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Netzdebatten: Wenn kritischer Meinungsaustausch zur Hetzkampagne mutiert

Aktuell zeigt der Fall von Ronja von Rönne, wie gefährlich eine Meinung sein kann. Auf die Journalistin wurde eine mediale Hetzjagd gestartet.

 

Meinungsvielfalt: Wer darf hier was?

Im Privaten kann man mit Meinungen gerade noch umgehen. Zumindest die meisten. Zumindest denken wir das. Und was dort vielleicht zu einer Auseinandersetzung führt, kann im Netz zu einem Shitstorm erwachsen oder gar zur Hetze werden. So geschehen ganz aktuell im Fall der Welt-Journalistin Ronja von Rönne.

Ronja von Rönne hat in letzter Zeit mit einigen Artikeln auf sich aufmerksam gemacht, die vielen bitter aufgestoßen sind. Insbesondere ihr Text „Warum mich der Feminismus anekelt“ hat im Netz die große Runde gemacht und auch bei uns ist daraufhin ein offener Brief an die Journalistin veröffentlicht worden. Und das ist auch genau richtig so, denn von Rönne hat mit einer starken Meinung vorgelegt und daraus hat sich zunächst eine rege Debatte mit einem inhaltlichen Für und Wider ergeben.

Vom Bashing zur Drohung

Was allerdings eindeutig zu weit geht, ist das zu einer medialen Hetzjagd mutierte Netz-Bashing der Journalistin, die bis zu einem Tweet führte, der als Morddrohung gelesen werden kann. Damit ist ganz eindeutig eine Grenze überschritten, aber so gewaltig, dass man sich fragen muss: Was darf man heute eigentlich noch öffentlich sagen, ohne mit einer verbalen Hinrichtung durch die Netzgemeinde rechnen zu müssen? Und wieso sollte man überhaupt damit rechnen müssen?

Auch wir bei EDITION F haben die Erfahrung gemacht, dass sich Menschen mit Themen und Meinungen an uns wandten, die ihnen auf die dem Herzen brennen. Und die sich schlussendlich doch gegen eine Veröffentlichung entschieden haben, weil die Furcht vor der Reaktion zu groß war. Eine Furcht, die nicht vor einer kontroversen inhaltlichen Auseinandersetzung bestand, sondern davor, in eine Ecke gestellt zu werden, der man sich nicht zugehörig fühlt.

Furcht vor dem Mob

Berechtigte Ängste, wie sich ebenfalls bei Ronja von Rönne zeigt. Denn ihre Texte fanden auch Anklang in rechten Kreisen. Dass das nicht in von Rönnes Sinne ist, hat sie öffentlich klargestellt. Das aber half nicht dagegen, dass schon kurz nach ihrem Text auch die für den Ingeborg-Bachmann-Preis nominierte Autorin selbst langsam in die rechte Ecke rutschte. Durch Fremdzuschreibung. Nachzulesen ist die Diskussion hier.

Wer Texte veröffentlicht, kann nicht mehr steuern, wo sie landen und ob sie Anklang in Gruppen finden, die man selbst nicht gutheißt. Und auch nicht, ob Aussagen in neue Kontexte gestellt werden. Deshalb den Autor zu diffamieren, kann einfach nicht sein. Auch wenn man nicht mit von Rönnes Haltung konform geht, und so verhält es sich auch in unserer Redaktion, kann es nicht sein, dass in unserer angeblich so toleranten Gesellschaft kein Platz mehr für Meinungsvielfalt ist. Dass wir starke Meinungen, die sich weg vom Mainstream bewegen, nicht mehr aushalten können. Und vor Schreck anfangen draufzuhauen, statt nachzufragen. Und ebenso, wie man das Ausufern bei Ronja von Rönne beobachten kann, so kann man es bei jenen, die sich gegen sie positionieren. So war auch Anna-Mareike Krause, die das Aufgreifen von Ronja von Rönnes Texten von Rechts auf Twitter herausstellte, plötzlich Anfeindungen und Gewaltdrohungen ausgesetzt, die gleichermaßen grenzüberschreitend sind. Die zeigen, wie schnell und ungebremst sich der Hass im Netz entspinnen kann.

Es ist verlockend, im Netz seinen Impulsen zu folgen und schnell mal einen Kommentar zu setzen, der nicht bis ins letzte durchdacht ist. Wenn wir uns dabei allerdings allzu oft dazu hinreißen lassen, uns zu weit vom Inhaltlichen wegzubewegen, dann entziehen wir uns der Auseinandersetzung und lassen damit andere verstummen. Dann lassen wir zu, eine Gesellschaft der Meinungsmehrheit zu werde. Und das wäre nicht nur kulturell sehr arm, sondern auch gefährlich. Wir brauchen eine Debattenkultur und die entsteht nur dann, wenn wir Meinungen zulassen und aushalten.

 

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