Warum es nicht schadet, sich öfters eine blutige Nase zu holen und wieso sich Frauen gegenseitig einfach mal in Ruhe lassen sollten: Hier sind noch mehr Tipps international erfolgreicher Frauen.
Die besten Tipps international erfolgreicher Frauen
Helene Endres von unserem Partner Manager Magazin hat internationale Führungsfrauen zum Karriere-Interview getroffen. Und zum Beispiel erfahren, dass nach einer Ausbildung in der Royal Navy keine Vorstandsetage mehr schockt und Shanghai cooler ist als das Silicon Valley, bei uns hier nachzulesen.
Die Gespräche fanden in den weichen Sesseln des Hotel Adlon in Berlin statt – hier trafen sich erfolgreiche Frauen aus der ganzen Welt zum Global Female Leaders Summit. Unsere kleine Serie geht nun weiter, mit Interviews mit drei weiteren spannenden Frauen.
Anka Wittenberg
52 Jahre, Senior Vice President und Chief Diversity & Inclusion Officer bei der SAP AG.
Anka Wittenberg ist außerdem Aufsichtsrätin bei der Westfalen AG und ehrenamtliche Vorstandsvorsitzende der World Childhood Foundation in Deutschland. Anka Wittenberg hat drei erwachsene Kinder.
Anka Wittenberg Senior Vice President und Chief Diversity & Inclusion Officer, SAP, Bild: SAP/Jan Kocovsk
Wie wurden Sie, wer Sie heute sind?
„Ich bin in einer großen Familie aufgewachsen, habe drei wunderbare Kinder großgezogen und sehr früh angefangen, viel Verantwortung zu übernehmen. Schon mit 21 Jahren habe ich mich selbstständig gemacht. Mein damaliger Mann, ein amerikanischer Profitrainer, und ich haben Jahre lang ein Tenniscamp in Norddeutschland geführt und damit die Idee der amerikanischen Sommercamps nach Europa gebracht.
Ich habe von Beginn an die Personalarbeit unserer Firma geleitet und eine große Begeisterung dafür entwickelt. Gleichzeitig habe ich Wirtschaftswissenschaften studiert und mich anschließend bei verschiedenen Unternehmen in Deutschland beworben. Und leider nur Absagen erhalten. Der Grund erschien mir eindeutig: Ich hatte während meines Studiums meine drei Kinder bekommen und obwohl ich nicht länger für mein Studium gebraucht hatte als meine Kommilitonen, war dies für deutsche Unternehmen damals ein Grund, mich nicht zu Bewerbungsgesprächen einzuladen. Dies hatte zur Folge, dass ich viele Jahre mit stetig steigender Verantwortung für amerikanische Konzerne gearbeitet habe, wie zum Beispiel GE, TRW oder Procter and Gamble.
Im Jahr 2011 bin ich zur SAP gegangen und war im darauffolgenden Jahr weltweit für 30.000 Mitarbeiter verantwortlich. Als dann im Konzern der Bereich Diversity frei wurde, habe ich mir gedacht: Du bist damals mit drei Kindern nicht in die deutsche Wirtschaft reingekommen, dass muss sich künftig ändern. Uns muss klar werden, dass man Karriere, Kinder und Familie verbinden kann. Dieses Entweder-oder-Schubladendenken in Deutschland funktioniert heutzutage nicht mehr.
Die Zahlen von Frauen in Führungspositionen sehen weiterhin in Deutschland nicht blendend aus – auch bei der SAP. Dies ärgert mich auch besonders aus ökonomischer Sicht, denn wie viel Geld steckt der Staat in die akademische Bildung von Frauen? Und dann schauen wir zu, wie dieses Potenzial einfach nicht genutzt wird. Wir müssen hier weiter umdenken und viel flexibler mit dem Thema umgehen! Aber auch als Gesellschaft dürfen wir Frauen nicht einfach als Rabenmütter abstempeln, wenn Sie sich für beides entscheiden – für eine Familie aber eben auch für eine anspruchsvolle Karriere. Ich habe meine beiden Töchter vor einiger Zeit gefragt, ob sie etwas in ihrer Kindheit vermisst hätten. Beide haben mir bestätigt, dass sie durch unser Netzwerk bestehend aus guten Freundinnen und Familie immer einen Ansprechpartner hatten und eben auch gelernt haben, schwierige Situationen zu meistern.“
Welche Entscheidung hat Ihre Karriere am meisten beeinflusst?
„Ich bin als 17-Jährige alleine in die USA gegangen: Die Erfahrung, als einzige Europäerin in einem ganz anderen Kulturkreis zu leben, hat mich sehr beeinflusst. Ich habe gelernt, wie es ist, außerhalb seiner eigenen Komfortzone zu leben – aber auch gleichzeitig damit klarzukommen.“
Was würden Sie rückblickend heute anders machen?
