Foto: Elena Getzieh

Kathrin: „Freiheit im Job ist ein Privileg“

Musswessels ist das Label von Kathrin. Wir haben mit ihr über Produktionsbedingungen, den Weg in die Selbstständigkeit und ihre Wünsche gesprochen.

 

Mode mit System

In Hamburg, mitten in St. Pauli, findet sich ein mit cremefarbenen Kacheln verkleideter Bau, in dessen Inneren die Mode von Kathrin Musswessels zuhause ist. Feminine Kleider mit minimalistischer Formsprache, welche die Designerin in Berlin produzieren lässt. Uns hat sie erzählt, warum sie als kleines Label den hochpreisigen Produktionsort Deutschland gewählt hat, warum sie ihre Mode nicht auf der Berliner Fashion Week zeigen will und wie wichtig es war, vor der Selbstständigkeit in andere Betriebe reinzuschauen.

Kathrin, was macht die Mode von Musswessels aus?

„Sie ist elegant und nimmt sich eher zurück, obwohl sie hier und da auch mal laut sein kann, wenn es um Details oder Farbkombinationen geht. Ich habe eine Liebe zum Geradlinigen und Bodenständigen und versuche meine Kleidung trotzdem weiblich zu gestalten. Ich mag es sehr, wenn Frauen im wahrsten Sinne des Wortes gut angezogen sind. Das versuche ich durch Materialauswahl und Linienführung umzusetzen.

Du lässt deine Mode in Deutschland und im speziellen in Berlin produzieren. Viele Labels argumentieren mit einer Produktion im Ausland, da alles andere nicht wirtschaftlich wäre. Wie machst du das?

„Die Produktionskosten sind natürlich höher und es ist in der Tat nicht so einfach, aber der Vorteil liegt neben der Stärkung der lokalen Betriebe auch in der besseren Kommunikation und kürzeren Transportwegen.“

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Wenn du eine neue Kollektion planst, wie gehst du da ran? Zeichnest du erst oder sind die Stoffe wichtiger?

„Ich zeichne gerne und viel. Außerdem mache ich permanent Fotos mit meinem Smartphone mit Vorliebe von Menschen auf der Straße oder von Häuserfronten. Die Stoffe kommen häufig erst später dazu.“

Übrigens ist Musswessels ein herrlicher (Label-)Name. Aber wie kommen ausländische Kunden damit zurecht?

„Das freut mich zu hören, besonders weil mein Nachname in meiner Kindheit häufig ein Grund zum Schmunzeln war. Seid er in großen Lettern über meinem Laden prangt, bin ich stolz so zu heißen und es war ein gute Entscheidung, auch das Label so zu nennen. Wenn vor allem skandinavische Kundinnen den Namen wie selbstverständlich Englisch aussprechen, klingt das wie Musik in meinen Ohren.“

Bevor du 2010 dein eigenes Label gegründet hast, hast du für andere Marken gearbeitet. Wie wichtig waren diese Erfahrungen, um den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen?

„Unabdingbar. Ich wollte schon immer meine eigene Kleidung herstellen, sah aber während des Studiums immer wieder kleine Labels scheitern und entschied daher, vorerst Erfahrungen zu sammeln, wie es andere schaffen, am Markt zu bleiben. Die Festanstellung bei einem größeren industriellen Label hat mir gezeigt, auf welche Details zu achten ist, damit Kleidung für viele Kundinnen tauglich ist. Das waren aus meiner Sicht damals häufig radikale Entscheidungen, da ich als frisch gebackene Designerin, wie ich feststellen sollte, eher eigenwillige Ideen hatte. Auch der Designprozess war überraschend kurz und Produktionsabläufe sehr bestimmend.“

Eine Station war Herr von Eden, das für zeitlose Anzugklassiker steht – aber auch wegen seiner Insolvenz in der Presse war. Modedesign ist ein hartes Pflaster. Macht dir das manchmal Sorgen?

„Ja natürlich, aber ich versuche es zu genießen, so frei meiner Arbeit nachgehen zu dürfen. Das empfinde ich als Privileg. Bei Herr von Eden erkannte ich, wie wichtig Pressearbeit ist. Außerdem seine Kundschaft gut zu kennen. Ich bin sicher, ohne diese Erfahrungen wäre es nicht gegangen.“

Um ein Label zu gründen, muss man ja nicht allein das Schneiderhandwerk beherrschen, sondern sich auch auf der Business-Seite auskennen. Hattest du das zuvor schon drauf?

„Schnitte zu machen ist meine persönliche Leidenschaft und wenn es nach mir ginge, würde ich das den ganz Tag machen, immer auf der Suche nach der perfekten Form. Ich glaube, dass sich das Kaufmännische und Kreative im Menschen selten vereint. Ich habe mir deswegen einige Regeln antrainiert, damit nicht alles nach dem Prinzip Trial and Error funktioniert.“

Du lebst und arbeitest in Hamburg. Wie schaust du auf die „deutsche Modemetropole Berlin“ – insbesondere in Hinblick auf die Fashion Week. Kann die Stadt mit London und Paris mithalten?

„Ich habe noch vor drei Jahren überlegt, meine Kollektion dort zu zeigen, aber in letzter Zeit hat es mich immer weniger interessiert und ich bin mir unsicher, ob Berlin der richtige Ort dafür wäre. Ich weiss nicht, ob Modenschauen auf diese Art effizient sind.“

Dein Label gibt es jetzt rund fünf Jahre. Hast du etwas zum Jubiläum geplant?

„Nein noch nicht. Ich habe gerade das Gefühl, mich konzentrieren zu müssen, da ich zu meiner Arbeit für das Label auch noch angefangen habe, an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Modedesign zu unterrichten.“

Wo wird Musswessels in fünf weiteren Jahren stehen?

„Ich wünsche mir, dass Musswessels in noch mehr Läden im In- und Ausland hängen wird und ich das Atelier mit einem wachsenden Team und besseren Honoraren erweitern kann, auch wenn ich jetzt schon sehr dankbar für die tollen Menschen bin, die um mich herum ständig so gute Arbeit leisten!“

Artikelbilder: Elena Getzieh

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