Foto: Christine Neder | Lilies Dairy

Christine Neder: „Keine Zeit zu reisen? Gibt´s nicht!“

Christine Neder ist der Kopf hinter Lilies Dairy. Ein Blog, der von ihren Reisen rund um die Welt erzählt und zeitgleich essentiell für ihren Beruf ist.

 

Zwischen Fern- und Heimweh

Irgendwie immer auf dem Sprung. Christine Neder ist Bloggerin, Autorin, Beraterin für Social Media – und vieles mehr. Vor allem aber ist sie eine Reisende, die ihre Erfahrungen, Bilder und Geschichten auf ihrem Blog Lilies Dairy mit ihren Lesern und potenziellen Arbeitgebern teilt. Wie sich Beruf und der Blog ineinanderfügen, welcher Moment ihren Blick auf das Leben grundlegend verändert hat und warum mangelnde Zeit oder ein leerer Geldbeutel keine Ausreden für nicht angetretene Reisen sind, erzählt sie uns im Interview.

Christine, du betreibst Lilies Diary. Hauptberuflich bist du jedoch anderweitig tätig. Lässt sich dein Blog mit deinem Job verknüpfen?

„Na ja, eigentlich geht das alles fließend ineinander über. Mein Blog ist wie eine digitale Visitenkarte. Kunden sehen dort wie ich schreibe, wie meine Videos aussehen oder wie ich vor der Kamera wirke und so kommen all die Jobs zustande, die ich neben dem Blog noch mache: Ich schreibe für Magazine, bin Autorin von zwei Büchern, drehe und schneide Videos, berate Firmen im Bereich Social Media und bin als Moderatorin sowie Schauspielerin unterwegs. Also würde ich schon sagen, dass Lilies Diary mein Hauptberuf ist, weil viele Kooperationen auch damit einhergehen, dass ich auf Lilies Diary darüber schreibe. Im Grunde teste und übe ich alles auf meinem eigenen Blog um es dann, wenn es perfekt ist, Kunden anzubieten.“

Eigentlich bist du ausgebildete Modedesignerin, hast aber umgesattelt, weil du dich selbst als talentbefreit bezeichnest. Warum hast du die Ausbildung trotzdem durchgezogen?

„Also talentfrei, was das Nähen betrifft. Ideen hatte ich immer massenweise. Während des Studiums habe ich vieles gelernt, was mir heute hilft. Ich habe an der FH in Bielefeld gemeinsam mit Grafikern und Fotografen studiert. Da ich noch im Diplomstudiengang war, hatte ich viele Freiheiten und konnte zusätzliche Foto-, Video- und Grafikkurse belegen, die mir jetzt sehr helfen. Außerdem habe ich in der Zeit viel fürs Leben gelernt. Wenn man etwas Kreatives studiert, gibt es kein falsch und richtig. Es gibt nur den einen Professor in einem bestimmten Kurs, dem gefallen muss, was du machst. Man lernt, den Geschmack von anderen einzuschätzen und umzusetzen, aber auch sich selbst treu zu bleiben. Es ist ein Studium, in dem man vielleicht öfters als bei BWL und Jura gefragt wird: Wie sehe ich das? Was ist meine Meinung? Wer bin ich? Was will ich?“

 

Was findest du auf deinen Reisen, das du nicht vor deiner Haustür finden kannst?

„Ich finde das Leben. In Berlin bewege ich mich schon in meinem eigenen, kleinen Mikrokosmos, obwohl die Stadt so groß ist. Zwischen Friedrichshain, Kreuzberg und Prenzlauer Berg komme ich da nicht weit raus. Auf Reisen finde ich Momente an die ich mich noch mein ganzes Leben erinnern werde. Ob das eine Nacht in der Karibik auf dem Boden bei einer Einheimischen ist oder in einer Luxussuite mit eigenem Infinitypool. Ich liebe diese unterschiedlichen Erfahrungen, Menschen und ihre Geschichten. Ich bin außerdem ein absoluter Workaholic. Auch wenn es vielleicht auf meinem Blog und Social Media-Kanälen so aussieht, als würde ich nur Urlaub machen, so ist es leider nicht. Die meisten Reisen sind beruflich, beispielsweise um Imagefilme zu drehen. Wenn ich in Berlin bin, arbeite ich jeden Tag etwa 14 Stunden. So richtig abschalten kann ich nur auf Reisen, weil ich da meine ganze Aufmerksamkeit dem Land und den Leuten schenke.“

Gibt es diese eine prägende Erfahrung, an die du dich immer erinnerst wirst?

„Es sind viele Momente, die ich nie vergessen werde: Mein Fallschirmsprung in Neuseeland oder schnorcheln mit acht Meter langen Walhaien. Aber es gibt etwas, an das ich jeden Tag denke, und das ist ein eigentlich recht unspektakulär Tag. Auch ein bisschen traurig. Aber es war der Moment, in dem irgendwas in meinem Hirn klick gemacht hat und ich verstanden habe, auf was es im Leben wirklich ankommt. Als meine Mutter einen Schlaganfall hatte, da wurde mir so klar, dass alles, wirklich alles so scheißegal ist, ob Fallschirmsprünge oder Walhaie, wenn man selber und die Menschen, die man liebt, nicht gesund sind. Diese schönen Reisemomente sind nur das i-Tüpfchen auf allem.“

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Welche Destinationen landen auf deiner Top 3-Liste?

„Ich liebe die Natur. Wenn ich Eis sehe, dann kommen mir die Tränen, weil es so wunderschön ist, in welch unterschiedlichen Blautönen es schimmert. Deswegen kommen auf die Liste auch die drei Länder, in denen ich Eis gesehen habe: Island, Chile und Neuseeland. Wobei mich Chile am meisten begeistert hat, weil ich in den zehn Tagen in der Wüste und im Eis war.“

Hast du schon mal ans Auswandern gedacht?

„Nein. Ich liebe meine Freunde und ich liebe meine Familie. Ich möchte von ihnen nicht für längere Zeit 1.000 km entfernt sein. Ich liebe auch Deutschland. Erst wenn man oft genug weit weg war, schätzt man die langweiligen Dinge, die man hier hat und einem so viel Sicherheit geben, wie eine Krankenversicherung. Dass da einfach jemand kommt, wenn du vom Auto angefahren wirst. Das ist nicht überall selbstverständlich.“

Wir reisen alle gerne. Die meisten argumentieren jedoch mit zu wenig Zeit, zu viel Arbeit und einem schmalen Budget.

„Zeit kann man sich immer nehmen, das ist keine Ausrede. Beim Geld muss man eben Prioritäten setzen: Entweder jeden Monat einen teuren Pulli oder einmal im Jahr eine schöne Reise. Ich habe über das Thema einen Post geschrieben und letzte Woche eine passende Facebook-Gruppe dazu gegründet, wie man Geld für Reisen spart. Natürlich will ich die Leser auf meinem Blog virtuell mitnehmen. Aber noch toller wäre es, wenn sie auch das erleben, was ich erlebt habe. Deswegen möchte ich ihnen helfen, Geld zu sparen und günstige Reisewege zu finden.“

Was ist eigentlich schlimmer: Fern- oder Heimweh?

„Beides. Es ist ein Teufelskreis. Ich leider immer an einem von beiden.“

Und wo geht’s für dich als nächstes hin?

„Juist. Meine Lieblingsinsel in Deutschland. Dort sperre ich mich immer in ein Häuschen hinter dem Deich ein und schreibe an meinem nächsten Buch. Ein Roman.“

Artikelbilder: Christine Neder | Lilies Diary

 

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