Foto: Eberhard Schorr

Mahlzeit mit Pamela Dorsch: „Hunger macht mir schlechte Laune“

Auf ihre Mittagspause würde Pamela Dorsch vom Slow Food Convivium Berlin niemals verzichten. Ein Gespräch übers Sattwerden und Genießen.

 

Marmelade, die so schmeckt wie von der Großmutter gekocht, handgemachter Käse aus der Milch glücklicher Bergziegen oder Suppe aus saisonalem Biogemüse ohne Zusatzstoffe – Slow Food, das sind Lebensmittel, die gut, nachhaltig und fair sind. Dass das immer mehr Genießer wissen, dafür ist auch Pamela Dorsch verantwortlich. Seit 2010 leitet sie ehrenamtlich das Slow Food Convivium Berlin, außerdem berät sie Unternehmen in Ernährungsfragen, gibt Seminare und moderiert. Pamela Dorsch liebt es, bewusst zu essen, am liebsten Süßes. Genau das machte ihr zu schaffen, als sie vor 22 Jahren von Süddeutschland nach Berlin zog: Die Streuselschnecken, die mehr aus Zuckerguss als aus Teig bestehen, genügten ihrem feinen Gaumen einfach nicht. Also machte sie sich auf die Suche nach Geheimtipps, nach Produzenten besonderer Naschereien und fand sie. Kein Wunder, dass ihr erstes großes Projekt für Slow Food in der Kreuzberger Markthalle Neun der Naschmarkt war, der mittlerweile viermal im Jahr stattfindet. Heute ist sie bei der Markthalle Neun angestellt, arbeitet dort vier Tage die Woche im Veranstaltungsmanagement und organisiert neben den Themenmärkten – abgesehen von Street Food Thursday und Breakfast Market – allerhand weitere kulinarische Events. Wo man sie in der Mittagspause meistens antrifft? Natürlich in der Markthalle Neun.

Wir sitzen hier gerade bei Variationen von Erdbeeren, Roter Beete und Fenchel, dem heutigen vegetarische Tagesgericht der Kantine Neun. Ist das ein typischen Mittagessen für Sie?

„Ich lebe seit zweieinhalb Jahren vegetarisch, von daher schon. Viele Leute nehmen ja mittags eher einen Imbiss zu sich und essen erst abends richtig. Das tut mir nicht gut, habe ich gemerkt. Deshalb schaue ich, dass ich mittags etwas Warmes in den Bauch bekomme. Wenn ich hier bin, nutze ich die Kantine viel, weil es das Einfachste ist, sich jeden Tag das Angebot ändert und es dem Anspruch entspricht, den ich nach Slow Food an mein alltägliches Essen habe: Gekocht wird überwiegend mit Produkten von regionalen Bauern und ich kann bei jeder Sache fragen, wo sie herkommt.“

Hier haben Sie wahrscheinlich auch als Vegetarierin keine Probleme…

„Die Auswahl ist sehr groß, nicht wie bei vielen anderen Orten, wo es halt den Salat gibt oder einen Gemüsegratin. Hier kann ich mich zwischen vegan und vegetarisch entscheiden und einen Salat und eine Suppe gibt es auch noch. Und wenn freitags und donnerstags Markttag ist, habe ich sogar noch mehr Auswahl. Manchmal wenn ich abends eingeladen bin, reicht mir auch ein kleiner Mittagsimbiss und ich esse nur eine Suppe oder einen kleinen Salat. Angesichts meiner Naschsucht gibt es dann auch mal einen Kuchen zum Mittagessen.“

Aber ganz ausfallen lassen würden Sie die Mittagspause nicht?

„Auf keinen Fall. Ich kriege unerträglich schlechte Laune, wenn ich hungrig bin und nichts esse. Ich komme morgens mit einem guten Frühstück. Die meisten Leute in meinem Umfeld verstehen das nicht, aber ich liebe warmen Porridge mit frischen Früchten. Damit schaffe ich es ohne schlechte Laune auch mal bis drei Uhr, aber dann wird es grenzwertig. Ich kann richtig aggressiv werden und merke gar nicht, dass es vor Hunger ist.“

Und mal eben was auf die Hand?

„Das kann ich auch gleich bleiben lassen. Das nehme ich nicht richtig wahr und ich werde nicht satt davon. Damit kann ich dann wirklich nur diesen Hunger betäuben, der mir schlechte Laune macht, mehr nicht. Ich brauche einfach ein wenig Zeit, ich will hingucken, hinschmecken, daran riechen und nicht nur reinspachteln, satt werden, weiter arbeiten.“

Es ist eine Kunst beim Mittagessen satt zu werden, aber sich nicht zu überessen. Wie schaffen Sie das?

„Das habe ich gelernt. Ich war früher eine Esserin, die gerne einen Nachschlag genommen hat, wenn es gut schmeckte, und dann hinterher gemerkt hat, dass die Idee gar nicht gut war. Alter macht manchmal auch ein bisschen schlauer. Ich finde, es macht einen Riesenunterschied, ob man vegetarisch oder vegan isst. Das bringt einen nie so ins Koma wie ein Essen mit Fleisch. Und wenn es doch reichlich war, dann gehe ich einmal um den Block. Bewegung bringt einen immer schnell raus. Oder ich suche mir einen Ort, wo ich kurz vor mich hin meditiere. Mir hilft es, wenn ich einfach mal fünf Minuten die Augen zumachen und dösen darf.“

Achten Sie denn immer darauf, dass Ihr Mittagessen den Kriterien von Slow Food entspricht?

„Na ja, ich prüfe jetzt nicht immer alles nach, aber wenn man einmal damit angefangen hat, bewusster zu essen, kann man schlecht wieder damit aufhören. Ich glaube, ich weiß in jedem Bezirk mindesten einen Ort, an dem ich essen kann, ohne enttäuscht zu werden. Lieber fahre ich noch drei Stationen mit der U-Bahn, als mich auf schlechtes Essen einzulassen. Da bin ich wahrscheinlich für meinen Bekanntenkreis anstrengender geworden im Laufe der Jahre. Deswegen wird man dann ja Slow-Food-Mitglied und sucht sich andere, die genauso ticken.“

Vergangene Woche hat uns Magdalena Ulrich von Cookionista von ihrer Mittagspause erzählt.

 

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