Foto: Jennifer Fey

Der perfekte Mitgründer

Das Team ist in jedem Unternehmen zentral. Das trifft auf die Gründer ganz besonders zu. Gegenpole oder Zwillinge? Was macht Gründerduos aus?

Proof-of-Co-Founder

Susann und ich kannten uns etwa sechs Jahre als wir entschieden haben, gemeinsam zu gründen. Wir waren keine sehr engen Freunde, aber verstanden uns immer gut. Ich hatte ein, zweimal ihre Kochkünste genossen, wir hatten sogar gemeinsam einen Abend Trash-TV überlebt, uns vor vier Jahren schon einmal über Gründungsgedanken ausgetauscht und zuletzt etwa ein halbes Jahr bei Gründerszene zusammengearbeitet. Ich kannte ihre Arbeitsmentalität, sie meine.

Doch so richtig weiß man es nicht: Passen wir zusammen? Wenn die erste Krise kommt? Was passiert, wenn man eine andere Idee hat, oder nur eine andere Meinung? Wenn man eigentlich 24 Stunden, sieben Tage die Woche miteinander verbunden ist?

Die Entscheidung zum Gründen

In den ersten Wochen vor unserem festen Entschluss war ich mir laufend unsicher, ob Susann sich tatsächlich dazu entschließen würde. Gegen ein großes Unternehmen, mehr Unsicherheit, mit einer bloßen Idee, kein Gehalt. Und auch mich trieb schon vor der Gründung die Sorge des Scheiterns um, wie ich vor einigen Wochen bereits hier in der Kolumne geschrieben habe. Alles aus, bevor es anfängt?

Ich fühlte eine direkte Abhängigkeit von ihrer Entscheidung, ich wollte nicht alleine gründen. Ich hatte von Anfang an ein so positives Bauchgefühl mit ihr, dass ich EDITION F unbedingt mit ihr machen wollte. Und mir war klar wie zentral die Frage nach dem Mitgründer ist, wenn sie sich stellt.

Das Team ist alles

Unter Investoren gilt eine ganz klare Meinung: Das Team ist zentral. Nur ein gutes Team wird es schaffen, ein Produkt erfolgreich zu machen und wenn notwendig auch anzupassen. Prüfe, wer sich ewig binde, fast so könnte man die Sache mit dem gemeinsamen Gründen sehen. Denn was passiert, wenn man sich streitet, wenn das Unternehmen bereits am Markt ist?

In den ersten Wochen ist der Abstand zum neuen Startup noch groß, es hat keinen Namen, keine Kunden, kaum Identifikation. Das Unternehmertum fühlt sich noch nicht real an.

Kürzlich erzählte mir ein befreundeter Gründer, er hätte großen Krach mit seinem Mitgründer, es gebe komplett unterschiedliche Vorstellungen, Dinge würden hinter dem Rücken des anderen ausgetragen, Entscheidungen gegen Absprachen veranlasst. Eine Horror-Vorstellung. Das man sich irgendwann dazu entschließt getrennte Wege zu gehen, lässt sich nicht vermeiden. Nur der Weg dahin kann etwas harmonischer sein.

Eine gemeinsame Vision

Bei EDITION F entschieden Susann und ich uns recht klassisch einen Business-Plan zu schreiben. Und auch, wenn das nach der Meinung vieler Gründer Blödsinn ist – für uns war es Gold wert. Es machte deutlich wie wir ticken, ob wir zusammenpassen, uns fachlich differenzieren, aber gemeinsam eine Vision für EDITION F haben. Die gemeinsame Vision ist zentral für mich. Die Position, Gründer sollten möglichst unterschiedlich sein, sich reiben, kann ich nicht teilen. Nicht einmal ansatzweise. Es gilt so viele zu überzeugen: Die Familie, die Kunden, Investoren, wieder die Kunden.

Da fühlt es sich gut an, grundsätzlich zu wissen, dass es jemanden gibt, auf den man sich 100 Prozent verlassen kann. Das bedeutet nicht immer einer Meinung zu sein. Oder für immer zusammenzuarbeiten. Auch wenn ich mir das gerade vorstellen könnte. Ein schönes Beispiel für das Auseinandergehen in Frieden sind die YouTube-Gründer Chad Hurley und Steven Chen, die nach 15 gemeinsamen Jahren bei PayPal und dann YouTube entschieden getrennte Wege zu gehen und eine Ära zu beenden.

Fast wie eine Ehe

Was zählt, ist nicht mit irgendwem zu gründen. Man verbringt zahllose Stunden miteinander, und nicht alle werden glückliche Gründe haben. Hat man sich einmal füreinander entschieden, kommt man aus der Sache nicht einfach heraus. Auch vertraglich bindet man sich Verantwortung und Regelungen ans Bein.

Deshalb ist eines zentral: Miteinander offen zu sein, Kritik offen und regelmäßig anzusprechen, Gedanken transparent zu machen. All das hilft auch, wenn man eines Tages – also in 50 Jahren – einmal getrennte Wege gehen sollte.

Mittlerweile ist Susann für mich nicht nur mehr als eine Bekannte oder meine Geschäftspartnerin, sondern fast so etwas wie Familie. Danke dafür.

Schritte zum gemeinsamen Gründen

1. Proof-of-Co-Founder

Es hilft sich bereits ein wenig zu kennen, am besten bereits gemeinsam gearbeitet zu haben, zumindest mal einige Wochen an einem Projekt.

Dies wird viele Fragezeichen streichen. Wie reagiert der andere in Stresssituationen? Teilt man gleiche Grundüberzeugungen bei Mitarbeitereinstellungen? Ist die Vision gleich? Was sind die Beweggründe um zu gründen? Ist das eine Vollzeitaufgabe für beide? Wie verteilen sich die Anteile? Soll die Firma international werden, oder gar nur lokal? Wer ist für welchen Bereich zuständig?

2. Keep Talking

Schweigen ist silber, reden ist Gold. Das gilt auch für Gründer. Bei all den Aufgaben, die den Alltag jeden Tag füllen, vergisst man manchmal wie wichtig es ist, über grundsätzliche Unternehmensentscheidungen zu sprechen. Ein wöchentlicher Jour fixe hilft.

3. Be Prepared

Die Person mit der du gründest, ist mehr als dein Kollege und schon gar nicht dein Mitarbeiter. Ihr werdet  diskutieren müssen und er kann dich blockieren. Das Denken in eine Richtung und das kontinuierliche Gespräch über den Fortschritt sind für mich Erfolgsfaktor.

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