach, Du wirktest immer so ambitioniert.‘“
„Nach der Elternzeit war Wiederkommen in TZ (30h) plötzlich nicht mehr möglich.“
„Bei einer Bewerbung gefragt, warum ich denn mehr als 20h arbeiten will, wenn ich ein Kind zu Hause hab.“
„Ganz klassisch bei der Wohnungssuche. Mit Kind- kaum eine Chance.“
„Ich bekomme keine Wohnung und musste zurück zu meinen Eltern ziehen.“
„Ja, meine Stelle war vergeben, als ich nach der Geburt zurückkehren wollte (gr. Kinderbuchverlag).“
„Was dein Kind geht schon mit einem Jahr in die Kita?“
Dabei sollte eins klar sein: Kinder sind keine persönlichen Luxusentscheidungen oder eine bewusste Beschränkung der Arbeitskraft – nein, sie sind die Zukunft unserer Gesellschaft. Jede*r von uns ist nur auf dieser Welt, weil uns jemand geboren hat. Das verlangt Respekt und vor allem: Verantwortung – denn Elternschaft ist kein Solostück, sondern die Leistung von vielen. Auch Arbeitgeber*innen tragen in diesem Zusammenhang eine gesellschaftliche Verantwortung. Hier haben wir Erfahrungen und Tipps gesammelt, wie Arbeitgeber*innen sich für Eltern im Team stark machen können:
Wenn ihr diese Formen der Benachteiligung kennt und ihr mehr über eure Rechte und Möglichkeiten erfahren wollt, könnt ihr euch bei Stellen wie dem Verband alleinerziehender Mütter und Väter informieren oder einen Blick auf unsere Tipps für Initiativen und Bücher werfen, die euch helfen können:
KEINE Kinder sind auch keine Lösung
„Bekommt endlich mehr Kinder“, heißt es oft in unserer Gesellschaft, doch in der Arbeitswelt sind Familien oft unerwünscht – Mütter und geltende Gesetze werden im Beruf einfach ausgebremst. Die Juristin Nina Straßner begleitet Eltern mit ihrem Buch durch alles Gesetzliche und erklärt, wann sie Arbeitgeber*innen belügen dürfen und warum sich tobende Kinder im Supermarkt rechtlich einwandfrei benehmen.
Das VBM-Dschungelbuch
Berufstätige Mütter haben diesen Leitfaden des Verbands berufstätiger Mütter erstellt, um es anderen berufstätigen Müttern (und Vätern) zu erleichtern, Beruf und Familie mit einander zu vereinbaren. Das Dschungelbuch ist ein Leitfaden durch den Dschungel aus Gesetzen, Ansprüchen, Steuern und anderen Hindernissen. Mit Informationen zur Kinderbetreuung und zum neuen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige, zum Elterngeld, zu Elternzeitmodellen und nicht zuletzt auch zur Pflege und zur Altersvorsorge.
#PROPARENTS
Die Anwältin Sandra Runge hat die Initiative #ProParents gegründet, mit dem Ziel, Elternschaft und die Übernahme von Sorgearbeiten für Angehörige als Diskriminierungsmerkmal in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aufzunehmen. Die Initiative soll eine breite und öffentliche Diskussion darüber auslösen, wie wir zukünftige Benachteiligungen von Eltern in der Arbeitswelt verhindern können.
Der aktuelle Fall
Diskriminierung ist in Deutschland verboten – und doch erleben Eltern im Berufsleben häufig genau das. Ob Benachteiligungen bei der Jobsuche, oder beim Wiedereinstieg in den Beruf. Täglich wenden sich Betroffene auch in diesen Fällen an das Beratungsteam der Antidiskriminierungsstelle. In der Rubrik „Der aktuelle Fall“ werden konkreter Fälle besprochen und Lösungsmöglichkeiten erklärt.
Familien in der Krise
„Familien in der Krise“ ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Eltern, die eine überparteiliche Lobby für Familien in Deutschland bilden, um die Rechte von Familien und Kindern während der Corona-Krise einzufordern. Mittlerweile haben sich bundesweit viele Eltern unserer Initiative angeschlossen. Die Initiative arbeitet ehrenamtlich und will Familien dauerhaft in den Mittelpunkt politischer Ziele rücken – in der Corona-Krise und darüber hinaus.
Deine Erfahrung ist gefragt!
Jetzt möchten wir wissen: Welche positiven Erfahrungen habt ihr in der Arbeitswelt als Eltern gemacht? Wann sind euch eure Arbeitgeber*innen besonders entgegengekommen und was hat euch geholfen? Schreibt uns unter: editorial@editionf.com oder bei Instagram.