Geflüchtete Frauen in Deutschland brauchen dringend eine bessere psychologische Betreuung. Das belegt eine neue Studie der Charité Berlin.
Daten belegen schlechte Betreuung
Etwa ein Drittel der nach Deutschland geflüchteten Menschen sind Frauen. Vor, auf und nach der Flucht sind sie besonderen Gefährdungen ausgesetzt. Viele von ihnen bräuchten in Deutschland medizinische und psychologische Betreuung. Das haben Flüchtlingshelfer und Experten in der Vergangenheit immer wieder betont. Bis jetzt fußten diese Erkenntnisse allerdings vor allem auf persönlichen Erfahrungen und Einzelfallbeschreibungen. Gestern veröffentlichte die Berliner Charité die Ergebnisse ihres Forschungsprojektes zu geflüchteten Frauen in Deutschland, das von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Aydan Özuguz gefördert wurde. Diese Studie liefert wichtige repräsentative Daten, die die Situation von geflüchteten Frauen widerspiegeln.
Die Ergebnisse sind tatsächlich alarmierend: Nur 15 Prozent der 660 befragten geflüchteten Frauen gaben an, bei körperlichen Beschwerden hier in Deutschland Zugang zu einem Arzt zu haben, bei psychischen Beschwerden waren es sogar nur vier Prozent. Das ist haarsträubend, wenn man bedenkt, dass bis zu 30 Prozent der befragten Frauen Angst vor sexualisierter Gewalt als Fluchtgrund angaben. Je nach Herkunftsland berichten zwischen 10 Prozent (Syrien) und 38 Prozent (Eritrea) von erlebter sexualisierter Gewalt. 30 Prozent der Frauen aus Afghanistan und mehr als 25 Prozent der Frauen aus dem Iran, Irak und Somalia wurden ebenfalls Opfer sexualisierter Gewalt.
In Deutschland hören die Probleme nicht auf
Seitdem die geflüchteten Frauen, von denen fast die Hälfte zwischen 17 und 29 Jahren alt ist, in Deutschland leben, haben sie vor allem mit mangelnder Privatsphäre, mangelnden finanziellen Mitteln, hohen Bürokratie- sowie Sprachproblemen, Einsamkeit auf Grund der Trennung von ihrer Familie, psychischen und gesundheitlichen Belastungen sowie Zukunftsangst zu kämpfen. Jede zweite von ihnen hat zwei bis drei Kinder und 80 Prozent von ihnen verfügen nur über eine geringe Schulbildung. In ihren Unterkünften sind sie Diskriminierung, respektlosen Umgang, Lärmbelästigung oder sogar Gewalt ausgesetzt.
Darüber hinaus zeigt die Studie aber auch, dass mangelnde Übersetzungsangebote ein großes Problem für die Frauen darstellen: Manche von ihnen wurden vom Arzt wieder weggeschickt, andere erzählten von Behandlungsfehler durch inkorrekte Übersetzungen. Es mangelt an Übersetzern, vor allem Frauen aus Somalia und Eritrea können sich kaum verständigen. Das muss sich dringend ändern, damit die geflüchteten Frauen endlich die Unterstützung erhalten, die ihre traumatisierenden Erlebnisse erfordern. Nur so kann den Frauen geholfen werden und eine langfristige Integration gelingen. Die wünschen sich schließlich auch die Frauen. 38 Prozent von ihnen wollen in den nächsten fünf Jahren ein Studium oder einen Beruf aufnehmen und endlich wieder ein stabiles Leben führen.
Auch Kinder und Jugendliche brauchen eine bessere Betreuung
Gestern stellte auch UNICEF eine neue Studie vor, die sich mit der Situation von geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Deutschland beschäftigt. Auch hier sind die Ergebnisse besorgniserregend, aber wenig überraschend: Die Minderjährigen leben in ihren Unterkünften mit vielen fremden Menschen auf engsten Raum, haben kaum Privatsphäre und viel zu selten Ruhe – und das alles bei teilweise unzureichenden hygienischen Bedingungen. Sie sind ausreichend vor Übergriffen geschützt. Und, abhängig von der Lage ihrer Unterkunft, haben sie nur einen eingeschränkten Zugang zu Kindergärten und Schulen.
Außerdem stellte die Studie auch schon bei geflüchteten Kindern eine Hierarchisierung der Betreuung nach Herkunftsländern und daraus resultierenden Bleibechancen fest. Auch hier muss sich also dringend etwas ändern, damit die Minderjährigen, die teilweise jahrelang auf der Flucht waren, Krieg und Gewalt erlebt haben und ihr Zuhause verlassen mussten, endlich wieder einfach Kinder sein dürfen.
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