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Manchmal ist ein Alleingang besser

Von wegen Teamarbeit. Warum man seine Ziele manchmal schneller und besser alleine erreicht.

 

Solopreneurship – Raumschiff unbekannt

Als wir begannen, Solopreneurship in Deutschland vorzustellen, war der Name „Solopreneur” unbekannt. Immer wieder passierte es uns, dass Gesprächspartner sagten: „Solopreneur, das höre ich zum ersten Mal” und fast ebenso häufig kam die Rückfrage: „Sie meinen damit Selbstständige, die alleine arbeiten, richtig?”

Damit sind wir bei der ersten Stolperfalle.

Zwar nutzen inzwischen immer mehr Blogger und Kenner den Begriff Solopreneur. In der breiten Öffentlichkeit können sich viele aber nicht vorstellen, was ein Solopreneur ist. Sobald der Begriff fällt, sind die Bilder, was man sich darunter vorstellt, gespickt mit Vorurteilen und Missverständnissen.
Das Wirtschaftsmagazin Impulse überzog 2014 zum Beispiel mit der Titelstory „Deutschlands Einzelkämpfer“ per Großflächenkampagne ganz Deutschland. Im dazugehörigen Leitartikel fielen Begriffe wie Solo-Selbstständige und Solisten, gezeigt wurde ein Gemisch aller Formen der Selbstständigkeit: Vom Landwirt, der ohne Angestellte keinen Urlaub machen kann, über den klassischen selbstständigen IT-Consultant bis zu einer wirklichen Solopreneurin, Rosmary Stegmann von Rosy Green Wool. Jeder, der keine Angestellten hat, kam dort in einen Topf. Das ist keine Randschärfe für das Thema. Jeder Solopreneur ist ein Selbstständiger, aber nicht jeder Selbstständige ein Solopreneur.

Auch Solopreneure selbst schaffen es nicht immer, Klarheit zu erzeugen. Sie wissen zwar um ihre besondere Aufstellung (Timothy Ferriss erzielte mit seinem Buch „Die-4-Stunden-Woche” einiges an Aufmerksamkeit). Aber ihm und auch anderen gelang es nicht, das Konzept mit dem nötigen Abstand zu präsentieren. An einigen Stellen scheint es so, als wenn es dem einen oder anderen nur um das schnelle passive Einkommen geht. Das führt zum Zerrbild des „Hängematten-Entrepreneurs“ – no work, big money. 

Beim Solopreneur geht es weder um alle Selbstständigen, noch um den Jackpot-Abenteurer, der nach der „passiven“ Geschäftsidee sucht. Es geht um unternehmerische Konzepte, die von Ihnen alleine gesteuert wirtschaftlich erfolgreich im Markt laufen. Und das mit Leichtigkeit.

Denn man kann auch von der anderen Seite des Pferdes fallen.

Es geht schon darum, schneller Geld zu bewegen und unternehmerisch Erfolg zu haben. Solopreneure wollen raus aus geringen Stundenlöhnen und für Kunden durchgearbeitete Wochenenden. Viele Selbstständige glauben sofort, dass sie Solopreneure wären. Eine Bewerbung für unsere XING-Gruppe „Solopreneur” lautete: „Ich schmeiße den Laden hier ganz alleine.“ Hmm, das ist noch nicht ganz das, was wir meinen. Leichtigkeit hört sich etwas anders an. Nicht jedes Hamsterrad verdient das Etikett Solopreneur.

Was ist ein Solopreneur?

Solopreneur ist noch nicht allgemeiner Sprachgebrauch, aber der Begriff hat uns mehr überzeugt als Bezeichnungen wie Funky Business, Digital Bohème, MeConomy, Life-Style-Business, Einzelunternehmer, Digitale Nomaden, Solo-Selbstständige und andere. All diese Bezeichnungen zeigen zwar die Dynamik und den Umbruch der Geschäftskultur, sind aber für uns zu einseitig oder missverständlich. Es braucht einen randscharfen Begriff, der die Eigenständigkeit dieser neuen Geschäftsform auf den Punkt bringt.

Und dann schob irgendjemand (bis heute ist uns nicht bekannt, wer es tat,) die beiden Worte „solo“ und „entrepreneur“ zusammen. Als wir diesem Wort zum ersten Mal in einer englischen Publikation begegneten, war uns sofort klar: Das trifft es. Damit können wir uns identifizieren.

Solopreneur ist eine Wortneuschöpfung aus den beiden Worten „solo“ und „Entrepreneurship“, die zunächst einmal schlicht besagt: Ein Entrepreneur, der sein Business alleine (solo) aufbaut.

Unter einem Entrepreneur versteht man einen gestaltenden Unternehmer, also jemanden, der das Unternehmen wirklich selbst formt und aufbaut, im Gegensatz zu einem Manager, der etwas Bestehendes übernimmt und angestellt ist (Verwalter).

Günter Faltin hat in seinem Buch „Kopf schlägt Kapital” gut herausgearbeitet, was das Wesen eines Entrepreneurs ist. Er bemängelt, dass sich in Deutschland die Betriebswirtschaft vor allem auf das managen von vorhandenen Unternehmen konzentriert.

Der Entrepreneur baut dagegen ein Unternehmen (wir sagen Business) auf und hat dafür die grundlegende Idee. Dann beginnt die Arbeit, ein „Entrepreneurial Design” zu entwickeln (bei uns „Smart Business Concept” genannt). Faltin wies dabei auf drei Merkmale hin, die zu einem „High Potential Entrepreneurial Design” führen:

• Skalierbarkeit
• Einfachheit
• Risikominimierung

Das sind wichtige Hinweise für einen smarten Entrepreneur. Günter Faltin ist damit nahe an der Theorie des Solopreneurships, denkt aber, wie die meisten deutschen Business-Denker, bei einem Unternehmen meist an ein Konstrukt mit Inhaber(n) und Mitarbeitern.

