Das Messegeschäft ist traditionell eine Männerdomäne. Aber das hat Verena Malta nicht davon abgehalten, erfolgreich ihre eigene Mode-Messe hochzuziehen. Wir haben mit der Gründerin der ‚Show&Order’ gesprochen.
„Gründen? Dieser Gedanke hat schon immer in mir gekribbelt“
Die Sommerausgabe der Berliner Fashion Week steht in den Startlöchern und damit nicht nur zahlreiche Shows, sondern auch Modemessen, die für die Einkäufer der Anlaufpunkt sind, um die Läden neu zu bestücken. Wie schwierig es aber ist, in dieser Branche zu bestehen, das zeigte die Entwicklung der Fachmesse ‚Bread & Butter’ in den vergangenen Jahren.
Das könnte abschrecken – hat es Verena Malta aber nicht, die vor fünf Jahren die Show & Order gründete und sich damit auf dem Markt etabliert hat. Warum ihr Konzept aufgeht, welchen Rat sie anderen geben würde, die hier durchstarten wollen und warum die Selbstständigkeit für sie als Mutter Gold wert ist, hat sie uns erzählt.
Verena, dieses Jahr findet die Berliner Fashion Week wegen der EM eine Woche früher statt. Wie stressig ist es gerade bei euch?
„Nicht nur für uns als Messeveranstalter, sondern auch für die gesamte Fashion-Industrie ist der frühe Termin eine Herausforderung. Wir befinden uns gerade in der Peak-Phase, das Team arbeitet auf Hochtouren und die letzten Vorbereitungen laufen, da ist es natürlich stressiger als sonst, aber wir konnten uns mit dem frühen Termin arrangieren und mit einem eingespielten Team lässt sich auch das bewältigen.“
Wie kamst du eigentlich dazu, eine Messe hochzuziehen?
„Ich bin schon lange in der internationalen Modeszene unterwegs, kenne das Geschäft sehr gut und war unter anderem für ‚Hugo Boss’ , ‚Supreme Düsseldorf’ und ‚Bread & Butter’ tätig. Das Modebusiness ist komplex, wechselt immer sein Gesicht und fordert heraus. Auf der Suche nach einer Plattform, die neben coolen Labels auch eine entspannte Arbeitsatmosphäre bietet, wurde dann die Show & Order geboren.“
Die Show & Order im Januar 2016. Bild: Wüstenhagen.
War dieser Gründergeist schon immer etwas, das du in dir gespürt hast oder hättest du gelacht, wenn man dir vor einigen Jahren gesagt hätte, dass du sich selbstständig machen wirst?
„Gekribbelt hat es schon immer bei dem Gedanken sich selbstständig zu machen, somit wusste ich, dass ich eines Tages den Schritt gehen werde. Man weiß einfach, wenn es soweit ist und mit meiner Extraportion Fashion-Herzblut wurde es Zeit für das eigene Baby.“
Die Messe gibt es nun seit fünf Jahren und du hast dich erfolgreich auf dem Markt etabliert – dabei ist der Messestandort Berlin kein leichter, wie man an der Entwicklung der Bread&Butter sehen konnte. Warum setzt sich euer Konzept durch?
„‚Forever moving forward!’ Konstante Weiterentwicklung und Selbstreflexion sind wesentliche Bestandteile unserer Branche. Wir wollen jede Saison einen neuen Mehrwert für unsere Besucher schaffen, etwa in Form der ‚Show&Buy’-Area mit schnell am Markt agierenden Prontolabels (Marken, mit schnellen Lieferzeiten) oder dem Ausbau der Accessoire–Area, eine Konsequenz aus dem großen Bedarf von Händlern und Ausstellern. Es geht darum, sich nicht dem Stillstand hinzugeben oder sich auf Erfolgen auszuruhen, sondern sich immer wieder aufs Neue zu überlegen, welche Entwicklung nun notwendig ist. Und in diesem Jahr ist das eben die ‚Shopping Night by Show&Order’, zu der auch Endverbraucher kommen können.“
Wieso ist das jetzt der richtige Schritt?
„Es war strategisch gesehen einfach an der Zeit. Angesichts der Omnipräsenz der Blogger und der enormen Bedeutung der Social-Media-Kanäle bieten wir damit eine angemessene Marketingplattform, um den Austausch zwischen Label, Handel und Kunde zu fördern. Wir wollen die starren Grenzen zwischen diesen Bereichen öffnen. Andere Branchen haben das schon lange vor uns umgesetzt und so war es auch für uns in der Modeindustrie wichtig, hier einen neuen Ansatz zu finden.“
Was war nach dem Entschluss zu gründen eigentlich schwerer: eine Location zu finden, oder die ersten Labels dafür zu begeistern, mitzumachen?
„Ich kann sagen, neben Ausdauer, Glaube und Supportern aus der Branche, gehört vor allem auch etwas Glück dazu. Die Location war von Anfang an klar und das Kraftwerk auf der Köpenickerstrasse, in Berlin Kreuzberg, Liebe auf den ersten Blick. Unsere coolen und hochwertigen Labels stehen im enormen Gegensatz zu dem urbanen Stil der Lovation und füllen es mit Charme und Aura – das war von Anfang an eine glückliche Symbiose.“
Bild: Wüstenhagen.
Welchen Ratschlag hättest du gerne vor der Gründung schon gehabt?
„‚Wer sät, der wird auch ernten.’ Man muss konstant dabei bleiben, konsequent und unbeirrbar seinen Weg gehen, auch wenn unvorhergesehene Dinge passieren, dann wird es auch belohnt. Die Menschen um dich herum merken, wenn du konsistent bist und dir selbst treu bleibst.“
Wie sieht ein typischer Arbeitstag von dir aus?
„Er beginnt sehr früh, wenn meine kleine Tochter noch schläft und geht spannend, aufregend und emotionsgeladen weiter, sobald sie wach ist. Ein täglicher Spagat zwischen Meetings, TelCos, Kita und Daily Business.“
Wie wichtig sind in deinem Job eigentlich Improvisationstalent und Nervenstärke?
„Enorm wichtig ! Es geht täglich heiß her, ständig passiert Unvorhergesehenes und die Belastbarkeit wird täglich auf die Probe gestellt. Die Messelandschaft ist tough und verlangt viel ab. Da helfen aber ab und an zehn Minuten Auszeit oder auch Yoga (lacht) – zumindest wenn die Zeit dafür da ist.“
Du hast es ja schon erzählt, du bist Mama einer kleinen Tochter. Hilft dir die Selbstständigkeit dabei, Familie und Job unter einen Hut zu bekommen, oder ist es eher so, dass du dich ständig zwischen Kind und Business-Baby zerreißt?
„Die Selbstständigkeit ist ein Segen, wenn es darum geht Familie und Job unter einen Hut zu bringen. Jedoch klappt es nur mit ganz viel Disziplin am Arbeitsplatz, den Rückhalt der Familie und Spaß am Job.“
Berlin wird ja immer wieder abgesprochen, ein wichtiger Mode-Standort zu sein. Wie bewertest du das und was müsste sich tun, um die die Branche in der Hauptstadt noch mehr zu stärken?
„Berlin hat so viel Potenzial, hier findet die Industrie alles, was sie braucht — gekoppelt an unendlich viele internationale Eindrücke. Besonders wichtig ist der Zusammenhalt der Branche, der enge Dialog zwischen den Akteuren und eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Selbstinszenierung, um den Spannungsbogen aufrecht zu erhalten.“
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