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Warum die AfD für niemanden eine Alternative sein kann

Um zu verstehen und aus Interesse habe ich mir das Parteiprogramm der AfD durchgelesen. Danach war mir schlecht und ich hatte Angst.

 

Früher war alles anders

Es ist 19 Uhr an einem Sonntag. Ich liege im Bett und döse vor mich hin. Beiläufig schaue ich auf mein Handy. Eilmeldungen von diversen Nachrichtenapps popen auf. „AfD vor CDU” steht da und „AfD über 20 Prozent”. Ich lege mein Handy wieder weg und fange an nachzudenken. Darüber, was mir dieses Ergebnis jetzt sagen soll.

Ziemlicher Erfolgsweg, den diese Partei in einer so kurzen Zeit hingelegt hat. Da wurden mal kurz Parteien überholt, die schon seit Jahren immer an der Spitze mitgespielt haben und das ganz selbstverständlich. Früher, ich bin erst 25 also mein „früher” liegt, was die politische Geschichte angeht noch nicht allzu weit zurück, aber früher ging es immer nur um: „CDU oder SPD”. Jetzt gerade wird plötzlich alles umgeworfen. Schwubs, haben in Baden-Württemberg die Grünen die meisten Stimmen und dann kommt da noch diese recht neue Partei ins Spiel. Die, um die sich alle streiten, weil manche sie gut finden und andere ganz furchtbar und erinnern dabei an 1933. Aber warum wird diese Partei, die sich als „Alternative für Deutschland” betitelt, auf einmal so häufig gewählt? Wegen der geflüchteten Menschen, die nach Deutschland kommen? Das ist zumindest das, was ich aus vielen Debatten heraushöre. Die Menschen haben Angst vor Zuwanderern, wollen sie hier in Deutschland nicht haben. Sie finden, die Haltung von Angela Merkel führe ins Chaos und wählen deshalb die AfD. Das große Chaos habe ich hier allerdings noch nicht bemerkt. Aber es kann ja auch nicht nur die Flüchtlingsdiskussion sein, die Leute dazu bringt, eine rechtskonservative Partei zu wählen. 

Die Freunde der AfD

Ich klappe meinen Laptop auf und schaue mich auf den Websites der AfD um. „AfD wirkt!” ist das Erste, was ich lese. Da steht allerdings nicht, wie… Ok, dann weiter. „Programm für Deutschland” klicke ich an und die FAQ-Seite. Dann springt mir noch eine Grafik ins Auge, auf der Männchen in schwarzen, roten und gelben T-Shirts so angeordnet sind, dass es die Deutsche Flagge ergibt. Darauf steht in großen Buchstaben die Zahl der Mitglieder, die Zahl der Freunde und die Zahl der Wähler. Ich frage mich, was denn Freunde einer Partei sein sollen. Sind vielleicht die Freunde der Mitglieder auch die Freunde der Partei? Demnach müsste jedes Mitglied 12,34 Freunde haben. Das finde ich viel. Dann finde ich heraus, dass die AfD damit ihr „Facebookfreunde” meint. 

Liebe AfD, nicht jeder, der euch auf Facebook folgt, ist auch euer Freund. 

Außerdem fällt mir auf, dass alle Männchen auf der Grafik weiß sind. Wenn das Deutschland sein soll, dann stimmt hier definitiv etwas nicht. So hat irgendwie alles, was ich mir ansehe und durchlese, so einen komischen Beigeschmack und ich will die Seite eigentlich ganz schnell wieder verlassen. Aber trotzdem bleibe ich noch und versuche zu verstehen, was hinter dieser Partei steckt. Ich habe hier ein paar Aussagen der Website (aus diversen Flyern und dem Grundsatzprogramm der AfD) herausgesucht, die für mich am fragwürdigsten waren.

1. „Der Islam gehört nicht zu Deutschland”

Seit wann hat denn ein Land etwas mit einer Religion zu tun? Natürlich ist in Deutschland überwiegend das Christentum vertreten. Da kann es schon sein, dass eine andere Religion erst mal fremd vorkommt. Aber das ist doch nur so, weil man über die Kultur und die Religion nicht Bescheid weiß. Die AfD setzt aber in einer Broschüre den Islam mit Fundamentalismus, Terror und einer Parallelgesellschaft gleich. Hier wird einer ganzen Kultur unterstellt, sich mit anderen Religionen verfeinden zu wollen. Noch schlimmer: Der Islam wird ohne Abgrenzung mit dem IS gleichgetan. Dass der IS, ohne Ausnahme, fanatisch und böse ist, ist glaube ich jedem klar. Aber es sollte doch gerade von Seiten der Politik aufgezeigt gemacht werden, dass dieser Fanatismus nichts mit dem Islam als Religion zu tun hat und schon gar nichts, mit den meisten muslimischen Menschen, die hier leben. Die AfD will diese sachliche Auseinandersetzung nicht sondern bedient Ressentiments, die Muslimen schaden sollen.

