Die österreichische Journalistin Corinna Milborn kritisierte am Osterwochenende ein Werbebild eines Unterwäsche-Herstellers. Und erntete dafür einen sexistischen Kommentar von Sportler Felix Baumgartner. Ihre Antwort darauf ist großartig.
„Das passiert Frauen dauernd, und es trifft alle“
„Unsere Osterhöschen“ – das war die Bildunterschrift eines Werbebildes, das der Unterwäschehersteller Palmers am vergangenen Osterwochenende auf Facebook gepostet hatte. Zu sehen sind sechs Frauen, die lediglich mit einer Unterhose bekleidet, in einem mit Erde gefüllten Zimmer, auf einem Teppich auf dem Boden liegend von hinten fotografiert wurden. Eine typische Pose von Palmers, aber ein ziemlich, man könnte sagen, kurioses Setting. Und eines, das dann für ordentlich Wirbel in den sozialen Netzwerken sorgte. Das Bild spaltete – neben viel Kritik gab es auch viele Befürworter dieses „Ostergrußes“ – nicht überraschend, schließlich gab es viel nackte Haut zu sehen. Auch die österreichische Journalistin Corinna Milborn äußerte sich kritisch auf Facebook zu dem Foto und fragte sich, warum diese „Osterhöschen“ in einem mit Dreck gefüllten Zimmer auf dem Boden liegen müssen.
Quelle: Palmers | Facebook
Schnell kam darauf eine Antwort von jenen, die das wieder als zu politisch korrekt, als Überreaktion auf ein doch so zauberhaftes Bild empfanden. Darunter auch der Sportler Felix Baumgartner, der aber nicht nur seine Freude an dem Werbebild kundtat, sondern auch gleich mit Body Shaming gegen Milborn nachlegte. Denn, so schrieb er, bei ihrer Figur sei es ja kein Wunder, dass sie das Bild nicht gut finden würde.
Bravo, hier sehen wir das Paradebeispiel eines Versuchs, eine Frau mit einem sexistischen Kommentaren zu degradieren und so mundtot zu machen. Verwundern tut das bei Baumgartner nicht unbedingt, schließlich hat er schon einmal sein krudes Frauenbild unter Beweis gestellt, als er den Rücken seiner Ex-Freundin als Tablett benutzte und davon ein Bild ins Netz stellte. Umso schöner ist, dass die Journalistin sich nicht von seinem Kommentar einschüchtern ließ. Sie antwortete ihm nun mit einem Facebook-Video – und das ziemlich versiert.
Quelle: Felix Baumgartner | Facebook
Erst einmal erklärt sie, warum sie das Bild kritisiert hat:
„Man sieht darauf Frauen, die kaum bekleidet auf einem schmutzigen Boden liegen und mit dem Gesicht gegen die Wand auf einen Haufen Dreck schauen. Das erinnert mich an meine Recherchen zu Menschenhandel – nämlich an die Fotos, die Frauenhändler von ihren Opfern machen, um dem nächsten Abnehmer die ‚Ware’ zu zeigen: Man sieht da Frauen, wenig oder nicht bekleidet, in Abbruchhäusern oder Kellern, oft von hinten fotografiert, damit man das Gesicht nicht erkennt und die Frauen nicht gefunden werden können. Das ist eine Realität. Und ich finde so eine Ästhetik sehr unpassend für eine Werbung für Unterwäsche zu Ostern.“
Dann geht sie über zum Mechanismus, der hinter Felix Baumgartners Kommentar steckt:
„Sie sind aber nicht auf diese Kritik eingegangen, sondern haben behauptet, ich hätte das Sujet wegen meiner eigenen Figur kritisiert. Was überhaupt keinen Sinn ergibt. (…)Was Sie da getan haben, ist nämlich sehr typisch. Sie haben nicht einen der Männer kritisiert, die das Sujet ebenso gesehen haben, sondern haben sich eine Frau herausgepickt. Und Sie sind nicht auf den Inhalt eingegangen, sondern haben zusammenhanglos mein Aussehen, meinen Körper thematisiert.“
Und weiter:
„Das passiert Frauen dauernd, und es trifft alle: Zu hübsch um ernst genommen zu werden, zu blond um gescheit zu sein, zu sexy oder zu unweiblich, zu stark geschminkt oder zu hässlich, zu dünn oder zu dick, zu alt oder zu dunkelhäutig (oder mit der falschen Figur um eine Meinung zu äußern – was, mit Verlaub, wirklich zum Deppertsten gehört).“
Auch warum es für sie keine Option war, nicht auf den Kommentar zu antworten, selbst wenn sie erst darüber nachgedacht hat, erklärt die Journalistin.
„Ich will nicht, dass Ihr Facebook-Posting – mit dieser Reichweite – dazu führt, dass irgendeine Frau da draußen das Gefühl hat, sie müsse sich erst irgendwelchen Schönheitsvorstellungen von Leuten wie Ihnen beugen, bevor sie in der Öffentlichkeit den Mund aufmacht.“
Und sie endet mit einer Einladung in ihre Puls 4-Sendung „Pro und Contra“, um mit Felix Baumgartner nicht nur über das Werbebild und die Reaktionen darauf, sondern auch über sein Frauenbild im Allgemeinen zu sprechen. „Sie sind ja schon aus dem All gesprungen, Sie sind also sicher nicht zu feig dafür – oder, um es in Ihrer Sprache zu sagen: Sie haben doch sicher die Eier, sich der Diskussion zu stellen.“
Danke, Frau Milborn! Wir sind jedenfalls auch schon sehr gespannt, auf dieses Gespräch.
Hier könnt ihr das Video mit ihrer Antwort in voller Länge sehen.
Artikelbild: Flickr | Werbeplanung.at Summit 11 |Bernhard Bergmann | CC by 2.0
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