Das Heldenhafte liegt oftmals in genau dem, was das bloße Auge erst nicht erkennen kann – Ein Brief an eine Geliebte
Sometimes you have to be your own hero. Und das warst du sicherlich schon
seit sehr langer Zeit. Du fragst dich sicherlich, was ich noch von dir will? Erst
sage ich, ich will keine Beziehung bis nach Berlin, dann treffen wir uns, ich
schlafen bei dir, wir verbringen einen sehr intensiven, wunderschönen Abend
miteinander. Am nächsten Tag wirkst du sehr abweisend und seit dem versuche ich zu verstehen, was ich will, was ich von dir will. Ich weiß es jetzt. Ich will
einfach verstehen, was mich zu dir zieht. Und eins weiß ich ebenso, ich möchte
dich wiedersehen.
Du fragtest,
was ich denn mit dem Abstand herausfinden will. Tja ich laberte rum, wie ich
das so oft tue, wenn ich selbst noch nicht weiß, was ich fühle bzw. fühlen will
oder was ich will. Und so auch da. Und nun weiß ich es langsam, ich wollte
genau das verstehen, was ich so an dir mag, warum du mir so viel bedeutest,
obwohl ich dich kaum kenne! Wie naiv? Wie dumm? Wie kurzgedacht? Oder
vielleicht einfach: wie ehrlich. Was bedeutet schon Zeit? Denn du scheinst ein
Mensch zu sein, den man niemals komplett kennen kann, eine tolle Frau, die noch sehr stark auf der Suche nach sich selbst ist, ein Mensch, der schon so krassen Scheiß erlebt hat und trotzdem so unberührt und rein aussehen kann. Vor allem, wenn du schläfst. Vielleicht brichst du jetzt ab zu lesen, weil du denkst, ich bilde mir ein, dich zu kennen, obwohl ich eben noch etwas anderes gesagt habe.
Nein, das tue ich nicht, du bist so facettenreich, dass ich glaube, es würde
viel mehr brauchen als das Leben, um alles von dir kennenzulernen. Und auch
wenn die Zeit reichen würde, so würdest du sicherlich niemals jemandem alles
zeigen wollen. So wie ich. So wie ich das tue. Es mag sein, es scheint, als
würden andere mich kennen. Doch ich bin die einzige Person, die mich komplett kennt. Und sogar da gibt es Dinge, die ich noch nicht von mir verstehen kann. Manches braucht seine Zeit, so ist das wohl einfach. Leben, um weiter zu leben und um irgendwann irgendwo anzukommen, wo man sich wohl fühlt und man selbst sein kann.
Also, warum
lass ich dich nicht einfach in Ruhe, wenn du mich ignorierst und nicht
reagierst und eine Freundin hast und ich keinen „Zugriff“ mehr habe? Die Sache
ist, nach dieser Mail lasse ich dich. Aber ich möchte dir noch ein paar Dinge
vorher sagen, die mir auf dem Herzen liegen. Meine Freunde, mein bester Freund, sagen/ sagte mir, ich solle die Finger von dir lassen, ich solle auf mein Herz aufpassen, ich solle dich einfach vergessen. Die sagen das so, als wäre das
Herz der Kopf und der würde einfach darauf hören, was das Beste ist. Doch das Beste ist, so seh ich das, nicht, es einfach zu verbannen, was ich fühlte, wenn ich
an dich denke oder wie sehr du mich inspiriert hast und es immer noch tust! Das Beste ist das, was sich richtig anfühlt. Vielleicht unbeständiger, vielleicht
schwankender, aber doch realer als das, was der Kopf abspult, die anderen
sagen. Darum schreibe ich dir diesen Brief obwohl ich es eigentlich lassen
sollte; weil es mir wichtig erscheint, dir noch ein paar Dinge zu sagen. Und
ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass ich dies tue! So.