2.  „Die AfD verlangt die Schließung der deutschen Grenzen”

Zwar sollen nicht alle Grenzen geschlossen werden aber die, von denen eine „Gefahr” ausgeht. Gefahr bedeutet hier die Möglichkeit von Einwanderung von Terroristen aber auch von Asylbewerbern, die aus einem sicheren Drittstaat kommen”.  Wir sollen – wenn es nach der AfD ginge – also in Zukunft nur noch Flüchtlinge aus Ländern aufnehmen, die aus dem europäischen Wirtschaftsraum kommen. Da hat jemand wohl jemand nicht ganz verstanden, was Flüchtlinge eigentlich sind. Aber es sollen nicht nur manche Grenzen geschlossen werden, allgemein sollen alle deutschen Grenzen besser „geschützt” werden. Die AfD fordert die Bundeswehr an den Grenzen einzusetzen. Außerdem sollen betriebsbereite Grenzübergangsstellen an allen Grenzen bereitstehen.

3. Krippen, Ganztagsschulen und das „Gender-Mainstreaming” sollen abgeschafft werden

Nach der Meinung der AfD verbringen Eltern und vor allem Mütter zu wenig Zeit mit ihren Kindern. Das soll gelöst werden, indem Krippen, Ganztagsschulen und das „Gender-Mainstreaming“ abgeschafft werden. Die Individualität soll hierbei weitestgehend eliminiert  werden, denn die untergräbt das Bild einer Familie als Grundeinheit. Der „falsche Feminismus” soll nicht weiter unterstützt werden und die traditionellen Geschlechterrollen wieder gestärkt werden. Also: Frauen an den Herd und weg mit den gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, ist ja nicht traditionell.

4. Mehr Kinder statt Masseneinwanderung

Die Bevölkerung wird immer älter. Es werden weniger Kinder geboren und die Lebenserwartung steigt stetig. Ja, das wissen wir alle. Aber ist es damit getan die Frauen in die Küche zu verbannen und so zum Kinderkriegen zu animieren? Wohl kaum. Bedenklich ist auch die Ansicht der AfD, wie aktuell versucht wird dieses Problem zu lösen:          

„Um den Auswirkungen dieses markanten demografischen Trends entgegenzuwirken, setzen die derzeitigen Regierungsparteien auf eine fortgesetzte, von Bedarf und Qualifikation abgekoppelte Masseneinwanderung hauptsächlich aus islamischen Staaten. Dabei hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt, dass insbesondere muslimische Migranten in Deutschland nur ein unterdurchschnittliches Bildungs- und Beschäftigungsniveau erreichen.“

Da sagt nochmal jemand, die AfD sei nicht rassistisch.

Natürlich, sind das nur Auszüge und man könnte sagen, dass man sich immer nur die schlechten Aspekte herraus sucht um dann eine Partei zu kritiseren. Aber alleine, dass es diese Aspekte gibt, sollte doch zu erkennen geben, dass wir uns grundlegend informieren sollten und darüber nachdenken müssen, wie wir unsere Zukunft gestalten wollen und ob es unser Wunsch ist, in solche Lebensweisen zurückzufallen. Ja, es gibt viele Probleme, die von der Politik schnellstens in Angriff genommen werden müssen. Dennoch können die Ansätze der AfD keine realistische Lösung bedeuten. 

Ich klappe meinen Laptop zu und überlege was passieren könnte, wenn das so weiter geht. 

Die furchtbare Sache mit dem „Prostetwählen”

Falls die AfD noch mehr Stimmen bekommt, was nicht unwahrscheinlich ist, dann haben wir keinen gewonnenen Protest, sondern ein Problem . Ich würde dazu gerne eine Diskussion mit jedem einzelnen AfD-Wähler anfangen. Ihn fragen, was er sich erhofft und was diese „Alternative” denn sein soll. Denn der Gedanke des „Protestwählens” finde ich ganz schön gefährlich. Aussagen wie: „Man muss die Großen halt mal aufrütteln, sonst ändert sich nichts” sind meiner Meinung nach nicht akzeptabel. Denn: Ist jede Veränderung eine gute? Man sollte auch aufhören, seine Wahlentscheidung nur an der Flüchtlingspolitik festzumachen. Auch hier habe ich das Gefühl, dass das viel zu oft passiert. Grenzen einfach nur zu zumachen und die Augen davor zu verschließen was dahinter ist, ist nicht die Lösung des Problems. Wir sind eine globale Gesellschaft. 

Jeder entscheidet über meine Zukunft

Ich bin 25 und ich habe Angst, dass es eine Partei schafft, politischen Einfluss zu gewinnen, nur weil  wütende und frustrierte Menschen die großen Parteien einmal abstrafen möchten. Ich habe Angst, irgendwann einmal aufzuwachen, auf mein Handy zu schauen und Wahlergebnisse zu sehen, die noch schlimmer sind als die letzten. Schlimm finde ich auch, dass wenn die „Nichtwähler” eine Partei wären, diese haushoch gewonnen hätten. Und das nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern sondern wahrscheinlich in jedem Bundesland in Deutschland. Deshalb möchte ich gerne all den Menschen, die über meine Zukunft entscheiden – und das sind alle Wahlberechtigten in Deutschland – sagen: bitte informiert euch, macht nicht etwas aus Trotz und vor allem: Geht überhaupt wählen! Natürlich ist es schwer, sich für eine Partei zu entscheiden. Es gibt immer Ansichten die man so nicht teilt und oft hat man das Gefühl, sich gerade für das kleinste Übel entscheiden zu müssen. Aber nicht wählen ist da auch keine Alternative, denn ich möchte nicht mehr Angst haben, nach einer Wahl auf mein Handy zu schauen.

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