In der BBC brodelt es seit Monaten: Nun fordert eine Gruppe von 170 Frauen die Sendeanstalt auf, ihnen die Gehaltsunterschiede zu ihren männlichen Kollegen nachzuzahlen, ihre Renten anzugleichen und sich offiziell zu entschuldigen.
Gender-Pay-Gap bei der BBC
Im vergangenen Jahr musste die BBC aufgrund eines neuen Transparenzgesetzes die Topgehälter in der Organisation veröffentlichen. Die Daten zeigten deutlich, dass sich unter den Angestellten in der höchsten Gehaltsgruppe deutlich weniger Frauen befanden als Männer. Die bestbezahlte Frau erhielt zudem nur ein Fünftel dessen, was der männliche Topverdiener an Gehalt bezog.
Schon im Juli reagierte die BBC zögerlich: Anstatt die Lohnlücken direkt schließen zu wollen, kündigte Chef Tony Hall an, die Gehälter bis 2020 angleichen zu wollen. Die Journalistinnen reagierten darauf mit einem offenen Brief und forderten eine umgehende Anpassung der Löhne nicht nur im oberen Segment der Gehälter, sondern unternehmensweit.
Nicht nur ein Problem auf oberer Ebene
Nun berichtet der Guardian, dass eine Gruppe von 170 Frauen, die bei der BBC tätig sind, beim Digital, Culture, Media and Sport Committee (DCMS Committee) des britischen Parlaments Beweise vorgelegt hat, die zeigten, dass die Rundfunkanstalt nicht sichergestellt habe, dass Frauen und Männer auf gleichen Positionen gleich bezahlt wurden. Wenn dem so wäre, hätte die BBC gegen Gesetze zur Lohngleichheit verstoßen. Die Gruppe der Journalistinnen wird zitiert, dass die BBC „eine langjährige Verletzung ihrer Werte Vertrauen, Transparenz und Rechenschaft“ weiterhin aufrechterhalten würde.
Die Journalistin Eleanor Bradford gibt an, dass sie erst eine Gehaltserhöhung bekommen haben solle, nachdem sie auf die Gesetzgebung zu gleichen Löhnen verwies und selbst nach der Erhöhung noch 10.000 Pfund weniger verdient habe als männliche Kollegen auf identischen Korrespondentenstellen.
Andere Frauen berichten, dass ihnen „Aggressivität“ unterstellt und ihnen gedroht worden sei, als sie gleiche Bezahlung forderten.
Top-Gehälter werden nun gedeckelt
Am heutigen Dienstag will die BBC ein neues Gehaltssystem vorstellen und dabei einräumen, dass in der Vergangenheit Fehler passiert sind, berichtet der Guardian. Die Sendeanstalt wolle jedoch daran festhalten, dass es innerhalb der Organisation keine strukturelle Gehaltsdiskriminierung gebe und gegen Gesetze zur Lohngleichheit nicht verstoßen worden sei. Die BBC hat außerdem ein Gehaltslimit von 320.000 Pfund pro Jahr für Moderatoren und Moderatorinnen vorgeschlagen. Einige Gehälter von Männern liegen aktuell weit darüber.
Einige männliche Mitarbeiter hatten vor Kurzem eingeräumt, einer Senkung ihres Gehalts zuzustimmen. Wie groß die Gehaltsunterschiede sind, zeigen der Vergleich zwischen Carrie Gracie, die vor einigen Wochen ihre Korrespondentenstelle in China kündigte, nachdem sie erfuhr, dass sie eklatant weniger verdiente als männliche Kollegen, und dem Nordamerika-Korrespondenten Jon Sopel: Während er laut Daten der BBC zwischen 200.000 und 250.000 Pfund verdient haben soll, lag Gracies Gehalt bei lediglich 135.000 Pfund.
Journalistinnen wollen klagen
Die Angestellten der BBC begrüßen das neue Gehaltssystem, die Frauengruppe drängt jedoch weiterhin auf eine Entschuldigung sowie eine Schlichtung zwischen ihnen und dem Sender – um zu vermeiden, dass sie einzeln klagen werden. Der Journalistenverband hat eine Sammelklage von 120 Angestellten gegen die BBC eingereicht, eine Anwaltskanzlei vertritt zudem zehn andere Top-Journalistinnen der BBC, einschließlich Carrie Gracie.
Die Frauengruppe bei der BBC erwartet nun, dass die Verantwortlichen der Rundfunkanstalt ihre Fehler einräumen und „gleiche, faire und transparente Gehaltsstrukturen“ einführen. In dem Bericht, der beim DCMS-Committee eingereicht wurde, heißt es außerdem: „Die BBC sollte es vermeiden, Gebührengelder zu verschwenden in nicht zu gewinnenden Gerichtsstreits“, stattdessen solle man sich auf eine unabhängige Schlichtung einigen und vorenthaltende Löhne ausbezahlen sowie Anpassungen an den Renten der Mitarbeiterinnen vornehmen – denn weniger Lohn überträgt sich in weniger Rente.
Die BBC verneint derweil, dass ein tieferes kulturelles Problem existiere und hält daran fest, niemandem weniger gute Verträge aufgrund von Geschlecht und Herkunft zu geben.
Titelbild: depositphotos.com
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