Du
inspiriertest mich seit ich dich das erste Mal gesehen hatte, doch zu dieser
Zeit war ich noch mit meiner Ex zusammen. Ich hab dieses Gefühl des inspiriert
seins jedoch nicht ernst genommen. Dann schrieben wir bei FB und du zeigtest
etwas mehr von dir, ein kleines bisschen. Schon bis dahin gefiel mir das, was
du musikalisches so postest. Dann trafen wir uns am Main, Christin* redete
schon damals, dass du auf mich stehen würdest, ich sagte immer, sie solle
aufhören, sowas zu erzählen. Und nach wie vor weiß ich auch nicht, wie viel ich
für dich war. Doch mein Herz sagt, es war nicht irgendwas für dich. Am Tag nach der Nacht fingst du an, mich abzuwehren, doch ich konnte es dir nicht einmal verübeln. Vielleicht war es zu schnell too deep. Oder es war zu viel oder
beides oder etwas ganz anderes? Das einzige, dessen ich mir sicher bin (nach
wie vor) ist, dass da etwas zwischen uns lag und was du auch gespürt hast. Ich
habe etwas in deinen Augen gesehen, was mich noch immer nervös macht, wenn ich daran denke. Und ich habe mir trotzdem bis vor kurzem ständig gesagt, dass das Ganze einfach eine coole Sache is, ich cool bin und mich davon nicht aus dem Konzept bringen lasse. Eine Freundin meinte, sie habe Angst, dass ich mich durch dich verändere. Doch weißt du was? Ich kam nur näher zu mir durch dich.
Die Musik, die ich durch dich kennenlernte gibt mir so viel, dass ich immer
wieder selbst davon erstaunt bin. Und ich merkte, dass ich zwar ein Macker sein
kann aber eigentlich, ganz ehrlich, es niemand verdient hat, die Nummer zwei zu sein. Es ist so wahnsinnig krass (positiv!!), wie sehr du das Leben genießt und
lebst und sicherlich auch liebst. Und ich wollte niemals etwas daran ändern,
niemals etwas an dir verändern.
Mein Text,
den ich dir bei dir zum Lesen gab, ist fertig; am letzten Dienstag war ich auf einem Poetry-Slam und habe ihn vorgetragen. Ich war die einzige Person und ansonsten nur noch sieben Männer…. Kam leider nicht weiter, ich hatte doch tatsächlich den krassesten Text von allen, so vom „Dunkelfaktor“. Er heißt „Kaputt“ und ich sagte so bei der Einleitung: „Ja, leider is meine Stimme etwas angeschlagen und meine Hose ist Kaputt, genauso, wie mein Text heißt, alles etwas kaputt.“ Lachen und dann „Ne, war nur ein Scherz“. Wenn du den Text lesen willst, dann sag es mir, ich würd ihn dir schicken.
Was sind Freunde? Ich bin sehr froh, dass ich mich nicht von Christins Gerede habe beeinflussen lassen, denn auch wenn deine Ausrede sehr mies war, es war ehrlich von dir! Und Ehrlichkeit ist etwas, was nur mutige Menschen wirklich drauf haben. Der Rest hat einfach keinen Arsch in der Hose. Wenn man so weit von zu Hause weg is wie ich momentan, kommt man schnell ins Nachdenken und an eigene Grenzen. Besonders, weil nicht einfach die Freunde da sind, mit denen man sich treffen würde, reden, trinken, feiern oder sonst was machen würde. Da sind tausend spannende Menschen, nur (fast) keine wahren Freunde. Aber eigentlich macht der Abstand zu allem nichts, denn es gibt immer jemand, der hier oben ist. Und auch, wenn ichs manchmal etwas dramatisiere, richtig alleine bin ich hier trotzdem nicht.
Wahre Freunde
sind diejenigen, die auch noch da sind, wenn man wieder kommt. Die nur
so viel Fragen, wie man ertragen kann, oder mehr fragen aber akzeptieren, wenn
man darauf nicht mehr antworten möchte. Die ein Nein akzeptieren und auch nicht sauer sind, wenn man sich mal zurückzieht, abwendet, wenn man sie von sich selbst weg stößt. Das tue ich sehr oft, es schmerzt mich selbst. Und ich denke, du kennst es auch. Aber es ist nur Schutz und der ist wichtig. Ich habe
verstanden, dass ich zu nahe an dir dran war und dass ich zu weit gegangen bin.
Diese Sache, dieser Fehler, von dem ich dir schon auf der Treppe erzählt hatte,
als wir die Nudeln aßen. Too fast too deep. Fucking shit. Und da hilft leider auch kein Flow.
Trotzdem
sollst du wissen, Selah*, wenn du bereit bist, mich wiederzusehen, werde ich
dir nicht aus dem Weg gehen! Ich stehe zu meinem Wort und sage dir, ich würde
mich freuen, dich einmal wiederzusehen, doch jeden Abstand nun werde ich
verstehen. Ich möchte einfach nur, dass es dir gut geht, du kannst sein, wer du
willst, wie du bist, mit wem du willst, du kannst alles schaffen, auch zu lieben
(irgendwann, wenn du kannst, lass dir Zeit, gib dir die Zeit) aber sei ehrlich
zu dir.
Sometimes you have to be your own hero and now I am mine.
In Liebe
*Namen verändert