Immer muss man alles selber machen! Das gilt vor allem für die Demokratie. Denn ohne uns als aktive Mitglieder ist sie nur ein hübsches Versprechen, das nicht eingelöst wird. Ein Dankesbrief.
Wachrütteln
Liebe Sibylle Berg,
ich möchte mich bei dir dafür bedanken, dass du mir die Popcornschüssel aus der Hand gerissen, mein Netflix-Programm unterbrochen und mich aus vollem Herzen angeschrien hast: „HÖR AUF ZU GLOTZEN UND ZU TWITTERN UND BEWEG DICH!”
Denn du hast Recht. Ich bin zwar immer politisch gewesen und auf meine Empörung ist Verlass, aber was habe ich daraus gemacht? Ja, ich rede über politische Themen, mische mich ein, demonstriere gegen Trumps „Muslim Ban“ am Brandenburger Tor, ich spende, ich rege mich via Twitter über
Rechtspopulismus auf, poste Trump-Gifs, um meine Angst vor dem was kommt mit Humor zu kaschieren.
Doch was genau bringt denn das? Fast nichts. Neulich musste ich feststellen, dass ein befreundeter Nachbar nun plötzlich voll auf rechtsradikaler Linie ist. Er hat mir erzählt, dass Millionen große starke Männer aus Syrien kämen, dort in Wahrheit gar nicht so ein schlimmer Krieg herrsche, jeden Tag Deutsche von ‚den Ausländern‘ abgestochen würden und sie uns Arbeitsplätze und Geld wegnähmen. Bitte sehr. Dass er das alles nicht belegen konnte, weil es nicht wahr ist, war ihm ganz egal. ‚Die‘ Medien verzerrten, ‚die‘ bösen Ausländer, ‚die‘ armen Deutschen. Hilfe!!
Darüber nachgedacht, mich aktiv politisch zu engagieren habe ich schon lange. Aber in Wahrheit stimme ich mit keiner der größeren Parteien so wirklich überein. Ich hatte sogar schon vor, eine neue Partei zu gründen! Eine, die den Fokus auf die internationalen Auswirkungen unseres Tuns legt, Feminismus nicht als Dekoration, sondern Aktion versteht und den Menschen deutlich zu verstehen gibt, dass sie vor ‘Überfremdung’ keine Angst zu haben brauchen. Aber das dauert mir jetzt zu lange. MANN, ich hab doch keine Zeit.
Also, lange Rede kurzer Sinn: liebe Sibylle Berg, jetzt ist es passiert. Und du bist schuld. Dein Text hat mich wachgerüttelt und ich bin in eine Partei eingetreten. Eine, bei der eben zumindest einige Forderungen mit meinen übereinstimmen. Was mir nicht gefällt, werde ich ratzifatzi ändern. Und ich werde Plakate aufstellen, dir auf der Straße Info-Flyer und witzige Werbemagneten für deinen Kühlschrank in die Hand drücken und über Parteiprogramme und unser Land mitbestimmen statt „gemütlich zu meckern“ und meinen Hintern vor dem Ipad breitzusitzen (na gut, jedenfalls nicht mehr ganz so oft).
Welche Partei das ist? Verrate ich dir nicht. Nur so viel: Ihre Mitglieder denken nicht darüber nach, Frauen ihr Wahlrecht und den Vibrator wegzunehmen.
Denn: Wo kämen wir denn da hin?
Mit herzlichen Grüßen,
Deine Friederike
P.S.: Es ist ganz waaahnsinnig einfach und sooo günstig, in Parteien einzutreten! Wer von Euch Edition-F-Leser*innen macht noch mit? Fluten wir die Parteien mit unseren Ideen und Kräften und gestalten wir ein richtig tolles Land. Jetzt.
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