Foto: Echo Grid | Unsplash

Danke, für mehr Selbstvertrauen – ein Liebesbrief an meinen neugeborenen Sohn

Seit dem ihr Sohn geboren wurde, steht das Leben unserer Community-Autorin auf dem Kopf. Und dafür ist sie wahnsinnig dankbar.

 

Ein neues Leben voller Chaos und Liebe 

Vor knapp vier Monaten bist du in mein Leben getreten – und seitdem ist nichts mehr wie es war. Natürlich war mir vorher schon bewusst, dass du meinen Alltag auf den Kopf stellen würdest und sich von nun an alles um Themen wie Windeln oder Windpocken drehen würde. Doch das ist nicht alles. Du hast auch meine Einstellungen und Sichtweisen um 360 Grad gedreht und geschärft. Aber vor allem hast du mir unglaublich viel beigebracht. Und dafür möchte ich dir einfach danken.

Danke …. 

… für mehr Sensibilität. Obwohl ich täglich Bus und Bahnen nutze, hast du mir noch einmal richtig die Augen dafür geöffnet, wie wichtig barrierefreie Umgebung ist, in der es abgesenkte Bordsteine, Hochbahnsteige und funktionierende Fahrstühle gibt. Und zwar nicht nur für Mamis wie mich, sondern auch für ältere und behinderte Menschen.

… für mehr einfach Sein. Von morgens bis abends unterwegs, das war lange Zeit Alltag für mich. Dort noch diesen Termin wahrnehmen, hier noch zu jener Veranstaltung gehen. Kurzum war ich oft überall und gleichzeitig nirgendwo. Jetzt gibt es Tage, an denen ich vielleicht nur einmal kurz zum Einkaufen ums Eck draußen bin – und trotzdem fühl ich mich lebendiger denn je. Denn, wenn ich deine Hand halte oder küsse, bin ich ganz bei dir und mir, im hier und heute.

… für ein dickes Fell. In Deutschland gibt es nicht nur 80 Millionen Bundestrainer, sondern auch 80 Millionen Erziehungsexperten. „Ziehen Sie dem Jungen sofort etwas über“, „Der Kleine fühlt sich hier nicht wohl und sollte nach Hause“ oder „Steigen sie mit dem Kinderwagen gefälligst woanders ein“, sind nur einige Sprüche, die mir seit dem Muttersein von Wildfremden entgegengeschleudert wurden. Ich bleibe mir und meinem Mutterinstinkt treu und höre nur auf Menschen, die es wirklich gut mit uns meinen.

… für viele erste Male. In den vergangenen Wochen und Tagen hast du mir so viele kleine und große Glücksmomente geschenkt. Beinahe täglich feiern wir eine andere Premiere. Dein erstes Lächeln, dein erstes Bad, das erste Mal spazieren gehen, so viele erste Mal. Durch dich lerne ich vermeintlich Alltägliches mit außergewöhnlichen Augen zu sehen. Und erfahre, dass genau dort das Glück versteckt liegt.

… für mehr Selbstvertrauen. Ich bin seit jeher sehr selbstkritisch und streng mit mir. Auch, wenn Sachen richtig gut laufen, ist mein innerer Kritiker immer auf der Lauer, um mir eins reinzuwürgen. Schließlich hätte dies oder jenes noch besser gemacht werden können. Doch seitdem ich dir das Leben geschenkt habe, bin ich so stolz wie nie zuvor auf mich. Denn du bist ein wahres Wunderwerk. Und zwar mein wahres Wunderwerk.

… für ganz viel Liebe. Als ich dich unmittelbar nach der Geburt in meinen Armen hielt, war ich wie durchflutet von Liebe – und musste vor Freude weinen. Seitdem hast du mich immer wieder zum Weinen gebracht. Vor Glück. Vor Dankbarkeit. Vor Liebe. Und dabei war es ganz egal, ob ich dich nun beim seligen Schlafen beobachtet habe oder mich dein fröhliches Glucksen in deinen Bann gezogen hat. Du berührst mich tief im Inneren. Einfach, weil du bist, wie du bist.

… für mehr Mitgefühl. Was wäre, wenn wir nicht in einem reichen Industrieland leben würden, sondern du umgeben wärst von Krieg und Terror? Was, wenn ich dich ganz allein großziehen müsste, ohne Partner und Familie? Was, wenn du im Alter nicht genug Geld für Miete und Essen hättest? Ich war schon vorher ein politischer Mensch, aber du bringst mich dazu, noch mehr über soziale Themen nachzudenken und für eine solidarische Gemeinschaft einzustehen. Denn da draußen sind unzählige Menschen, unzählige Mütter, Väter, Omas und Opas, die dasselbe wollen wie ich: dass es ihren Lieben gut geht.

…für den Sinn in meinem Leben. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Auch vor deiner Geburt hatte ich ein tolles Leben. Ich bin viel gereist und hatte liebe Freunde, eine großartige Familie und einen wundervollen Partner. Und trotzdem war deine Geburt, warst du, das bisher größte und einschneidendste Erlebnis in meinem ganzen Leben. Ich möchte dich in dieser Welt willkommen heißen und beim Großwerden begleiten. Deine ersten Schritte, deine Einschulung oder dein erstes Fußballmatch miterleben. Dich trösten, wenn du traurig bist und Feste feiern, wenn du glücklich bist. Und einfach für dich da sein können, wenn du mich brauchst. Das will und werde ich tun, so lange es geht. 

Mehr bei EDITION F

Bedeutet ein Baby Selbstaufgabe? Weiterlesen 

Die Schönheit von Geburten: die beeindruckendsten Fotos 2017. Weiterlesen

Das Planwunder – wie wir uns als lesbisches Paar unseren Kinderwunsch erfüllt haben. Weiterlesen

Anzeige