„Bei meinem Wechsel von GE zu Benteler und dann zur SAP habe ich realisiert, dass die Rolle der Personaler in Deutschland ganz anders ist. Hier in Deutschland war die Funktion mehr unterstützend, während in den USA das Personalwesen schon immer einen strategisch wichtigen Platz am Tisch eingenommen hat. Mit diesem Wechsel hätte ich vorsichtiger umgehen müssen. Ich habe mir oft eine blutige Nase geholt, bis ich verstanden habe, wie viel weniger Einfluss ich als Personalerin in Deutschland hatte. Dies hat sich in den vergangenen Jahren massiv verbessert.“
Haben Sie viele weibliche Kollegen?
„Im Personalbereich: Ja. Wir haben derzeit eine Quote von 56 Prozent bei der SAP. Weltweit haben wir zurzeit 23 Prozent aller Führungspositionen mit Frauen besetzt. Unser Ziel ist es, dass bis zum Jahr 2017 ein Viertel aller Führungskräfte weiblich sind.“
Wie kommen in Deutschland mehr Frauen in die Führung?
„Wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz zur Förderung der Frauen in Führung – eine Quotenzahl reicht nicht. Durch die Einführung wurde jedoch eine Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt, und das ist wichtig. Frauen müssen nachhaltig gefördert werden. Einen großen Wachstumsmarkt sehe ich in der Zusammenarbeit von Stiftungen, NGOs und der Corporate World. Das könnte die Stunde der Frauen werden: Vernetzen, die unterschiedlichen Sprachen sprechen, alle an einen Tisch bringen – darin sind wir einfach stark.“
Burcu Geris
37 Jahre alt, CFO und Vizepräsidentin der TAV Airport Holding, Istanbul
Burcu Geris, Bild: TAV Istanbul
Welche Entscheidung hat Ihre Karriere am stärksten beeinflusst?
„Eine große Entscheidung war es für mich, nach sechs Jahren bei Garanti, einer der größten Banken der Türkei, zu kündigen, ohne etwas Neues zu haben. Ich hatte dort das Gefühl, eine unter vielen zu sein. Ich fragte mich: Wo kannst du etwas bewegen? Hier nicht. Also kündigte ich. Das war natürlich ein Risiko. Aber zwei Monate später hatte ich das Angebot von TAV. Am Ende ist alles eine Kette von Zufällen. Ich glaube, man braucht wirklich Passion für seinen Job, muss ihn wirklich lieben, um erfolgreich darin zu sein. Er muss einem Befriedigung geben: Denn all diese langen Tage, all diese Schuldgefühle gegenüber der Familie – das funktioniert nicht, wenn du deinen Job nicht wirklich liebst. Wenn die Arbeit einen glücklich macht, kommt das auch der Familie zugute. Und selbst hat man auch nicht mehr das Gefühl, etwas zu verpassen oder seine Zeit zu verschwenden, weil einem der Job das Gefühl gibt: Es macht Sinn, was ich hier mache!“
Was würden Sie rückblickend anders machen?
„Rückblickend hätte ich gerne mehr Sprachen gelernt und würde auch gerne ein Instrument spielen – beides lässt sich als Kind so einfach lernen, heute ist es schier unmöglich. Ansonsten glaube ich, dass ich die richtigen Entscheidungen im richtigen Moment getroffen habe. Ich habe immer auf meinen Bauch gehört und meine Familie hat mich unterstützt, das zu tun, was ich möchte. Das hat mir viel Kraft gegeben. Ich bin damit aufgewachsen, dass meine Eltern wie Lehrer mir sagten: ,Burcu, du kannst werden, was immer du willst, solange du dich anstrengst.’ In diesem Glauben bin ich aufgewachsen, und das gibt mir heute noch Stärke und Selbstbewusstsein. Jetzt zurückschauend ist es natürlich einfach für mich zu sagen, dass meine Entscheidungen immer richtig waren – damals wusste ich das natürlich nicht, es hätte auch anders kommen können. Das Leben ist Trial and Error.“
Haben Sie viele weibliche Kollegen?
„Weibliche CFOs in der Türkei gibt es nicht übertrieben viele. Aber bei TAV sind wir einige weibliche Topmanagerinnen, wohl etwa zehn Prozent. Das entspricht ungefähr dem Schnitt – in der Türkei sind etwa neun Prozent der Vorstände und Aufsichtsräte weiblich. Es werden immer mehr, die Frauen in der Türkei sind sehr gut ausgebildet, viele konzentrieren sich dabei auf den Finanzbereich oder machen Karriere in einer Bank.“
Welche Rolle spielt weibliche Führung in der Türkei?
