Was ziehe ich an, wie sehe ich aus? Für eine 15-Jährige sind das oftmals überlebenswichtige Fragen – im Nachhinwein weiß man, es gibt durchaus Wichtigeres. Aber was bewegt sie noch? Unter dem Hashtag #15girls erzählen junge Frauen, was sie beschäftigt.
Die eigenen Ecken und Kanten lieben lernen
15 Jahre alt. Wenn ich mich richtig erinnere, war ich zu diesem Zeitpunkt in der neunten Klasse, das letzte Jahr vor der Oberstufe. Mittendrin im Teenager-Chaos, voller Spontanität und Tatendrang. In Erwartung auf drei Monate Auslandserfahrung, die ich in England verbringen würde: um aus dem gewohnten Umfeld auszubrechen, dem Schulalltag, meinen eigenen Problemen, den kleinstädtischen Gedanken zu entkommen. Einfach mal die Tapete zu wechseln. Und dann auf einmal in einem dreitausend-Seelendorf im ländlichen Cornwall zu landen, vor Langeweile und Heimweh durch einige Tiefs zu gehen.
Zwar waren es nur drei Monate, doch diese Zeit war lang. Sehr lang. Und da ich sonst nur die Möwen beobachten konnte, die an meine Fensterscheibe flogen, oder mich vor dem englischen Regen unter meiner Bettdecke verstecken konnte, hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. Meine größte Herausforderung dabei: mich selbst akzeptieren zu können, wie ich bin. Anstatt zu lernen, mich meinen Ecken und Kanten anzunehmen, versuchte ich, diese einfach zu „beseitigen“ – wobei einfach nicht wirklich einfach war, und schon mal gar nicht pädagogisch wertvoll. Zu gerne hätte ich mir damals gesagt: Es ist okay, wer du bist. Komm’ damit klar.
Vermutlich werde ich nicht die Einzige unter uns sein, die diese Gedanken schon einmal hatte. 15 ist ein Alter, das besonders ist, weil es irgendwie zwischen den Jahren liegt: Die Mitesser der hochpubertierenden Phase sind wieder verpufft, doch die Türsteher auf den Parties ab 16 stellen noch immer eine Hürde dar.
Doch, wie ergeht es Gleichaltrigen aus anderen Regionen dieser Erde? Haben sie alle ähnliche Sorgen? Was ist für sie die größte Herausforderung im Alter von 15 Jahren?
#15girls: Angst um Bildung, Glaube und Zukunft
Dieser Frage ging das National Public Radio im Rahmen ihrer Sendung „goats and soda“ auf den Grund – und weitete sie auf das gesamte Netz aus: Unter dem Hashtag #15girls ermutigten sie junge Frauen dazu, ihre Geschichten mit der Welt zu teilen.
Wie zum Beispiel Lea Hatouni. Sie tanzt zu der Musik von Coldplay und lackiert ihre Nägel am liebsten in der Farbe Blau. Doch so ganz unbeschwert ist ihr Teeanger-Leben nicht: Sie wohnt mit ihrer christlichen Familie im islamisch dominierten Beirut im Libanon, teilt sich mit ihren vier Geschwistern ein einziges Zimmer. Ihr großer Traum: ein eigenes Zimmer mit einem prall gefüllten Kleiderschrank, als Übersetzerin arbeiten und um die Welt reisen.
Khadija Ahmad hat Angst davor, ihre Bildung nicht weiter verfolgen zu können. Quelle: instagram
Oder Khadija Ahmad, die mit fünfzehn die „junior secondary school“ abgeschlossen und nun Angst davor hat, ihre Schulbildung nicht fortsetzen zu dürfen. Sobald ihre Eltern sie einem Mann versprechen und die Hochzeit bevorsteht, wird es für sie schwer, sich weiter auf ihre Ausbildung zu konzentrieren. Also gibt sie ihr Bestes, sodass ihre Eltern erkennen, wie sehr sie sich um ihre Bildung bemüht und ihr erlauben, eine „senior secondary school“ zu besuchen.
Eine Instagram-Nutzerin mit dem Namen runs_with_gardenshears schreibt zu einem gemeinsamen Foto von sich mit ihrer fünfzehnjährigen Tochter:
„Das Härteste für mich als 15-Jährige war, mein erstes Kind zu gebären, mich alleine und wie eine Versagerin zu fühlen.“
Nachdem sie selbst als Kind einer Teen-Mutter und einem Alkoholiker zwischen Chaos, Kinderheimen und ihren Geschwistern groß geworden ist, wollte sie es besser machen, bessere Entscheidungen treffen und ihrem Kind ein schöneres Leben bieten. Heute, so schreibt sie weiter, habe sie eine Ausbildung als Krankenschwester, eine tolle Arbeitsstelle, sei glücklich verheiratet mit drei Kindern und führt eine tolle Beziehung mit ihrer Mutter sowie ihren Schwestern.
Mit 15 das erste Kind bekommen: runs_with_gardenshears. Quelle: instagram
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