Foto: flickr | Prefeitura Municipal Itanhaém – CC BY 2.0

Mehr Bewusstsein für Diskriminierung im Internet, bitte!

Auf Facebook kann man Frust ablassen, seine Meinung äußern – und andere rassistisch beleidigen. Criola wollte den Deckmantel der Anonymität im Internet nicht länger dulden und prangerte gezielt User für ihre Hasskommentare an.

 

Das Mysterium Facebook 

In der Übersicht unserer Freunde auf unserem Profil tauchen ganz oben immer wieder Gesichter auf, mit denen wir schon ewig keinen Kontakt mehr hatten. In unserem Chatfenster ist ganz plötzlich unser Jugendschwarm an erster Stelle, den wir aber wirklich – echt jetzt – das letzte Mal vor zwei Jahren gestalkt haben. Die Vermutung mancher, dass die dort auftauchenden Personen möglicherweise unsere engsten Freunde oder vielleicht unsere heimlichen Stalker sind, kann an dieser Stelle aus dem Weg geräumt werden. Auch, welcher Post ganz oben in unserem Feed erscheint oder warum manche einfach spurlos in den Untergrund verschwinden, können wir uns nicht erklären – der Algorithmus von Facebook bleibt ein ewiges Rätsel. 

Außerdem fragen wir uns, wer eigentlich dafür verantwortlich ist, fremdenfeindliche Kommentare zu löschen oder Nutzer zu sperren? Wer sitzt rund um die Uhr „am Schalter“ und entscheidet, welche Inhalte gegen den Facebook-Kodex verstoßen und welche gerade noch durchgehen?

Bei Fragen religiöser und sexueller Selbstbestimmung, oder der Frage, wie Gesellschaften mit der immer größer werdenden Zahl von Flüchtlingen umgehen sollten, wird die Kluft zwischen unterschiedlichen Lagern leider immer größer – und vor allem extremer. Manchmal reicht nur ein einziger Kommentar, um eine Diskussion zum Kippen zu bringen und Hasstiraden zu erzeugen. 

Hasskommentare offen anprangern 

Diese Kommentare zu löschen, löst jedoch nicht das Problem. Das Entfernen eines Kommentars in der virtuellen Welt bekämpft nicht die Ansichten, die in der realen Welt existieren. Wie geht man am besten mit fremdenfeindlichen Kommentaren um?

Die Organisation Criola, die sich in Brasilien für die Förderung der Rechte von dunkelhäutigen Frauen einsetzt, lieferte dazu eine spannende Antwort: Nachdem die brasilianische Wettermoderatorin Maria Júlia Coutinho einen Kollegen im landesweiten Fernsehen korrigiert hatte, wurde sie im Netz mit Hasskommentaren überflutet. „Wenn du duschen würdest, wärst du nicht so schmutzig“ oder „Ich kam nach Hause und stank nach schwarzen Menschen“, schrieben ihre Gegner. 

Weil Criola den Deckmantel der Anonymität im Internet nicht mehr dulden wollte, ermittelten sie anhand der Geodaten des Postings die Standorte der Facebook-Nutzer und montierten Plakate mit den jeweiligen Hasskommentaren in ihrer unmittelbaren Nähe. Das Profilfoto und der Name wurden verpixelt. Auf der Website ihrer Aktion „Virtueller Rassismus – reale Konsequenzen“ machen sie deutlich: 

„Wir wollten die Menschen zum Nachdenken anregen, auf das Thema aufmerksam machen und eine Diskussion starten, um die Leute dazu zu bringen, sich über die Konsequenzen bewust zu werden, bevor sie solche Kommentare im Internet posten.“

„Virtueller Rassismus – reale Folgen“, eine Kampagne gegen Hasskommentatoren.        Quelle: W3haus

Meinungsfreiheit? Von wegen! 

Und wer behauptet, dass es sich bei den Hasskommentaren lediglich um freie Meinungsäußerung handle, hat den Artikel drei des Grundgesetzes anscheinend nicht ganz verstanden: Alle Menschen sind gleich. Und niemand darf wegen seiner Sprache, seiner Herkunft, seiner Abstammung, seines Geschlechts, seines Glaubens, seiner Heimat und Herkunft, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Zu leugnen, dass Hasskommentare Feindseligkeit schüren und zur Diskriminierung unterschiedlicher Gruppen beitragen, wäre fatal.  

Weil Facebook für seinen Umgang mit menschenrechtsverletzenden Beiträgen in der vergangenen Zeit zunehmend in die Kritik geriet, kündigte das Unternehmen, wie Zeit Online berichtete, Ende November an, weniger Toleranz zu zeigen und die Regeln zu verschärfen.

Ob und inwiefern dieses Vorhaben auch umgesetzt wird oder eher als PR-Maßnahme versandet, wissen wir noch nicht.

 

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