Wer möchte ungeahnte Perspektiven auf den Schwimmunterricht von Kindern?
„Puhh“, stöhnt er aufreizend laut, „heute hatte ich Schwimmen.“
Ich nicke und murmele: „Das ist doch schön!“ Dann drehe ich mein Gesicht wieder zur Sonne.
„Nee, gar nicht“, belehrt er mich, „Schwimmen ist totale Scheiße!“.
„Wirklich?“, antworte ich – eher rhetorisch und ohne den Kopf zu
bewegen – in der Hoffnung, dass ich gleich in Ruhe weiter Sonnenbaden
kann.
„Ja!“, sagt er mit fester Stimme,“ weil wir Jungs müssen uns da alle in EINER Kabine umziehen!“
„Mmhh“, erwidere ich und denke an meinen Schwimmunterricht zurück.
Wir Mädchen fanden das eher lustig, dass wir uns zusammen umziehen
konnten.
„Du kannst dir das gar nicht vorstellen!“, redet er weiter mit einem wichtigtuerischen Ton, „da schauen sich alle an!“
Ich werde schlagartig wach und sehe ihn an: „Wer schaut da wen an?“
Meine Alarmglocken schrillen. Ich habe doch erst letztens was über unsittliche Übergriffe in Sportvereinen gelesen.
„Na, wir Jungs untereinander“, entgegnet er leicht genervt über meine
dämliche Frage, „ und dann checkt jeder wer beschnitten ist und wer
nicht.“
„Hä?“, sage ich, „beschnitten?“
„Ja“, antwortet er ganz selbstverständlich, „und weißt du was, ich
bin Jude und NICHT beschnitten. Das geht doch eigentlich gar nicht.“
Dabei verzieht er keine Miene, sondern schaut mich an, als ob wir gerade über das Wetter reden und nicht über sein bestes Stück.
„Tja“, erwidere ich, „das macht wirklich keinen Sinn. Wie konnte das denn passieren?“
„Keine Ahnung“, erwidert er furztrocken, „ich muss mal mit meinen Eltern reden.“
Ich nicke, er lehnt sich zurück, schließt die Augen und hält sein Gesicht ebenfalls in die Frühlingssonne.
Noch Fragen? Ich nicht.
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1 Comment
Marianne
Boah, habe ich gelacht. Was geil, dass es noch solche Kinder gibt. Dann mache ich mir keine Gedanken!
Der hat dich aber kalt erwischt, der Gute, was Lucie?
Grüsschen von Marianne