Foto: Nico Wöhrle

Balbina: „Es ist nicht leicht, anders zu sein“

Balbina macht feinen, leicht sperrigen und allerseits gelobten Deutschpop. Ende des Monats erscheint ihr neues Album. Höchste Zeit, mit ihr zu sprechen.

 

Fast kein Geheimtipp mehr

Allerlei Hölzer kleiden den Raum aus, in dem sich eine puppenartig erscheinende Frau mit Haaren wie Lakritzschnüre langsam wiegt und dann gemeinsam mit dem Mobiliar zu tanzen beginnt. So sieht er aus, der Beginn des Videos zur neuen Single-Auskopplung „Langsam-Langsamer“ von Balbina.

Seit ihrer im letzten Sommer veröffentlichten EP hat sich die Sängerin zu einer Art Geheimtipp des Deutschpop entwickelt. Etwas, das sie selbst vollkommen überrumpelt und zugleich enorm berührt hat. Welche Gedanken sie bei den Aufnahmen zu „Über das Grübeln“ begleitet haben und warum sie eine Assoziation mit Dagobert Duck durchaus verstehen könnte, hat sie uns erzählt.

 

Wann hast du begonnen, Musik zu machen?

„Professionell mit etwa 17 Jahren, unprofessionell schon immer und ewig.“

Auf deinem neuen Album geht es um das Grübeln. Kann Grübelei produktiv sein oder beschreibt sie schon eine Gedankenschleife, in der man festhängt?

„Ich empfinde die Grübelei als eine Art Superlativ von Nachdenken. Wie alles im Leben hat sie ihre Vor- und Nachteile. Allerdings hat das Grübeln einen schlechten Ruf, weil es Nebenwirkungen wie Schlaflosigkeit oder das Reinsteigern in Negatives haben kann. Grübeln kann wundervoll sein, wenn man lernt, es richtig zu dosieren.

Bist du ein nachdenklicher Mensch?

„Ja. Eindeutig, ja.“

Die Produktion eines Albums, das stelle ich mir wahnsinnig schön und anstrengend vor. Wie sehr hast du in der Zeit der Aufnahmen gegrübelt?

„Ich habe im Vergleich zum ersten Album viel intensiver an der Musik zu meiner Textdichtung gearbeitet. Beim ersten Album habe ich meinen Gesang noch auf fertige Beats recorded. Als ich dieses Mal mit Nicolas Rebscher musikalisch richtig ins Detail gehen konnte, gab es auf einmal eine Welt an Möglichkeiten und Wegen, die man einschlagen konnte. Schon allein das bot unendliches Nachdenkpotenzial.“

Deine Songs heißen „Oropax”, „Goldfisch” oder „Wecker”, das klingt herrlich simpel und unprätentiös.

„Ich sage es mal so: in der Kürze liegt die Würze. Ich finde, die Kunst ist es, den Nagel auf den Kopf zu treffen.“

Dass du eigentlich Dichterin werden wolltest, merkt man deinen Liedern an. Beginnst du ein neues Lied also eher mit einem Satz oder inspiriert dich dann doch öfter eine Melodie?“

„Ich beginne immer mit der Textdichtung. Es ist niemals zuerst die Musik da – die Musik muss sich auch immer den Worten anpassen und sie einbetten. Das bedeutet aber nicht, dass sie zweitrangig ist, gar nicht! Sie erfüllt nur eine andere Rolle, nämlich die der Illustration der Texte.“

Gibt es ein Lied auf dem Album, dass dir besonders wichtig ist?

„Jedes einzelne Lied ist mir gleich wichtig. Sie ergeben in ihrer Reihenfolge auf der Platte den roten Faden. Sie können für sich allein stehen, aber gemeinsam zeichnen sie das Gefühl der Grübelei genauer.“

Im Sommer 2014 hast du bereits eine EP veröffentlicht, die viel Aufmerksamkeit bekommen hat. Kam das überraschend?

„Völlig überraschend. Ich mache so lange Musik und das Feedback, das dann kam, hat mich teils zu Tränen gerührt. Ich bin dankbar für dieses Glück.“

Ich fühle mich bei deinen Liedern etwas an Dagobert erinnert, dessen Lieder auch sehr erzählerisch sind. Kannst du die Assoziation nachvollziehen?

„Meinst du Dagobert Duck? Die Assoziation hätte ich sehr nachvollziehen können, weil meine Mutter mich nach einer Zeichentrickgans aus Polen benannt hat: „Gaska Balbinka“. Solltest du den Musiker meinen (lächelt), ich stelle ganz ganz selten Vergleiche zu anderen her, weil mich das limitiert. Aber ich werde trotzdem da reinhören, vielleicht hast du recht!“

Gibt es andere deutsche Künstler, die dich beeinflussen oder inspirieren?

„Es gibt Schriftsteller, Dichter, Personen des öffentlichen Lebens, die mir manches vorgelebt haben. Wie etwa Helmut Schmidt, Loriot oder Erich Kästner.“

Fühlst du dich in der derzeitigen Poplandschaft gut aufgehoben?

„Ich fühle mich mit dem, was ich tue, grundsätzlich nie fehl am Platz. Allerdings möchte ich anmerken, dass man es mit Andersartigkeit nicht immer leicht hat…“

Du hast nun auch gemeinsam mit zwei Freundinnen das Label „Das Ü“ gegründet. Welchen Stellenwert hat Mode in deinem Leben?

„Mode ist für mich zeitlich begrenzt, Mode sind Trends. Ich mag Kleidung als Kunstbegriff. Ich mag es, mit Formen und Farben Inhalte meiner Musik zu transportieren. Man könnte sagen: Kleider sind für mich essentieller Teil meiner Kunst. Das möchten Susann, Coco und ich auch bei ,Das Ü´ so übersetzen. Dinge machen, die schön sind. Heute, morgen und auch gestern. wenn uns das gelingen sollte.“

Welche drei Dinge sollte man unbedingt noch über Balbina wissen?

„Ich mag Papier. Schmetterlinge machen mir Angst. Ich möchte den Winter abschaffen – tut mir leid Winter, du machst mich träge!“

 

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Balbina – Langsam Langsamer (Offizielles Video), von Four Music

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