Die Autorin und Finanzbloggerin Natascha Wegelin hilft Frauen auf ihrem Weg in die finanzielle Unabhängigkeit. Ein Gespräch über Pannen, Geld und Turnschuhverkäufer.
„Es gibt nicht mehrere Prioritäten“
Natascha Wegelin, 1985 im Ruhrgebiet geboren, ist Unternehmerin, Privatanlegerin und Finanzbloggerin. Das Flaggschiff ihres Unternehmens ist das Portal wg-suche.de; einen Teil davon verkaufte Wegelin im April 2017 an Immobilienscout24.de. Seit 2016 betreibt sie den Blog madamemoneypenny.de, um gezielt Frauen (unter anderem auch mit Seminaren und Online-Kursen) über finanzielle Unabhängigkeit von Staat und Partner zu informieren. Gerade erschien ihr neues Buch „Wie Frauen ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen können“ im Rowohlt-Verlag.
Das Interview führt Carina Kontio vom Handelsblatt. Sie kennt Natascha schon lange, duzt sie deshalb und weiß, dass Natascha sich selbst als pommessüchtige Wahlberlinerin bezeichnet.
Nike-Gründer Phil Knight, weil er es vom Schuhverkäufer zum Milliardär geschafft hat?
„Genau, und vor allem: wie. Wenn man seine Biographie liest, kann man nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen angesichts dessen, was er für Tiefen erlebt hat. An so vielen Stellen wäre es leichter gewesen, einfach alles hinzuschmeißen. Hat er aber nicht. Er hatte eine Vision, hat diese eisern verfolgt und sich durch nichts unterkriegen lassen. Absolut faszinierend.“
Bitte ergänzen: Ich unterstütze meine Mitarbeiter*innen und Kolleg*innen in schwierigen Situationen, indem…?
„… ich sie frage, was sie brauchen und wollen und ihnen dann helfe, den effizientesten Weg zu ihrem Ziel zu finden.“
Eine Freundin oder Kollegin denkt oft: „Ich verdiene den Erfolg gar nicht“, „Ich bin gar nicht gut genug“, „Das schaffe ich nie“, „Andere sind um Welten besser als ich…“ – Was rätst Du ihr?
„Zu analysieren, woher dieser Glaube eigentlich kommt. Wem will sie gefallen? Und warum? Und dort sollte sie dann ansetzen, um diesen limitierenden Glauben durch einen positiven zu ersetzen.“
Ein No-Go im Umgang mit Mitarbeiter*innen ist für mich…?
„Alles, was unter Nicht-Mitarbeiter*innen ebenfalls ein No-Go wäre.“
Und das wäre?
„Alles außerhalb einer respektvollen Umgangsweise.“
Feedback ist für mich…?
„… ein Geschenk. Man kann Feedback annehmen oder auch nicht!“
Über ihre Erfolge sollten Frauen…?
„… zuerst mal stolz sein und verstehen, dass sie sich das auch verdient haben.“
Her mit dem Geld: Dein Ratschlag an andere Frauen für Gehaltsverhandlungen?
„Sich detailliert vorbereiten! Die eigenen Erfolge zur Hand haben, seinen Wert kennen, eine Verhandlungsstrategie ausarbeiten. Sich vorher überlegen, welche Gegenargumente kommen könnten und darauf eine Antwort parat haben.“
Dein Tipp, was man mit einem Bonus anstellen sollte: alles auf den Kopf hauen oder doch besser anlegen?
„Beides! Von einem Bonus sollte man sich etwas gönnen, aber am besten auch einen Teil anlegen, um die eigenen finanziellen Ziele zu erreichen. Das könnte zum Beispiel finanzielle Unabhängigkeit sein, aber – Achtung – auch schon früher als mit 67 Jahren in Rente zu gehen.“
Verbündete und Mentor*innen finde ich, indem…?
„… ich offen bin. Ich gehe nicht auf Netzwerkveranstaltungen oder so. Meist werde ich eher gefunden als anders herum.“
In Konfliktsituationen bin ich…?
„Oft (zu) schnell im Angriffsmodus.“
Pannen sind…?
„… super!“
Nicht Dein Ernst, oder?
