Mit ihrer Rolle als Meredith Grey in „Grey’s Anatomy“ verdient Ellen Pompeo mittlerweile 20 Millionen Dollar im Jahr und ist damit die bestverdienende Frau im TV. Bis dahin war es aber ein langer Weg, auf dem ihr nicht nur die Strukturen im Filmbusiness, sondern auch sie selbst sich im Weg standen. Was sie geändert hat und welche Frau ihr dabei half, darüber hat sie nun ein tolles Interview gegeben.
„Wenn du denkst, du verdienst es nicht, kannst du nichts erreichen”
Eigentlich wollte Ellen Pompeo nie Star einer Ärzteserie werden. Sie wollte Filme machen, in immer neue Rollen schlüpfen und nicht in den starren Strukturen einer Serie haften bleiben – denn das kam ihr wie verschenktes Potenzial vor. Doch irgendwann blieben die Rollen aus, sie war fast pleite und so schaute sie sich etwas widerwillig das Skript zu „Grey’s Anatomy“ an, das ihr Agent mitgebracht hatte. Das Skript zu der Serie, die nicht nur sie später zur bestbezahltesten TV-Schauspielerin machen würde, sondern auch der Durchbruch für die Anfang der 2000er Jahre noch unbekannte Autorin und Produzentin Shonda Rhimes war, die die Idee zur Show lieferte. Doch der Erfolg von Pompeo ist nicht nur durch die Serie mit Shonda Rhimes verknüpft, sondern vielmehr durch die Freundschaft der beiden, wie sie in einem Interview mit „The Hollywood Reporter“ erzählt: Sie habe ihr vor allem als Mentorin und Freundin dazu verholfen hat, genau dahin zu kommen, wo sie heute ist, in dem sie ihr dabei half, ihren eigenen Wert zu erkennen und nicht mehr zu schüchtern zu sein, einen Vertrag auszuhandeln, der dem wirklich entspricht. Auch durch Sätze wie jenen:
„Als Frau, so viel weiß ich, kannst du nichts mit dem Standpunkt ‚Ich verdiene das nicht oder ich frage nicht nach etwas, weil ich andere Menschen nicht verärgern will, erreichen.’“
Doch genau das war, was Ellen Pompeo lange Zeit ihres Lebens wahnsinnig schwerfiel – selbst als sie bereits unersetzlich für die preisgekrönte Serie, die Milliarden an Dollar einspielt, geworden war. Der Erfolg der Serie alleine reichte nicht, um für sich einzustehen, es brauchte eine Freundin wie Rhimes, die sie darin bestärkte, die Selbstzweifel beiseite zu schieben und sich klar zu machen, dass die Leistung, die Pompeo als Schauspielerin erbringt, auch ihren Preis haben muss – aber dass ihr diesen niemand freiwillig zahlt, wenn sie nicht den Mumm hat danach fragt: „Entscheide, was du wert bist und frage danach. Niemand wird dir das einfach so geben.“ Die Ursachen dafür, dass sie so lange brauchte, um wirklich selbstbewusst zu verhandeln, sieht Pompeo in einem Mix ihrer eigenen Unsicherheit und den Strukturen im Filmbusiness.
„Ich bin jetzt an dem Punkt danach zu fragen, was mir zusteht“
Wie viel zählt mein Talent, wenn es von anderen nicht wirklich gewertschätzt wird? Wie viel zählt es, wenn ich dieses Talent in einen Job einbringe, den ich mir eigentlich nicht erträumt habe? Darauf eine Antwort zu finden, fällt sicher vielen Menschen schwer, die zwar erfolgreich sind, sich aber einen anderen Lebensweg gewünscht haben. Für die Schauspielerin kam die Versöhnung damit erst mit dem Älterwerden.
„Ich bin jetzt 48 und bin endlich an dem Punkt angekommen, an dem es für mich okay ist, danach zu fragen, was mir zusteht. Ich weiß, dass ich für viele nicht die relevanteste Schauspielerin da draußen bin, weil ich ‚nur’ in dieser Serie mitspiele. Aber das 14 Jahre wirklich gut zu machen, dazu gehört verdammt viel Können.“
Und dafür wollte sie nun auch enstprechend bezahlt werden.