„In der Türkei wird über die Frauenquote diskutiert, aber wir haben keine – obwohl Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert sind. Es gibt aber die Aufforderung, mehr Frauen in Vorstände und Aufsichtsräte zu berufen. Ich selbst bin hin- und hergerissen. Einerseits glaube ich an das Leistungsprinzip, andererseits glaube ich, dass Frauen einen kleinen Schubs gebrauchen könnten, um nach oben zu kommen und sich dort dann zu entfalten. Ich selbst versuche, als Role Model sichtbar zu sein, ich spreche auf Konferenzen, gehe an Universitäten, stoße gerade Projekte mit den anderen Young Global Leaders an.
Was in der Türkei sehr ausgeprägt ist, und was ich für einen entscheidenden Punkt halte, sind Betreuungssysteme für Kinder: Seien es die Großeltern, Kita, eine Vollzeit-Nanny zuhause. Es ist völlig in Ordnung, die Kinder fremdbetreuen zu lassen, da gibt es keine gesellschaftlichen Vorbehalte. Es kostet auch wesentlich weniger als in Deutschland. So gut wie alle Topmanagerinnen, die ich kenne, haben eine Nanny zuhause, wir übrigens auch, anders geht das gar nicht. Hinzu kommt, dass mein Mann Banker ist, er reist wenig und ist somit öfter zuhause als ich und kümmert sich viel – das hilft mir natürlich auch sehr. Kindererziehung ist kein women-only-job, es ist eine gemeinsame Sache.“
Corinne Vigreux
50 Jahre, Französin, Gründerin und Managing Director von TomTom. Vigreux lebt in den Niederlanden und ist Mutter von zwei erwachsenen Söhnen.
Corinne Vigreux von TomTom, Niederlande, Bild. TomTom
Wie wurden Sie, wer Sie heute sind?
„Nach der französischen Business-School begann ich meine Karriere in der Computer-Spiele-Branche, arbeitete bei Psion, wo ich den Europavertrieb aufgebaut habe. Das war eine tolle Zeit, wo ich auch mein Selbstbewusstsein aufgebaut habe: Ende der Achtziger, ich bin viel gereist, auch in Osteuropa,bin auf den Geschmack von Abenteuer gekommen.
Ich hatte einen tollen Chef. So lange ich Umsatz gemacht habe, konnte ich tun, was ich wollte. Dann heiratete ich einen Holländer und lernte ein paar niederländische Programmierer kennen. Mein Mann sagte: Wieso hilfst du denen nicht? So stieg ich bei denen ein, entwickelte eine Marke, organisierte den Vertrieb. Wir waren lange eine kleine Firma – bis wir in den frühen 2000er-Jahren voll auf Navigationsgeräte setzten. Das war unser Durchbruch und TomTom wurde zur Weltmarke.“
Welche Entscheidung hat Ihre Karriere am meisten beeinflusst?
„Die Verantwortung und das Risiko auf mich zu nehmen und mich mit TomTom selbständig zu machen. Ich kam aus einer großen Organisation und dann waren wir ein Startup mit drei Leuten – kleiner geht’s kaum!“
Was würden Sie rückblickend anders machen?
„Nichts. Klar, es war eine Achterbahnfahrt, aber ich habe alles davon geliebt. Manche Dinge waren furchtbar, aber sie machen einen stärker für alles, was kommt. Zum Beispiel, als ich einmal im britischen Frühstücksfernsehen unser neues Programm für Smartphones vorstellen sollte – und der Moderator als erstes zu mir sagt: ,Ich habe es probiert, ihr Ding funktioniert nicht.’ Live! Um sieben in der Früh! Furchtbar!“
Haben Sie viele weibliche Kollegen?
„Nicht genug! Ich versuche, bei uns in der Firma den Frauenanteil zu erhöhen – aber in den Top-Executive-Positionen ist es schwer. Es sind zu wenige Frauen in der Pipeline. Bei den Einsteigern schaut es aber wesentlich besser aus.“
Wie kommen mehr Frauen in Führung?
„Wir Frauen würden uns alle einen großen Gefallen tun, wenn wir uns nicht ständig gegenseitig verurteilen würden. In Frankreich ist es normal, dass Frauen arbeiten. Das ganze System ist darauf ausgerichtet – die Schule geht bis 17 Uhr, die Kinder bekommen dort ein warmes Mittagessen.
In Holland ist es wie in Deutschland: Wenn du arbeitest, bist du eine schlechte Mutter. Du brauchst ein dickes Fell und musst dir deiner wirklich sicher sein, das dann trotzdem so durchzuziehen. Den Müttern werden Schuldgefühle gemacht. Ich habe das selbst erfahren – wenn die Leute dich komisch anschauen, wenn du deine Kinder zu Schule bringst zum Beispiel. Ich finde, Frauen sollten einander in Ruhe lassen – die Männer machen das doch auch. Wenn du arbeiten willst, fein, wenn nicht, auch recht.“
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