Jeden Februar wird Berlin zwölf Tage lang von der Berlinale beherrscht. Eine Zeit, in der ein Zauber über der Stadt liegt – und genau um diesen Zauber geht es unter anderem in „Zehn Tage im Februar“, dem neuen Buch von Heike-Melba Fendel.
Und jedes Mal, der Berlinale-Zauber
Der Zauber, der sich jedes Jahr aufs Neue im Feburar über Berlin legt, verfliegt so langsam schon wieder – denn die 67. Berlinale ist schon wieder vorbei. Der Glamour des ganz großen Kinos und das Schillernde, der internationalen Filmschaffenden weichen wieder Abgasen und dem Alltagsfrust. Statt sich in die Welt der Filme und deren Geschichten zu verlieren, müssen jetzt wieder Einkaufslisten geschrieben werden. Allerdings gibt es auch nach diesen zehn Tagen die Möglichkeit, zurück in diese Welt zu gelangen. Die erste ist, sich die Filme der Berlinale immer und immer wieder anzusehen. Die zweite ist, sich ein Buch zu schnappen, die einen in die Welt des Films zurückholt. Eines dieser Bücher ist: Zehn Tage im Februar, von Heike-Melba Fendel.
Die Handlung spielt in den großen Metropolen, der europäischen Filmfestspiele: Cannes, Edinburgh und eben auch Berlin. Der Schwerpunkt liegt aber definitiv auf Berlin. Wer hier wohnt, wird beim Lesen der Ich-Erzählerin durch die Straßen der Hauptstadt und über deren Plätze folgen. Es macht aber auch nichts, wenn man selbst noch nie in Berlin war. Die Kulisse der Stadt und ihre Feinheiten werden so präzise beschrieben, dass man sich Berlin auch vor seinem inneren Auge zusammenbauen kann. Ebenso präzise beschreibt sie den Trubel und das größtenteils nicht ganz so glamouröse Treiben der Leute hinter den Kulissen.
Hinter der letzten Stuhlreihe filmten Kamerateams über die Köpfe der schreibenden Kollegen hinweg, wie sie es ab morgen bei den täglichen Pressekonferenzen im ersten Stock des Hyatt tun werden, wo Macher und Stars Fragen zu Film oder Rolle oder – wenn es blöd läuft – Figur und Frisur beantworten werden.
Der namenlose Mann
Generell hat man bei diesem Buch das Gefühl, die Gedanken von Evelin, der Hauptperson des Buches, ungefiltert mitzubekommen. Die Gefühle, die sie zu anderen Menschen und Städten pflegt, erscheinen einem nach gewisser Zeit, wenn man sich zu sehr in das Buch vertieft, wie die eigenen.
Allerdings muss an dieser Stelle auch gesagt sein, dass dies ein Buch zum Träumen, zum Alltag vergessen ist und keines, um ganz neue Einsichten zu erlangen. Denn so sprachgewandt das Buch in seinem saloppen Ton ist, so sehr fehlt es ihm hier und da auch an Tiefe. Zwar entwickelt sich die Protagonistin beruflich, doch an persönlicher Reife scheint sie nicht dazu zu gewinnen.
Ich fand nicht, dass das stimmte. Weil mich nur Anfänge interessierten. Weil ich so gut gehen konnte. Ich ging, wenn etwas unangenehm wurde. und dann probierte ich etwas Neues. Es gab immer etwas Neues.
Das Alter von Evelin wird zwar nicht genannt, aber es wird angedeutet, dass sie bereits mindestens in ihren Dreißigern ist. Und doch wirken ihre Gedankengänge und ihr handeln, vor allen Dingen als Partnerin, sehr unreif. Zu oft wird sie von irrationaler Eifersucht getrieben, von der ich annehme, dass sie mit zunehmender Reife abnimmt. Und zu oft wird ihr Mann, der im Buch nicht mal einen Namen bekommt, als langweilig verunglimpft, von dem sie sich, aber dennoch nicht trennen möchte.
Wer also ein wenig Abstand zu seinem vernünftigen, realitätsnahem Alltag haben möchte, sollte zu diesem Buch greifen. Ebenso die Berlin-Verliebten und Berlinale-Nachtrauernden. Allen anderen würde ich davon abraten.
Heike-Melba Fendel: „Zehn Tage im Februar“, Blumenbar Verlag, 2017, 205 Seiten, 18 Euro.
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