Während am Sonntag die Mütter weltweit bejubelt wurden, hat sich Sonja Kühle-Bogenschneider ein paar konkrete Gedanken dazu gemacht, wie wir die Dinge anpacken können.
Ich bin seit nunmehr fast 2 Jahren Mutter. Das ist zunächst mal schön und an sich nichts besonderes. Seit ca. 8 Monaten – nach einer etwas länger als 1 Jahr andauernden Elternzeit – mische ich auch jobtechnisch wieder mit. Ich bin in mein altes Unternehmen auf meine alte Stelle in Teilzeit zurückgekehrt. Und ich dachte: alles wird gut. Ist es aber nicht.
Aufgrund meiner weniger häufigen Präsenz vor Ort und der Tatsache, dass sich einige KollegInnen wohl niemals merken werden, wann genau ich denn im Büro bin, habe ich nicht das Gefühl richtig ernst genommen zu werden. Der ständig fallende Nachsatz bei der Vereinbarung von Terminen „ach, nachmittags bist du ja nicht da“ stört mich schon, auch wenn er wahrscheinlich überhaupt nicht bewußt verletzend geäußert wird. Und die Vorstellung meiner KollegInnen, dass ich ständig
ab 14 Uhr Boogie Woogie tanzend durch die Straßen ziehe, ist auch nicht ganz richtig so.
Was mich aber wirklich fertig macht, ist die Fehleinschätzung meiner Situation: ich hatte von mir gedacht, dem Typus einer modernen, weil arbeitenden Mutter zu entsprechen. Mit 25 Stunden Arbeitszeit in der Woche arbeite ich sogar mehr als 50%. Wenn ich jedoch die Reaktionen meines
Umfeldes richtig deute, bin ich einfach nur eine weitere Teilzeitmutti, die eben tut, was die meisten Muttis tun. Bißchen arbeiten, bißchen Kind betreuuen. End of story.
So einfach kann es aber doch irgendwie nicht sein.
Veränderungen brauchen Zeit. Und müssen angestoßen werden…
Wann immer meine von Kollegen als überbordende von mir selbst als spärlich empfundene Freizeit es zulässt, beschäftige ich mich mit dem Thema Vereinbarkeit: ich lese, höre, spreche darüber, um immer wieder feststellen zu müssen, wie viel es noch zu tun gibt und wie wenig da gerade gut läuft. Seien es die oftmals schlechten weil unzureichenden und unflexiblen Betreuungsmodelle, die immer noch existierende Lohnlücke zwischen Männern und Frauen und den Diskussionen um wertigere und unwichtigere Jobs innerhalb der Partnerschaft,
den unflexiblen Arbeitszeitmodellen der Unternehmen und und und.
Diese vielen Probleme, mit denen sich junge Familien und leider insbesondere Mütter konfrontiert sehen lassen sich ohne weiteres und ohne politische Unterstützung nicht einfach so lösen. Hinzu kommt auch noch das Gefühl im kleinen viel falsch zu machen, bestes Beispiel: die Teilzeitarbeit, die vielleicht später zu Altersarmut führt. Und dann lausche ich dem Gespräch zwischen der wunderbaren Steffi Luxat und der Journalistin und Karriereprofilerin Katrin Wilkens im Endlich Om-Podcast, die genau dieses Thema besprechen und der Frage nachgehen, warum die jungen Mütter nicht wütend auf die Straße gehen, um für ihre Rechte zu demonstrieren, als Frau Wilkens sinngemäß diesen herrlichen Satz sagt: die Frauen können nicht, weil sie wahrscheinlich gerade damit beschäftigt sind, Buntwäsche zu sortieren. Ich kam aus dem Lachen gar nicht mehr raus. Große Probleme einfach ausgedrückt. Es fehlen im Alltagsüberleben einfach oftmals die Zeit und die Nerven, um die Dinge groß anzugehen. Deshalb habe ich mich gefragt, was man im Kleinen tun kann. Was man tun kann, um auf die Probleme aufmerksam zu machen und seinen Beitrag zu leisten. Um einen gesellschaftlichen Diskurs anzustoßen und ein Umdenken überhaupt erst möglich zu machen, ist es meiner Meinung nach unglaublich wichtig, Verhaltensweisen und
Aussagen zu spiegeln. Das heißt, Sprüche von Kollegen und/oder Vorgesetzten charmant aufgreifen und deutlich machen, dass das Gesagte nicht ok ist.
Deutlich einstehen für das eigene Lebenskonzept, Hinweisen auf Schwierigkeiten in der Umsetzung von Vereinbarkeit und Verständnis zeigen für die Herausforderungen anderer. Das klingt vielleicht zu leicht, zu billig, zu profan, aber meiner Meinung nach liegt genau darin das Geheimnis des Erfolgs. Die unzähligen und oft so wahren Instagram-Posts zu diesen Themen lesen doch sowieso nur die, die sich eh für das Thema interessieren und meist schon die nötige Sensibilität aufbringen. Aber erreicht werden müssen die (leider immer noch oftmals männlichen) Vorgesetzten, die Kollegenschaft, die (noch kinderlosen) Bekannten, die Machos und Sprücheklopfenden um uns herum – eigentlich alle, die noch nicht verstanden haben, wie schwierig und kompliziert sich ein Familienleben in Kombination mit dem Job anfühlen kann.
Von nun heißt das also: sprechen. Auf den Nachsatz „ach, nachmittags bist du ja nicht da“ einfach entgegen, „ja, das stimmt. Aber ich kann jeden Vormittag!“ oder auf die mir oft entgegen getragene Sorge vor wichtigen Termin „hoffentlich wird ihr Kind nicht krank“ ein „ja, oder hoffentlich werde ich nicht krank.“
Es geht darum unaufgeregt, sachlich und nicht anklagend aufzuzeigen, in welcher Situation man sich befindet und ganz langsam in den Köpfen derer, die die aktuellen Herausforderungen nicht kennen, etwas zu verändern. Nur wenn wir aufhören, die Zähne zusammenbeißen, uns still zu ärgern, noch schneller laufen zu wollen, um es allen zu zeigen, sondern aussprechen, wie es ist, können wir die aktuellen Schwierigkeiten aufdecken. Wort für Wort. Tag für Tag. #sages.