Meghan Markle, die Verlobte von Prinz Harry, hat sämtliche private Social-Media-Accounts gelöscht und wird ab sofort nur noch offiziell vom Kensington-Palast vertreten. Ist das eine Enttäuschung? Oder ein unvermeidlicher Schritt, der aber nichts über ihr künftiges Engagement für die Rechte von Frauen aussagt?
Tschüs, Social Media
Vor einigen Tagen hat sich Meghan Markle, die Verlobte von Prinz Harry, aus ihren Social-Media-Kanälen verabschiedet: Ihr Instagram-Profil wird nicht mehr angezeigt, auf Facebook gibt es nur noch Offizielles, und auf ihrem Blog „The Tig“ verabschiedet sie sich sehr herzlich von ihren Leserinnen: „Bleibt fröhlich und risikobereit, denkt weiter daran, selbst für den Wandel einzustehen, den ihr in der Welt gern sehen wollt. Und am allerwichtigsten: Vergesst niemals, wie wertvoll ihr seid – denn das habe ich euch immer und immer wieder gesagt: Du meine liebe Freundin, du bist genug!“
Auf ihren Social-Media-Kanälen hatte Meghan Markle sich viel und gern mit den schönen Dingen des Lebens, wie man so sagt, beschäftigt, gutes Essen, schöne Reisen, Dinge, die sie inspirieren. Aber auch das Thema Empowerment hatte auf ihrem Blog Raum: „Ich wollte nie eine Frau sein, die sich mittags zum Lunch trifft … ich wollte eine Frau sein, die arbeitet“, schrieb sie zum Beispiel.
Markle jedenfalls bietet dem Boulevard mehr Stoff als beispielsweise Williams Ehefrau Kate: Bei Kate mussten sich Journalisten schon arg bemühen, irgendetwas zu finden, an dem sie zerren konnten, mangels Alternativen musste dann eben die Tatsache herhalten, dass Kates Eltern durch einen Online-Partyzubehör-Handel zu Wohlstand gekommen waren. Markle ist Schauspielerin, geschieden, trat als Lifestyle-Bloggerin in Erscheinung – ein geradezu frivoles Leben, legt man die unfassbar steifen Maßstäbe des britischen Königshauses an.
Sexistische und rassistische Berichterstattung
Die britische Boulevard-Presse war, wie nicht anders zu erwarten, bisher gnadenlos: Im November 2016 hatte Harry eine Pressemitteilung veröffentlichen lassen, in der er wütend mehr Zurückhaltung der Medien in Bezug auf die Berichterstattung über Markle forderte. Eine Linie sei überschritten worden, er spricht von einer Hetzkampagne und sexistischer sowie rassistischer Berichterstattung. Der Prinz, so heißt es in der Mitteilung, sei enttäuscht, dass es ihm nicht gelungen sei, Markle zu schützen.
Jedenfalls ist es nicht so, dass mit der Stilllegung der Social-Media-Kanäle auch automatisch dem politische Engagement Markles ein Ende gesetzt würde. Das ist gut, denn: Markle sieht sich selbst als Feministin und engagiert sich schon seit Jahren für die Gleichberechtigung von Frauen weltweit. Als Botschafterin der Organisation World Vision Canada war sie bereits in Ruanda unterwegs. Im „Time“-Magazine schrieb sie darüber, wie Mädchen in Entwicklungsländern durch ihre Periode stigmatisiert werden und ihr Potential nicht ausschöpfen können. Im Alter von elf Jahren schrieb Markle einen Brief an die damalige First Lady Hillary Clinton, um ihrer Empörung über eine sexistische Waschmittelwerbung Ausdruck zu verleihen. In einem berührenden Essay für die amerikanische „Elle“schrieb sie über ihre Diskriminierungserfahrungen als Mädchen und später Frau mit weißen und schwarzen Wurzeln.
Markle engagiert sich außerdem schon seit einigen Jahren für „UN Women“, die Organisation der Vereinten Nationen, die sich für die Belange von Frauen einsetzt. Für all dieses Engagement braucht man theoretisch keine eigenen Social-Media-Kanäle. Aber man braucht eines: Die Möglichkeit, ohne Zwänge Missstände anzuprangern, ohne ständig Rücksicht auf Animositäten politischer Gesprächspartner nehmen zu müssen. Insofern ist fraglich, ob Markle als Repräsentantin des britischen Königshauses so offen sprechen wird, wie sie das bisher getan hat. Aber sie wird zumindest die Möglichkeit haben, in ihrer Arbeit Schwerpunkte zu setzen, die ihr wichtig sind.
Politisches Engagement trotz royaler Zwänge?
UN Women veröffentlicht bereits eine Erklärung: Man vertraue darauf und hoffe, dass Markle in ihrer neuen und wichtigen öffentlichen Rolle weiterhin ihre Sichtbarkeit und ihre Stimme nutzen werde, um für mehr Geschlechtergerechtigkeit zu kämpfen.
Mit der Verkündung der Verlobung mit Prinz Harry hat Markle erstmal einen sehr traditionellen Schritt vollzogen: Nämlich die eigene Karriere als Schauspielerin an den Nagel gehängt. In einem Fernsehinterview waren sich beide einig, dass das keinesfalls als Opfer zu betrachten sei, sondern nun „neue Herausforderungen“ auf sie warten würden. Die Ausübung eines eigenen Berufes scheinen mit den repräsentativen Pflichten eines Mitglieds der britischen Königsfamilie also weiterhin unvereinbar. Ebenso wichtig aus feministischer Sicht wäre aber, dass Markle sich weiterhin für Chancengleichheit für Mädchen und Frauen weltweit und gegen Rassismus einsetzt – die Bühne dafür hat sie bald. Die Freiheit, offen zu sprechen und politisch Verantwortliche zu kritisieren – wahrscheinlich eher nicht.
Die amerikanische Feministin Jill Filipovic zeigte sich in einem Beitrag auf CNN eher desillusioniert: Markle werde zwar gemeinhin als äußerst unabhängig beschrieben – die eigene Karriere für ihren Verlobten aufzugeben und sich komplett in die Abhängigkeit von dessen Familie zu begeben, zeichne allerdings überhaupt nicht das Bild einer unabhängigen Frau. Filipovic gibt daran aber nicht etwa Markle die Schuld, sondern schreibt, es sei eine Schande, dass das britische Königshaus, eine der „patriarchalischsten Institutionen des Planeten“, immer noch derartige Opfer von Frauen fordere, die in die Familie einheirateten:
„Es ist eine Schande, dass die königliche Familie die starken Stimmen dieser Frauen zum Schweigen bringt und der Welt somit deren Temperament, ihr Talent und ihre Begabungen vorenthält.“
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