In einem Jobinterview immer strikt nach dem gelernten Schema F handeln? Nein, das ist nicht die allerbeste Idee. Denn manchmal muss man die Regeln brechen, um zu gewinnen.
Im Bewerbungsgespräch auf Autopiloten schalten? Ganz schlechte Idee!
Da ist man erst einmal erleichtert, endlich die ersehnte Einladung zum Vorstellungsgespräch in der Tasche zu haben – und schon macht man sich verrückt wegen der Vorbereitungen. Was werden sie fragen, wie kann ich darauf antworten, was geht gar nicht, was erzähle ich über mich selbst, was muss ich vom Personaler wissen und und und. Warum auch nicht, schließlich ist eine gute Vorbereitung die halbe Miete – oder? Das stimmt, aber wenn sie überhandnimmt, kann das auch kontraproduktiv wirken. Dabei geht es nicht darum, eine Scheißegal-Haltung zu entwickeln oder darum, dass man sich nicht mit der Stelle und dem Unternehmen auseinandersetzen sollte, sondern sich vor lauter Tipps und auswendig gelernten Sätzen nicht zu verrennen und sich auch wirklich noch auf das Gespräch einlassen zu können.
Was also ist denn die richtige Vorgehensweise? Nun, dazu gleich mehr – aber vorweg: Empathie, das Bauchgefühl und ein offener Blick für die Situation werden helfen. Also weg von starren Formeln und dem Autopilot-Modus, in dem wir uns zu sehr darauf konzentrieren, was wir erwarten, als auf das, was wirklich passiert. Denn nur so kann man auch wirklich zeigen, wer man ist. Wie man das umsetzen kann, haben Tanya Menon und Leigh Thompson für HBR.org aufgeschrieben und wir haben uns ihre Tipps für Gespräch mal angesehen.
Mit diesen Tipps authentisch und gut durchs Interview kommen
1. Halte dich nicht ans Skript
In Sachen Jobinterview machen sich meist beide Seiten einen Plan, wie das Gespräch ablaufen soll. So hat die Personalerin meist Standardfragen, die sie immer wieder stellt, um vergleichbare Antworten zu erhalten. Kommen hier die Antworten der Bewerberin oder des Bewerbers aber zu schnell und zu sicher, dann verliert das Gespräch schnell an Dynamik. Das kann man jedoch gut umgehen, indem man eine kleine Denkpause nach der Frage einlegt, auch wenn man sich die Antwort schon zurechtgelegt hat. Auch gut ist es, ein paar Schlüsselbegriffe aus der gestellten Frage oder aus dem vorangegangenen Gespräch mit in die Antwort einzubauen, um zu zeigen, dass man wirklich bei der Sache ist, statt einfach nur seine Sätze runterzurattern. Und wenn du das Gefühl hast, dass der Interviewer wiederum nicht bei der Sache ist, dann versuch’s mal mit folgendem Satz: „Ich kann gerne auch noch ein paar Dinge erzählen, die nicht in meinem Lebenslauf stehen“. Das können Interessensfelder sein, soziales Engagement, wie eine Lücke im Lebenslauf entstanden ist und so weiter. So bekommt man Aufmerksamkeit und läuft nicht Gefahr, in Phrasendrescherei zu verfallen.
2. Finde Gemeinsamkeiten
Was richtig gut ist, um nachhaltig in Erinnerung zu bleiben? Gemeinsame Verknüpfungspunkte zu finden und zu benennen. Vielleicht seid ihr auf die gleiche Schule gegangen, oder aber die Interviewerin erwähnt, dass sie gerade in den Urlaubsplanungen für eine Reise in die Provence steckt und du warst dort auch schon? Dann greif das kurz auf und sag ein paar Sätze dazu – aber wichtig: Verfalle nicht gleich in ein Impulsreferat! Denn durch diese Gemeinsamkeiten, die sich fernab des Jobs befinden, wird ein Perspektivwechsel eingeleitet, in dem der Interviewer dich noch einmal von einer anderen Seite wahrnimmt. Gut sind auch persönliche Fragen an den Interviewer, wie: „Wie hat es sich angefühlt, dieses oder jenes Projekt zu wuppen?“ Das zeigt ein Interesse an dem, was den Job für jemanden persönlich ausmacht und geht weg von trockener Theorie.
3. Werde zum Verbündeten
Das haben viele von uns schon erlebt: Man sitzt vor einer Personalerin oder einem Personaler, bei denen man von Anfang an spürt: Hier habe ich keine Chance – ganz einfach, weil die Vibes zwischen uns beiden nicht stimmt. Das kann verschiedene Gründe haben und die müssen nicht immer beim Bewerber liegen. Vielleicht hat der Interviewer einen schlechten Tag, vielleicht mochte er die Person nicht, die deinen Job zuvor hatte und überträgt das nun auf dich oder deine Vita ist so gut, dass sie Angst vor Konkurrenz haben und so weiter und so fort. Und gerade bei Letzterem zählt nun, wie man das Gespräch gestaltet, um die Fronten nicht weiter aufzubauen. Am besten konzentriert man sich nun auf Stärken, die man neu mit ins Team einbringt, um zu zeigen, dass man sich gut ergänzt und sich nicht gegenseitig ausstechen muss.
4. Sprich offen an, was sowieso jeder weiß
Wir haben alle kleine Makel, die wir gerne unter den Tisch kehren – ganz besonders in einem Bewerbungsgespräch. Und das ist auch absolut richtig! Doch sollte eine Sache ganz offensichtlich sein, wie eine größere Lücke im Lebenslauf, fehlende Skills, die eigentlich verlangt sind oder ähnliches, dann geh damit offen um. Wer hier nicht versucht, sich irgendwie herauszureden, sondern das Thema offensiv angeht, punktet nicht nur mit Mut, sondern auch mit einer guten Selbstreflexion – und das schafft Vertrauen.
Am Ende ist es einfach wichtig, sich auf jedes Jobinterview wirklich einzulassen und sich nicht dazu hinreißen zu lassen, auswendig gelernte Phrasen herunterzurattern, die sofort als solche entlarvt werden. Und dennoch ist eine gute Vorbereitung immer wichtig! Aber eben auch, sich selbst durch eine zu starre Denke nicht den Raum für Kreativität zu nehmen – ganz besonders, wenn man merkt, dass man vor Stolpersteinen steht.
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