Sicher, so sagt sie, gibt es viele junge Frauen, die aktuell große Filme machen, und die als wesentlich erfolgreicher angesehen würden als sie – selbst wenn sie vielleicht im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen einen Witz verdienen. Das bringe den Frauen aber nichts, wenn sie dann mit etwa 33 oder 34 Jahren wieder Schnee von gestern seien und sich kein Polster für die Zeit danach hätten ansparen können. „Diese Frauen haben kein Geld, während die Studios ein Vermögen einnehmen und sie wie Ponys über den roten Teppich schicken.“ Auch ihr ging es im Laufe ihrer Karriere ähnlich als sie irgendwann mehr Geld als ihr Serienkollege Patrick Dempsey alias „McDreamy“ forderte, weil sie schließlich Namensgeberin der Serie sei – ihr das aber nicht gewährt wurde. Zudem wurde ihr, so erzählt sie, jahrelang damit gedroht, dass man sie im Zweifel nicht brauche, weil man ja Patrick habe. Es sind die Machtspielchen, von denen man immer wieder hört und die sich nur allzu leicht mit jemandem spielen lassen, der an sich selbst zweifelt. „Wenn wir das Filmbusiness ändern wollen, dann müssen wir genau da (Anm. d. Red. Am Gender-Pay-Gap) ansetzen.“
Wenn sich etwas ändern soll, braucht es starke Bündnisse unter Frauen
Heute muss sie diesen Kampf nicht mehr kämpfen, erzählt sie – auch und vor allem wegen ihrer Freundschaft zu Shonda Rhimes, die ihr ein wichtiges Vorbild war. „Dadurch, dass Shonda nicht nur mehr Macht bekam, sondern sich mit ihrer Machtposition immer wohler fühlte, hat sie mir auch Kraft dafür gegeben, meine eigene Macht zu nutzen. Das Besondere an Shonda sei aber vor allem, dass sie so großzügig mit ihrer Macht umgehe und keine Angst habe, neben sich auch andere groß werden zu lassen:
„Sie ließ mich die bestbezahlte Frau im TV werden, ließ mich Produzentin der Show werden, ließ mich Mitproduzentin des Spinoffs werden und ließ mich aus dem Vertrag, den mir das Studio gegeben hatte, was sehr unüblich ist.“
Das zeigt einmal mehr, wie wichtig gute Netzwerke und Bündnisse unter Frauen sind. Und auch, dass niemandem etwas genommen wird, wenn man andere darin unterstützt, voran zu kommen. Im Gegenteil, aus der Freundschaft und auch der kooperativen Art, wie sie im Beruf zusammengearbeitet haben, haben beide profitiert. Aber, sagt Ellen, für eine bessere Zukunft für Frauen im Business, reiche es nicht, das Machtungleichgewicht einfach zur anderen Seite ausschlagen zu lassen: „Ich glaube nicht daran, dass ausschließlich Frauen in Machtpositionen zu setzen, die finale Lösung ist, denn Macht korrumpiert.“ Das sei für sie keine Frage der Geschlechter, auch wenn es definitiv ein besseres Gleichgewicht zwischen Männern und Frauen in entsprechenden Positionen brauche – auch, deshalb, damit noch mehr Frauen eine „Shonda-Schule“ genießen dürfen, wie sie das konnte.
Das strahlt auch auf die nächster Generation aus. So erzählt die Schauspielerin davon, wie es für ihre achtjährige Tochter total normal sei, am Set selbstbewusste Frauen in Verantwortungspositionen zu sehen – so normal, dass sie auch selbst oft spielerisch mitmische und Befehle rufen würde. „Sie wächst in einer Umgebung auf, in der sie total entspannt mit Macht umgehen kann. Und ich wüsste keinen anderen Ort in Hollywood, wo sie das lernen könnte.“
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