Foto: Winzki

Zurück in den Job

Aber bitte in Häppchen

 

Ein paar Monate raus aus dem Job und nichts ist, wie es war. Egal ob Krankheit oder Familytime: Ruckzuck sind Kenntnisse alt und Kontakte weg. Gleichzeitig muss sich Frau Wiedereinstieg für unflexible Betreuungszeiten oder gesundheitliche Einschränkungen rechtfertigen. Doch nicht verzagen: Die Mission „Berufsleben reloaded“ kann trotzdem gelingen.

Elf Monate hat Katrin Meyer ihre Kollegen nicht gesehen. Früher war sie oft die Letzte auf dem Nachhauseweg. Dann kam der Krebs. Nach Operation, Chemotherapie und Bestrahlung hat die 42-Jährige das Nierenkarzinom
besiegt. Sie will wieder arbeiten.

Von null auf 100 ist Quatsch

Auch Simone Haider-Glaser zieht es zurück an den Werktisch. Drei Jahre lang gehörte die Schreinerin ganz ihren Kleinen. „Eine schöne Zeit, aber nach und nach sehnte ich mich nach einer neuen Aufgabe“, erinnert sich die zweifache
Mutter. Also geht die 37-Jährige auf Stellensuche. Ein Job, der sie erfüllt und
Raum für Familie lässt muss her. Bei Winzki – dem Hörbert-Hersteller – wird sie
fündig.  „Nach einer langen Auszeit sofort von null auf 100 zu springen, ist keine gute Idee“, warnt Sebastian Bönisch, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation. Wer zurück ins Berufsleben hüpfen will, sollte zuerst einmal analysieren was geht und was nicht geht. „Nicht immer, ist die bisherige Tätigkeit geeignet“, sagt der Gesundheitsökonom. So kann die Ex-Krebspatientin anfangs nur in Teilzeit arbeiten. Für junge Mütter hingegen kommen lange Anfahrtswege nicht mehr in Frage.

Notfalls wird die Umschulung bezahlt

IT-Magangerin Katrin Meyer liebäugelt mit einer stufenweisen
Wiedereingliederung. Stimmt der Chef zu, arbeitet sie mit ihrem Arzt einen
Stufenplan aus. „Dieser legt fest, zu welcher Zeit der Mitarbeiter wie viele
Stunden und welche Arbeitsbelastung bewältigt“, erklärt Bönisch. Versicherungstechnisch bleibt die Powerfrau während der Übergangszeit arbeitsunfähig. Ziel ist es, sich schrittweise – sozusagen in Häppchen – wieder einzugewöhnen. Weniger Rückfälle sind die Folge. Was viele nicht wissen: Unternehmen haben die Pflicht, länger erkrankten Mitarbeitern ein betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten. Dazu gehören Gesundheitsprogramme, interne wie externe Fortbildungen
oder sogar Umschulungen.

Auch für Simone Haider-Glaser ist ein langsamer Aufbau sinnvoll. Die Mutter zweier Kinder steigt zunächst als Minijobberin bei Familienbetrieb Winzki ein. Das Unternehmen produziert in Handarbeit kindgerechte MP3-Player aus Holz. Sogenannte Hörberts. Sechs Stunden pro Woche behandelt die Handwerkerin Oberflächen, baut Klangkisten zusammen und repariert Gehäuse mit
Gebrauchsspuren. „Dieses vorsichtige Herantasten war für mich und meine Familie extrem wichtig“, sagt sie. So gewöhnt sich der Nachwuchs langsam daran, dass Mama nicht immer Zuhause ist. Und die Wiedereinsteigerin hat Zeit, die Hausarbeit zu organisieren.

Motivation schlägt Verwaltungsaufwand

Nach einem Jahr stockt Haider-Glaser auf 50 Prozent auf. Geschäftsführer
Rainer Brang, selbst Vater von zwei Söhnen, sieht in flexiblen
Arbeitszeitmodellen einen Gewinn für alle Beteiligten. „Solange meine Mitarbeiter die Arbeit gewissenhaft erledigen, spielt es keine Rolle, ob sie vor- oder nachmittags, montags oder dienstags in der Werkstatt sind“, erklärt er. Zwar erhöhe die Flexibilität den Verwaltungsaufwand, dafür sei das Team zufriedener und motivierter. Auch Ehefrau Sandra arbeitet in Teilzeit.

Um trotz so vieler Variablen kontinuierlich fertigen zu können, sprechen sich die Kollegen untereinander ab. „Das funktioniert meist ohne mein Zutun“, so Brang. Außerdem hat jedes Teammitglied zur Haupt- eine  Alternativaufgabe. Fällt ein Kollege aus, kann ein anderer einspringen. Was die Belegschaft glücklich macht, freut auch den Chef: „Abwechslung tut uns allen gut.“

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