Projektmanagement? Gab es nicht.
Hektik? Oh ja, davon umso mehr.
Mit dieser Situation sah ich mich kürzlich bei einem Kunden konfrontiert. Das gesamte Unternehmen war in Hektik verfallen. Denn der Firma drohte nichts Geringeres als die Schließung.
Nachdem das Unternehmen es über Monate hinweg nicht geschafft hatte, eine neue gesetzliche Vorgabe umzusetzen, war es der Aufsichtsbehörde zu bunt geworden. Das Ergebnis: Eine Woche lang stand die Firma Kopf. Am Ende konnte sich der Betrieb gerade noch vor der Schließung retten. Glück gehabt.
Doch es bleibt die Frage: Wie konnte es überhaupt dazu kommen?
Der unbeachtete Wunsch nach Priorisierung
In der Zusammenarbeit mit meinem Kunden brauchte ich nicht lange, um die Ursache aufzuspüren: von einem zielorientierten Projektmanagement keine Spur. Priorisierungen, Ressourcenmanagement, eine übergeordnete Projektsteuerung – immer wieder aufgeschobene Wünsche im stets über-vollen Kalender der Führungskräfte.
Damit stand mein Kunde vor einem Problem, das etliche Unternehmen aller Größen bestens kennen: Alle haben viel zu viel zu tun und gefühlt tausend Projekte und Themen auf dem Schreibtisch. Entsprechend kann sich niemand die Zeit für Projektmanagement und die damit verbundene Planung und Steuerung aus den Rippen schneiden. Anstatt essentiell wichtige Projekte zu priorisieren, kümmert sich also jeder „so ein bisschen“ ums Projektmanagement und tut das, was ihm aktuell gerade am dringendsten scheint – oder auch das, was ihm persönlich am ehesten liegt. Der Blick von oben auf die aktuelle Lage fehlt allerdings.
Dieser Zustand ist deshalb so gefährlich, weil er sich immer weiter und feingliedriger in den Arbeitsablauf jedes einzelnen Mitarbeiters hineinfrisst. Ohne ein übergeordnetes Projektmanagement kann das so weit gehen wie bei meinem Kunden: Er bearbeitet viele Projekte in enger Abstimmung mit einem externen Partner. Als Verantwortlichen hatte dieser beispielsweise jeweils einfach den Namen des Unternehmens angegeben. Aber wer ist denn nun bitte verantwortlich?
Der Teufelskreis der fehlenden Zeit
Damit solche Lücken gar nicht erst auftreten, ist ein übergeordnetes Projektmanagement, ein Multiprojekt- oder auch Projektportfoliomanagement unabdingbar. Denn die Mär „Wir haben keine Zeit für Projektmanagement“ ist aus meiner Sicht nichts weiter als ein eindeutiger Denkfehler. Je weniger Zeit Sie sich für die Aufsetzung eines gelungenen Projektmanagements nehmen, desto mehr Zeit verschenken Sie dafür, den Überblick in einem unpriorisierten Wust von Aufgaben zu wahren. Doppelarbeiten, Stress und Überlastung, Zeitverzögerungen und Kosten- wie Aufwandssteigerungen sind die gängigen Konsequenzen.
Sicher macht niemand diesen Denkfehler böswillig. Ich weiß, dass viele Führungskräfte und Mitarbeiter sich ganz einfach gefangen fühlen in ihrem täglichen Hamsterrad. Gerade dann kann ein sinnvolles Projektmanagement jedoch große Erleichterung schaffen. Und das gilt natürlich nicht nur für den Arbeitsalltag. Auch privat ist es hilfreich, die Aufgaben zu priorisieren.
Das richtige Maß
Denn mit einem übergeordneten Projektmanagement fällt es Ihnen um ein Vielfaches leichter einzuschätzen: Welche Projekte und Aufgaben sind wichtig, welche können Sie persönlich bzw. auch Ihre Mitarbeiter leisten und welche zunächst zurückstellen?
In welchem Umfang Sie dazu Projektmanagement betreiben sollten, ist übrigens eine höchst individuelle Entscheidung. Denn Ihr Projektmanagement hängt ab von den Anforderungen an Ihr Unternehmen und gleichzeitig von dessen Kultur. Bei meinem Kunden, der sich gerade noch einmal vor der Schließung gerettet hatte, war beispielsweise kein umfangreiches Projektmanagement-System vonnöten. Das Unternehmen ist klein und entsprechend haben wir „nur“ die Anforderungen an Einzelprojekte und an deren Planung sauber analysiert und das Projektmanagement sowie Priorisierungen und Ressourcensteuerung entsprechend (neu) aufgesetzt.