Derbe Boots bringen einen überall hin, die Modewelt sollte endlich mehr als einen Körpertyp zeigen und schwarze Rollkragenpullover bedeuten Weltschmerz oder aber auch gar nichts. Ein Stil-Interview mit Ilona Hartmann.
„Teile, die mehr Pflege als eine Perserkatze verlangen, kann ich nicht gebrauchen“
Sie weiß, was in Berlin los ist, wie Berlin sich anfühlt und wie man sich als Zugezogene durchmogelt. Ilona ist feste Autorin bei Mit Vergnügen und schreibt über „Popkultur, Zeitgeistiges und das seltsame Leben an sich“. Und dabei sieht sie immer ziemlich gut aus. „Mein Stil ist meistens eher androgyn, geradlinig und zeitlos“, sagt sie. Hört sich an, als würden wir dazu gerne noch mehr wissen wollen.
Wieso Ilona manchmal wie eine Steuerrechtlerin durch Berlin läuft, was Hugh Grant und Audrey Hepburn mit ihrem Stil zu tun haben und was sich in der Modebranche ändern sollte, hat sie mir im Interview verraten.
Montagmorgen, du bist zu spät aufgestanden und musst in 10 Minuten aus dem Haus. Was ziehst du an?
„Horror! Normalerweise brauche ich morgens ewig, um erstmal ein Gefühl für mich und den Tag bekommen und zu entscheiden, was ich anziehen will. Wenn ich nur zehn Minuten habe, würde ich vermutlich zu einer schwarzen Culotte oder dunkelgrauen Girlfriend Jeans greifen, einem schwarzen Oberteil mit hohem Kragen. Dazu derbe Boots und die Hoffnung, dass es draußen kalt genug ist, um noch einen lässigen Mantel überzuwerfen, der das Outfit komplettiert und zusammenhält.“
Wie würdest du deinen Stil beschreiben? Und wie hast du ihn gefunden?
„ ‚Dress like the man you’d like to marry‘ habe ich mal über meinen Stil gesagt und ich bin zwar ziemlich sicher, dass das eine Mischung aus mehreren falsch verstandenen Zitaten ist, aber im Grunde stimmt das so. Mein Stil ist meistens eher androgyn, geradlinig und zeitlos, irgendwo zwischen Hugh Grant in Notting Hill, Jean Reno in Leon, der Profi und einer zeitgenössischen Variante von Audrey Hepburn. Gefunden habe ich diesen Stil nie bewusst, er hat sich vielmehr ergeben als die Essenz dessen, was ich im Alltag praktisch und bequem finde und worin ich mich gut angezogen fühle. Teile, die mehr Pflege als eine Perserkatze verlangen, kann ich nicht gebrauchen. Der Preis für eine so funktionale, schlichte Garderobe ist eben, dass ich zuweilen aussehe, als hätte ich wahnsinnig viel Ahnung von Steuerrecht und Zahnzusatzversicherungen, was aber leider überhaupt nicht stimmt.“
1. Gemusterte Stoffhose von J.Lindenberg
2. Dr. Martens Emmeline Stiefeletten
3. Schlichte Jeansjacke von Armedangels (Fair Fashion)
4. Schwarzes, schlichtes Shirt von Filippa K (Fair Fashion)
Wenn du eine Sache in der Modewelt ändern könntest, was wäre das?
„Ich würde gerne sehr viel mehr Diversität und Natürlichkeit bei denen sehen, die uns Mode und Trends vorleben und verkaufen, auf Laufstegen, in Zeitschriften, Schaufenstern. Auch wenn sich da in letzter Zeit Vieles verändert, ist das dominierende Bild eben immer noch eine große, schlanke, weiße Frau mit schmalen Hüften, vollen Lippen und getrimmter Schambehaarung. Was an und für sich nicht verkehrt ist, aber es fehlen eben eine Million anderer Formen menschlicher Körper, die es genauso wert sind, gezeigt zu werden.“
Mode: Kunstvolle Ausdrucksform oder alles nur Oberflächlichkeiten?
„Beides und alles dazwischen. Bei mir persönlich durchaus auch im schnellen Wechsel. Am einen Tag ziehe ich bedeutungsschwanger den schwarzen Rollkragenpullover an, weil ich meinen Weltschmerz ausdrücken will. Und am nächsten Tag ziehe ich den gleichen Pullover nur an, weil sonst nichts mehr sauber ist. Mode kann alles oder nichts bedeuten und ich glaube, genau darin liegt für mich Faszination daran.“
1. Blau-weißes „Audrey“-Shirt von Armedangels (Fair Fashion)
2. Schlichte, weiße Sneaker von Veja (Fair Fashion)
3. Nachtblaue Hose aus Lyocell von InWear
4. Roter Lipgloss von Dr. Hauschka
Wir lieben Kleidergeschichten! Gibt es ein Teil, das du schon sehr lange hast oder dir besonders viel bedeutet?
„ Es gibt da ein Paar Schuhe, schwarze, schmale Doc Martens aus glänzendem Glattleder, die mich durch die letzten beiden sehr prägenden Jahre begleitet haben. Mit denen bin ich durch alle möglichen europäischen Großstädte von Helsinki bis Wien gewandert, war damit in der sächsischen Pampa, in schwäbischen Kleinstädten, auf einer Demo, einer Filmpremiere, in der Notaufnahme und auf einem Segelboot. Und ich bin damit nach Berlin gezogen und habe hier auf dem Dielenboden die erste Pirouette gedreht. Mittlerweile habe ich sie nicht mehr oft an, weil meine Füße regelrecht gelangweilt sind vom Tragegefühl, aber an Tagen, an denen ich mich daran erinnern muss, dass in meinem Leben wirklich schon ein bisschen Leben passiert ist, fällt mir das alles beim Blick auf diese Schuhe wieder ein. Wie ein Tattoo mit Schnürsenkeln, sozusagen.“
In den Doc Martens alles erlebt, auch die erste Pirouette in Berlin damit gedreht. Quelle: Redaktion
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