Kübra Gümüşay hat einen bewegenden und wichtigen Vortrag auf der Republica gehalten. Sie fordert, dass die Liebe im Netz lauter wird als der Hass. Doch wo sind unsere Stimmen?
„Auch digitaler Hass ist realer Hass“
Es ist gar nicht so lange her, da habe ich aufgeschrieben, dass ich finde, dass unsere Kommentare bei Facebook nicht mehr ausreichen als Signal gegen Ausländerfeindlichkeit, Diskriminierung und Hass. Ich bin noch immer der Überzeugung, dass mein politisches Engagement nicht weit genug geht. Und doch kann digitaler Protest, oder besser digitale Liebe, in Form von Kommentaren wichtig sein. Wichtiger als ich vielleicht bisher dachte.
Die Journalistin, Bloggerin und Aktivistin Kübra Gümüşay hat diese Woche auf der Republica einen sehr sehr wichtigen Vortrag gehalten. Sie hat dabei Tränen in den Augen gehabt, war immer wieder sekundenlang still und hatte eine zitternde Stimme.
Da stand eine Frau auf der Bühne, der es nicht egal sein kann, was da im Netz passiert, weil der Hass im Netz, von rechtspopulistischen Gruppen, der AFD oder einzelnen Personen, ein Hass ist, der sich nicht nur gegen sie ganz persönlich richtet, sondern ein Hass ist, der für sie real ist. Auch offline. Einer der nicht aufhört, wenn sie den Laptop zuklappt, sondern im Zweifel da draußen noch viel größer wird. Ein Hass, der ihre Daseinsberechtigung in Deutschland in Frage stellt. Ein Hass, der sie ausschließen will. Einer, der echt ist und sie immer begleitet. Hass der wütend macht und Angst macht und vielleicht sogar gefährlich werden kann. Der Hass bleibt, weil sie zeigt, welcher Religion sie angehört. Weil sie laut ist. Und weil sie ein Kopftuch trägt.
Wir sind „zu kritisch, zu meta, zu arrogant“
Kübra muss sich täglich damit beschäftigen, Leute auf Twitter zu muten, erzählt sie.
Hass im Netz ist organisiert. Über Foren, Blogs und andere Social-Media-Tools. Da organisieren sich zum Beispiel rechte oder antifeministische Gruppen und stürmen Kommentarspalten unter Artikeln, unterwandern Hashtag-Aktionen oder senden massenhaft E-Mails an Journalisten. Damit muss jetzt Schluss sein, findet Kübra. Der Hass muss der Liebe weichen. Organisierter Liebe.
Doch, wir sind „zu kritisch, zu meta, zu arrogant“, um diejenigen, die wir gut finden, so richtig zu feiern, meint sie. Und damit hat sie ein bisschen recht. Selten sagen wir, wenn wir jemanden richtig gut finden. Sie schlaue Dinge schreibt, er kluge Thesen hat, oder inspiriert.
Kübra sagt: „Wir können es uns nicht mehr leisten, leise zu sein. Wenn sich Menschen für ihre rassistischen Äußerungen nicht mehr schämen, sind wir mit unserer Empörung zu spät dran.“ So sehe ich das auch.
Wenn wir etwas gut finden, dann sollten wir das auch sagen. Deshalb lege ich euch Kübras Vortrag ans Herz. Und mir bleibt zu sagen: Bleib so mutig und bleib du selbst, Kübra.
Hier gibts den ganzen Vortrag
Noch mehr zu lesen von Kübra Gümüşay gibt es auch auf ihrem Blog Ein Fremdwörterbuch.
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