„Doch, alles, woraus man lernen kann, ist super.“
Gibt es eine Panne in Deinem Leben, aus der du besonders viel gelernt hast?
„Vor ein paar Jahren schloss ich bei einer Provisionsberatung eine private Rentenversicherung ab – ohne zu wissen, was ich dort eigentlich unterschrieb. Drei Jahre später stellte sich heraus, dass ich bereits etliche Tausend Euro an Gebühren versenkt hatte. Diese Versicherung war ein guter Deal für die Beraterin – nicht für mich. Ich beschloss, dass mir so etwas nie wieder passieren würde.“
Wie gehst Du mit Stress um?
„Ich versuche Stress durch extreme Fokussierung und harte Priorisierung vorzubeugen.“
Hast Du einen konkreten guten Tipp, wie man die richtigen Prioritäten setzt?
„Erst einmal setze ich keine „Prioritäten“, sondern eine Priorität. Da fängt es schon an. Es gibt de facto nicht mehrere Prioritäten. Man kann ja immer nur eine Sache konzentriert machen. Die Kunst liegt dann darin, den Big Domino zu finden.
Welcher Domino sorgt dafür, dass, wenn er fällt, alle anderen auch umfallen? Was ist diese eine Sache, die andere überflüssig macht? Die suche ich und tue sie. Alles andere, was nicht darauf einzahlt, den Big Domino umzuwerfen, wird nicht gemacht. Punkt.
Das ist nicht immer einfach, im Gegenteil. Man muss lernen Nein zu sagen. Aber es ist doch so: Immer, wenn wir Ja zu etwas sagen, sagen wir automatisch Nein zu etwas anderem. Ja zum Meeting um 20 Uhr bedeutet gleichzeitig Nein zum Abendessen mit der Familie. Ja zu einem externen Auftrag bedeutet gleichzeitig Nein zu meinen internen Projekten.
Wenn wir unser Leben nicht priorisieren, macht es jemand anderes. Und dann haben wir Meeting nach Meeting, Auftrag nach Auftrag und habe nicht das gemacht, was uns eigentlich wichtig ist. Und das ist stressig.“
Nein sagen sollten Frauen zu…?
„… allem, was sie nicht wollen.“
Du merkst, dass Du unglücklich bist in Deinem Job. Was tust Du?
„Abends und am Wochenende ein Side-Business aufbauen und übersatteln, wenn die Zeit reif ist.“
Du hast mit 26 nach ersten Berufserfahrungen bei Parship und Google dein eigenes Unternehmen gegründet – was rätst Du anderen Frauen, die auch diesen Wunsch hegen, sich aber nicht trauen?
„Ich würde ihnen raten, ihren Job nicht zu kündigen, sondern parallel anzufangen, etwas eigenes aufzubauen. So wird das Risiko minimiert. So habe ich es auch gemacht. Wenn es dann nichts wird, ist nichts verloren. Wenn es klappt, wird es auch leicht fallen, zu kündigen. Ein wenig Mut gehört natürlich immer dazu. Zwei Vorbehalte sind oft: ‚Was, wenn ich es finanziell nicht schaffe?‘. Naja, dann lässt du dich halt wieder festanstellen. ‚Was werden andere über mich denken, wenn es nicht klappt?‘ Jemand, der den gleichen Weg schon mal gegangen ist, denkt nicht so über andere. Und alle anderen haben nichts zu melden, weil sie nicht wissen, wovon sie reden.“
Anderen Chef*innen würde ich gerne sagen,…?
„Wenn jeder auf sich selbst schaut, haben alle genug zu tun. Daher passe ich bei dieser Frage.“
Natascha, ich danke Dir für das Gespräch.
Das Gespräch führte Carina Kontio, Redakteurin bei Handelsblatt. Mehr Interviews zu Diversity, Management und Leadership findet ihr im Handelsblatt-Special „Shift“. Carina hat außerdem eine Karriere-Kolumne bei Audible, die ihr euch jeden Donnerstag anhören könnt.
Madame Moneypenny: Wie Frauen ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen können, Rowohlt 2018, 240 Seiten, 10,99 Euro, ISBN: 978-3499633744
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