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Wie Mädchen sich benehmen sollten: Hauptsache, die Jungs finden’s süß

Die „Bravo“ löst mit „100 Tipps für eine Hammer-Ausstrahlung“ einen Shitstorm aus und zementiert mal wieder eindrucksvoll ihr Frauen- beziehungsweise Mädchenbild.

„Sei ein niedlicher Tollpatsch“

Vereinzeltes auf der Liste, die zuletzt für einen ordentlichen Shitstorm für die „Bravo“ gesorgt hat, klingt ja eigentlich ganz vernünftig: „Alle Girls in deiner Klasse schminken oder frisieren sich ähnlich? Wunderbar – dann style dich ganz anders. Einzigartigkeit fällt Jungs positiv auf!” Prima, denken wir da, Individualität zu predigen ist doch immer eine feine Idee.

Allerdings wird dieser Ratschlag konterkariert durch fast alle übrigen der insgesamt 100 Tipps, die „Bravo“ Anfang Juli auf ihrer Website veröffentlicht hat, eine kleine Auswahl:

– „Rasiere regelmäßig deine Beine und Achseln. Girls, die sich gut pflegen, wirken sexy auf Jungs. Sie mögen es, wenn ein Mädchen sich Mühe mit ihrem Aussehen gibt.”

– „Viele Jungs stehen auf frische Girlwangen. Benutze immer Rouge – das wirkt gesund und sexy auf Typen!“

– „Der Klassiker: Stolpere in deinen Schwarm hinein. Entschuldige dich überschwänglich bei ihm. Er wird dich total niedlich finden, weil du ein kleiner Tollpatsch bist.”

– „Stehst du auf dem Schulhof oder an der Bushaltestelle, dann überkreuz mal deine Beine. Diese Pose lieben Star-Girls, weil sie schlank macht und sexy wirkt!”

– „Guck Jungs eher immer leicht von unten an. Das wirkt am süßesten auf Typen!”

– „Binde dir einen orangen- oder pfirsichfarbenen Schal um. Der bringt deinenTeint zum Leuchten und lässt dich attraktiver wirken.”

– „Du willst eine sexy Ausstrahlung? Dann wähle ein Top, dessen Ausschnitt eine Schulter rausblitzen lassen kann.”

– „Zeig, dass du ein Girl bist! Je weiblicher du dich kleidest (Rock, Kleid), umso attraktiver wirkst du auf Jungs!”

Wie sollen sich denn da all die nacktschultrigen Girls mit pfirsichfarbenem Schal und Pfirsichwangen ihre Individualität erhalten, während sie mit überkreuzten Beinen und den Händen in den Potaschen (Tipp 40) die Haare lässig zurückwerfen (Tipp 47) und leicht von unten nach oben linsen? Eben. Bei der Hammer-Ausstrahlung geht es ausschließlich darum, durch Optimierung des Äußeren dem männlichen Geschlecht positiv aufzufallen. Oder wie es hier schön zu lesen war: „Der süße Tobi aus der 7b rutscht nämlich nur über euch drüber, wenn ihr auch ja rasiert, geschminkt und gut drauf seid!“

Oberstes Ziel: Den Jungs gefallen

Nun muss man natürlich sagen, dass das eigentlich für fast jede Frauenzeitschrift gilt, die die Seiten zwischen den Anzeigen redaktionell zu befüllen hat. Aber man darf annehmen, dass deren Zielgruppe, in der Regel erwachsene Frauen, in ihrem Selbstbewusstsein ein wenig gefestigter sind als pubertierende Teenager und sich nicht mehr zu stark kirre machen lassen von Tipps, die nicht etwa Selbstbewusstsein und Individualität fördern sollen, sondern zur Unterordung aufrufen mit dem obersten Ziel, Männern beziehungsweise Jungen zu gefallen.

Klar, dass es Müttern und Vätern von Mädchen in der Pubertät angesichts dieses angehäuften Schwachsinns die Zehennägel aufstellt.

Die Tipps waren auf der „Bravo“-Website übrigens nicht mehr aufzufinden. Ob das am Shitstorm der vergangenen Tage liegt, wissen wir noch nicht, wir haben bei „Bravo“ nachgefragt und uns außerdem erkundigt, wie die Redaktion zu den 100 Tipps steht und wie sie ihre Verantwortung, die sie als Jugendmagazin für die Entwicklung von Jugendlichen möglicherweise hat, definiert. Kurz darauf wurde diese Stellungsnahme veröffentlicht.

Und weil nicht alles schlecht sein soll, hier Tipp 100: „Sei du selbst! Bei jedem Kontakt mit Jungs ist das die wichtigste Ausstrahlungsregel. Wenn du dich nicht verstellst, bist du total umwerfend.“ Na also, geht doch.

In bester Fünziger-Jahre-Tradition

Was vielleicht auch noch ein bisschen tröstlich ist: Der Text, der jetzt so viel Empörung ausgelöst hat, steht in guter Tradition . Die „Bravo“ bewegt sich gewohnheitsmäßig in einem Fünfziger-Jahre-Kosmos, wenn es darum geht, Mädchen im Umgang mit dem anderen Geschlecht zu schulen. Das bedeutet, dass bereits mehrere Generationen von Mädchen mit dem Quatsch aufgewachsen sind und im Großen und Ganzen als erwachsene Frauen in der Welt zurechtkommen. Ich selbst war ab zwölf oder dreizehn euphorische „Bravo“-Leserin. Und ich erinnere mich noch heute sehr gut daran, dass meine Freundinnen und ich schon damals vieles unglaublich dämlich fanden, speziell erinnere ich mich an einen Tipp, der bei uns zum Running Gag wurde, nämlich beim Flirten mit Jungs leicht die Lippen zu öffnen und diese dann zu lecken. Habe ich eher selten angewendet.

Aber nur, weil es früher auch nicht besser war, heißt das natürlich nicht, dass Eltern heute einfach abwinken können, wenn das Medium der Wahl ihrer Töchter mit derart reaktionärem Müll daherkommt. In Zeiten der Medienkrise wäre das womöglich eine Marktlücke: Ein Magazin für Mädchen, das sie zeitgemäß auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden begleitet. Würde sich bestimmt gut verkaufen. Zumindest bei den Eltern.

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