Kaum ist das Vorstellungsgespräch ist überstanden, beginnt auch schon das Warten auf die Rückmeldung des Unternehmen. Ein Karrierecoach verrät, wie man die Wartezeit am besten überbrückt.
Nervenaufreibendes Warten
Die Hürde, vor der sich Kandidaten im Bewerbungsprozess wohl am meisten fürchten, ist das Vorstellungsgespräch. Tatsächlich beginnt erst danach die wahre Nervenprobe: Das große Warten auf die Rückmeldung des Unternehmens. Während dieser Wartezeit zeigen sich häufig zwei Bewerber-Extreme: Die, die sich zurücklehnen und entspannt auf die Antwort warten, ohne aktiv zu werden. Und die, die im Minutentakt auf ihr Handydisplay schauen, bis sie endlich die ersehnte Antwort erhalten.
Die Wahrheit ist aber, dass keines dieser beiden Extreme richtig ist. Welche Fehler ihr besser vermeidet und wie ihr euch nach dem Vorstellungsgespräch verhalten solltet, hat der Ökonom und Karrierecoach Bernd Slaghuis Business Insider im Interview erklärt. Hier sind seine 6 Tipps.
1. Fragt schon im Gespräch nach dem weiteren Prozedere
Das Grübeln, das euch meist wenige Stunden nach dem Vorstellungsgespräch überfällt, könnt ihr bereits im Laufe des Gesprächs verhindern. Tut etwas Einfaches, aber Wirksames: Verschafft euch schon im Vorstellungsgespräch einen guten Eindruck und klärt offene Fragen. „Ich beobachte bei vielen Bewerbern, dass sie aus dem Gespräch herausgehen und überhaupt keine Klarheit haben“, sagt Slaghuis. Damit das nicht passiert, rät er Bewerbern, von sich aus aktiv zu werden.
„Selbst, wenn es vorher nicht besprochen wurde, sollte man bei der Verabschiedung nachfragen, wie der weitere Prozess aussieht.“ Ihr könntet zum Beispiel fragen, wie ihr weiter vorgeht und ob es weitere Gespräche geben wird. Was zunächst selbstverständlich klingt, wird nämlich in der Realität zu oft vergessen.
2. Bleibt ruhig
„Viele Bewerber zerbrechen sich den Kopf, zum Beispiel wenn das Unternehmen sich eine Woche lang nicht meldet.“ Gibt es keine Rückmeldung, stellen sie sich Tausende Fragen. Allen voran: Hat das Unternehmen kein Interesse? Laut Slaghuis ergebe es aber keinen Sinn, sich so zu quälen. „So ein Prozess im Unternehmen verzögert sich häufig.“ So könne es zum Beispiel sein, dass der Personaler mit einem wichtigen Projekt beschäftigt ist, krank geworden oder gar im Urlaub ist. „Es muss nicht immer etwas mit dem Bewerber zu tun haben.“
Sein Tipp: Ruhe bewahren und dem Unternehmen Zeit geben, sich zu entscheiden. Viele von uns denken, dass es positiv wirkt und Engagement zeigt, wenn wir nachfragen, ob sie sich unsere Bewerbung schon angeschaut haben. Doch es gibt Grenzen: „Höchstens nach 3 oder vier Wochen anrufen“, empfiehlt Slaghuis.
3. Stellt (freundlich) klar, dass es nicht das einzige Angebot ist
Manchmal haben Bewerber bereits eine Zusage von einem anderen Unternehmen, aber warten zunächst auf die Rückmeldung einer anderen Firma.
„Wichtig ist, dass ihr dem Unternehmen nicht gleich die Pistole auf die Brust setzt“, warnt Slaghuis. Versucht einfach, Klarheit zu schaffen und in Erfahrung zu bringen, ob ihr noch im Rennen seid.
4. Sucht weiter nach offenen Stellen
Zurücklehnen solltet ihr euch nach dem Vorstellungsgespräch nicht, wenn ihr wirklich einen Job finden wollt. „Ich würde weitersuchen“, rät auch Slaghuis. „Ich sehe bei vielen Bewerbern, dass es teilweise auch einige Bewerbungsgespräche braucht, bis mal jemand anbeißt.“ Die Einladungsquote liege ungefähr bei zehn Prozent, weshalb ihr nach einem Gespräch aktiv bleiben solltet.
5. Zieht ein Dankesschreiben in Erwägung
Ihr denkt euch vermutlich gerade, wie, ein Dankesschreiben? Ist das nicht furchtbar aufreißerisch und überzogen? Nein, sagt Bernd Slaghuis. In einigen Fällen kann ein Dankesschreiben sogar ziemlich gut ankommen — gerade deswegen, weil es so selten ist. „Es ergibt aber nur Sinn, wenn ich wirklich mit einem Unternehmen in persönlichem Kontakt war, wenn es mir wirklich als Bewerber auch gefallen hat und ich wirklich Interesse habe, dem Unternehmen nochmal zu danken.“
In einem Dankesschreiben bedankt ihr euch für die Einladung und das interessante Gespräch. „Man sagt vielleicht ‚es war schön Sie kennenzulernen‘, und vielleicht auch sogar ‚Schade, dass es nicht geklappt hat‘.“ Der Karrierecoach habe selber schon gesehen, wie Unternehmen auf solche Dankesschreiben positiv reagiert haben, und tatsächlich dadurch auch ein Jobangebot zustande am. Wichtig ist vor allem, dass das Schreiben kein Akt der Schleimerei ist,
sondern ernst gemeint ist, weil euch das Gespräch wirklich gut gefallen
hat.
6. Wenn es nicht geklappt hat: In diesen Fällen könnt ihr nachfragen, warum ihr nicht genommen wurdet
Oftmals liest man Beiträge, in denen dazu geraten wird, bei einer Absage nochmal nach dem Grund zu fragen. „Meine Erfahrung ist in der Regel, dass Bewerber keine klare Antwort darauf bekommen“, sagt aber Slaghuis. Aufgrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes stünden die meisten Unternehmen heutzutage so sehr unter Druck, dass sie sich in den seltensten Fällen zu einer Aussage hinreißen ließen. In der Regel laute die Standardabsage: „Ein anderer Bewerber passte besser in das Profil.“
Bei kleineren Unternehmen habe er aber bereits erlebt — wenn ein guter Kontakt zwischen Bewerber und Unternehmen geherrscht hat — dass auf die Nachfrage hilfreiches Feedback kam. „Ich würde es als Bewerber davon abhängig machen, ob ich wirklich Interesse habe und einen guten Kontakt im Haus habe. War das Gespräch intensiv und gut, will ich mit der Nachfrage Interesse zeigen? Dann würde ich es machen.“ Es ist ähnlich wie bei dem Dankesschreiben: Wenn ihr ein ehrliches Interesse habt, den Kontakt aufrechtzuerhalten und zu pflegen, solltet ihr es tun.
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