Ein Solopreneur geht an dieser Stelle einen Schritt weiter. Er nimmt die Punkte „Einfachheit“ und „Risikominimierung“ auch bei der Personalfrage wörtlich: Solo ist die einfachste Aufstellung, die Sie wählen können, und minimiert zugleich Risiken, die ein Team oder andere Geschäftspartner mit sich bringen. Der Solopreneur arbeitet ohne Angestellte und ohne klassische Infrastruktur, die man von anderen Firmen kennt.

Indikatoren für einen Solopreneur:
• ist juristisch Alleininhaber
• kann damit alleine entscheiden
• vermeidet klassische Infrastruktur

Ein Solopreneur hat alle juristischen Fäden und Eigentumsrechte in seiner Hand. Er ist und bleibt der alleinige Inhaber. ABER, beliebtes Missverständnis: Das bedeutet nicht, dass er alles alleine tut. Ein Solopreneur arbeitet nicht zwingend alleine! Im Gegenteil. Solopreneure sind hochgradig vernetzt, kooperieren und sourcen viel aus. Ein Solopreneur nimmt lediglich keine Mitgesellschafter auf, bleibt juristisch solo und arbeitet ohne Angestellte. Dies trifft so zunächst auch auf viele Selbstständige zu. Deswegen stehen Selbstständige genetisch sehr nahe am Solopreneur. Selbstständige haben aber in der Regel keine eigenen Produkte, sondern stecken über Aufträge in den Projekten anderer und sind damit fremdgesteuert.

Ein Solopreneur
• arbeitet mit smarten Konzepten
• baut prozessorientiertes Business auf
• entwickelt eigene Angebote
• baut eine eigene Marke auf

Solopreneure betreiben Business unkompliziert. Sie steuern ihr Business via Browser über das Internet und nutzen Komponenten. Wo nötig nehmen sie Freelancer dazu, mit denen sie sich aber nicht treffen müssen.

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Klassische Selbstständige arbeiten dagegen in Job-Strukturen und können ihr Leben zwischen ständig parallel laufenden Kundenprojekten häufig kaum noch wahrnehmen. Sie müssen auf die Termine und Anforderungen der Kunden reagieren.

Die Umkehr der Auftragsrichtung

Die Anzahl der Einzelunternehmer steigt in Deutschland. Viele davon sind aber verkappt abhängig Beschäftigte. So ist der Fahrer für einen Paketdienst kein Solopreneur, nur weil er den Leasingvertrag für sein Fahrzeug selbst unterschrieben hat. Dieser Mann ist nach wie vor von einem Auftraggeber abhängig und fährt jeden Tag eine vorgegebene Strecke, wie jeder andere Angestellte auch. Ein echter Selbstständiger, der für seine Kunden arbeitet, ist da schon besser dran. Aber nur bis zu einer bestimmten Grenze. Er handelt unternehmerisch frei und kann einzelnen Kunden absagen oder in neue Geschäftsfelder gehen. Trotzdem geht die Auftragsgestaltung vom Kunden aus.

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Der klassische Selbstständige arbeitet 1 : 1 (individuell) und wird von anderen mit Aufträgen belegt. Für jeden Auftrag verbraucht er Stunden seiner Lebenszeit. Er kann nicht in der gleichen Stunde zwei Aufträge gleichzeitig bearbeiten. Das Konzept hinter freischaffender Arbeit ist „Arbeitszeit gegen Lohn“. Häufig muss der Freischaffende auf Ausschreibungen reagieren und kann im Preis gedrückt werden.

Solopreneuren gelingt die Umkehrung

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Ein Solopreneur kehrt die Auftragslage um. Er wird zum Anbieter eines Produktes oder eines Programms, das viele Kunden buchen können. Somit kann er skalieren. Plötzlich ist es möglich, dass mehrere Kunden zeitgleich die gleiche Lösung in Anspruch nehmen. Und was zwei können, können auch – wenn Ihr Business wächst – 100 oder 1.000 Kunden tun. Das ist der Motor zum wirtschaftlichen Erfolg und zur eigenen Marke.

Selbstständige
haben Jobs
arbeiten für fremde Projekte
verkaufen Stunden ihres Lebens

Solopreneure
haben Produkte
arbeiten für eigene Projekte
verkaufen Ergebnisse ihres Lebens

Fazit

Wir schreiben über Solopreneurship und arbeiten mit SolopreneurInnen, weil wir glauben, dass diese Art des Unternehmerseins zu wenig bekannt, aber für viele die passende Tür in das Thema Entrepreneurship ist. Wir kennen keine andere Form der Selbstständigkeit, in der Unabhängigkeit und private Ziele eine so große Rolle spielen dürfen. Das bedeutet nicht, dass es einfach ist, die „Umkehr der Auftragsrichtung” zu schaffen. Es geht um mehr Unabhängigkeit und doch antworten viele Solopreneure, wenn sie gefragt werden, was dafür notwendig ist: Disziplin. Ein interessantes Paradox. Freiheit braucht die Fähigkeit, sich selbst zu motivieren, an seiner Sache dranzubleiben und konzentriert an Dingen zu arbeiten. Von daher geht es in unserem Buch „Solopreneur” viel um das Solopreneur Mindset. Denn wenn in Ihrem Kopf die Rollenklarheit entsteht „Was bin ich”, fallen viele Dinge plötzlich ins Lot. So wie es bei uns war, als uns das Wort „Solopreneur” elektrisierte.

Auszug aus: „Solopreneur. Alleine schneller am Ziel”, 256 Seiten, Softcover, 14,90 Euro

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