Das Quotengesetz verpflichtet mehrere tausend Unternehmen in Deutschland dazu, sich selbst Ziele für mehr Managerinnen zu setzen. Eine neue Kienbaum-Studie, die EDITION F exklusiv vorliegt, hat untersucht, was die Unternehmen planen.
Was das Gesetz vorsieht
Noch immer sind auf den Führungsebenen von den meisten
Unternehmen nur wenige Frauen zu finden – dass Diversity und die Debatte über
die Wichtigkeit weiblicher Perspektiven für den Unternehmenserfolg auf keiner
Wirtschaftskonferenz fehlt, hat daran wenig geändert. Die Bundesregierung hat
darauf mit dem Quotengesetz reagiert, das am 1. Januar 2016 in Kraft getreten
ist. Es sieht vor, dass etwa 100 sehr große Unternehmen neu besetzte
Aufsichtsratposten zu mindestens 30 Prozent mit Frauen besetzen müssen, weitere
3.500 Unternehmen wurden gesetzlich verpflichtet, sich eigene Zielgrößen für
die Erhöhung des Frauenanteils in
Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Management-Ebenen festzulegen, über die
sich öffentlich berichten müssen.
Eine heute veröffentlichte Studie von Kienbaum, die EDITION
F exklusiv vorliegt, hat untersucht, ob die Unternehmen sich aktiv darum
kümmern, mehr Frauen in Management-Positionen zu bringen. Laut Befragung des Beratungsunternehmens haben drei von
vier Unternehmen diese Ziele im Vorstand bereits formuliert, die restlichen
Unternehmen befanden sich im Befragungszeitraum Oktober 2015 jedoch noch in der
Planung ihrer individuellen Zielgrößen. Genau das muss jedoch überraschen, denn
das neue Gesetz hat die Unternehmen dazu aufgefordert, ihre erste
Zielgrößen-Planung bis September 2015 vorzulegen. Die Unternehmen haben sich
zwar bewegt, jedoch deutlich zu langsam.
Was planen die Unternehmen
Kienbaum hat in insgesamt 88 Unternehmen nachgefragt, wie
die Zielgrößen konkret aussehen. Für den Aufsichtsrat liegen die Ziele im
Schnitt bei einem Frauenanteil von 24 Prozent, was zwei Prozentpunkte über dem
aktuellen Stand liegt. Auf Vorstandsebene wollen die Unternehmen zwölf Prozent
der Sitze mit Managerinnen besetzen – damit müssten sie den derzeitigen
Frauenanteil von 6,5 Prozent nahezu verdoppeln. Auf erster und zweiter
Führungsebene streben die Unternehmen eine Quote von 19 beziehungsweise 24
Prozent an, aktuell sind liegen die Frauenanteile hier bei 15 beziehungsweise
19 Prozent.
Die gesetzlichen Regelungen, um aus eigenem Antrieb mehr
Frauen in Führung zu bringen, sind vergleichsweise locker gefasst. Das „Gesetz
zur gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in
der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ sieht vor, dass die
Unternehmen den Frauenanteil, den sie erreichen wollen, am Status Quo ihrer
Firma ausrichten. Das heißt, ein Unternehmen, dass aktuell einen Frauenanteil
von 12 Prozent im oberen Management hat, könnte sich ein Ziel von 18 Prozent im
Juni 2017 setze. Das ist der späteste
Zeitpunkt, den Unternehmen für ihr erstes Ziel setzen dürfen. Die Zielgröße
muss immer über dem Status Quo liegen. Hat ein Unternehmen jedoch bereits 30
Prozent Managerinnen auf einer Führungsebene erreicht, darf es sogar unter
diesen Wert zurückfallen. Ein Punkt im Gesetz, der absolut stutzig macht, sind doch 30 Prozent nach wie vor weit von einer gleichberechtigten Teilhabe
entfernt. Warum sollten Unternehmen, bei denen bereits viele Frauen in Top-Positionen sind, dieses Ziel auf einmal wieder nachlässiger behandeln dürfen?
Wie erreichen die Unternehmen ihre Ziele?
Anne von Fallois, Co-Leiterin des Kienbaum Female Desks,
erklärte gegenüber der Presse, es werde „spannend sein zu beobachten, welche
Maßnahmen die Unternehmen nun ergreifen, um die gesteckten Ziele nachhaltig zu
erreichen“. Welche das in den einzelnen Unternehmen und in Bezug auf die Führungsebene
sind, variierte in der Befragung stark. Für die Vorstandsebene halten die
meisten Unternehmen die Einbindung von Personalberatern für das Mittel der
Wahl. Monika Berane, Partnerin bei Kienbaum und auf die Besetzung von
Managementposten spezialisiert, sieht diese Maßnahme als logische Antwort auf
ein bestehendes Problem: Gerade auf den obersten Ebenen verliefe die
Kandidatenwahl sehr häufig über persönliche Netzwerke, „Personalberatung kann
den Kandidatinnenkreis erweitern“. Nachhaltig wird es jedoch wohl nur sein,
wenn die männlichen Netzwerke beginnen sich zu diversifizieren, so dass
geeignete Managerinnen auf verschiedenen Wegen in Vorstände und Aufsichtsräte
aufrücken können. Wenn für jede neue Vorständin eine Personalberatung beauftragt werden müsste, hätte die Quote auf jeden Fall ein Ziel verfehlt: Unternehmenskultur zu verändern.
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