Berlin hat ein neues Festival: Das Pop-Kultur. Warum die Stadt ein weiteres Festival braucht, was das Programm besonders macht und wie es mit der Frauenquote aussieht, hat uns Festival-Leiterin und Chefin des Musicboards Berlin Katja Lucker erzählt.
Mehr relevanten Pop für Berlin
Was interessiert uns und wie kann ein wirklich besonderer
Abend aussehen? Genau das sind die Fragen, die sich das Organisationsteam des „Pop-Kultur“ Festivals
stellte, das in diesem Sommer erstmals in Berlin stattfindet. Herausgekommen ist ein Programm mit Lesungen,
Konzerten und Talks, die in einem Spannungsbereich zwischen Brooklyner Hip Hop
und neurobiologischen Themen stattfinden – und das so gar nicht mehr an den Vorläufer „Music Week“ erinnert.
Großartig! Und doch hat uns dieser besondere Mix vor
Fragen gestellt – glücklicherweise konnte Katja
Lucker mit Antworten aushelfen. Sie ist die Leiterin des Festivals sowie Chefin des
Musicboards Berlin und erzählt uns von den Anfängen, warum es für sie nicht schwer war, weibliche Künstler zu finden und wer von der Relevanz des Festivals erst einmal überzeugt werden musste.
Wie kam die Idee zur Pop-Kultur auf? Und
wieso seid ihr der Überzeugung, dass Berlin ein weiteres Festival braucht?
„Mir
wurde das Pop-Kultur Festival quasi in den Schoß gelegt. Der Parlamentsbeschluss war, dass
das Musicboard die Trägerschaft der Veranstaltung übernimmt und innerhalb des
Musicboards wurde dann in Zusammenarbeit mit Martin Hossbach und Christian
Morin ein neuartiges Veranstaltungskonzept erstellt. Dabei standen ganz am Anfang drei Fragen, die wir an zahlreiche kreative und kluge Köpfe richteten: Was interessiert dich?
Woran arbeitest du? Wie kann ein besonderer Abend für dich aussehen?
Reine
Musikfestivals gibt es schließlich schon genug. Das Pop-Kultur hat in einigen
Fällen künstlerische Produktionen überhaupt erst ermöglicht – und das ist relativ
einzigartig. Das Talk-Programm ist hochkarätig besetzt: Es unterhalten sich
hier aber nicht einfach Menschen aus der Musikindustrie miteinander, sondern
Sängerinnen und Sänger, Neurobiologen, bildende Künstler und Filmemacher.
Das Festival steht mit seinem mehr als 60 Acts umfassenden Programm für eine
zeitgemäße Diversität und Internationalität. Dass sich überwältigend viele
innovative Köpfe der international erfolgreichsten Festivals und Veranstaltungsorte
angekündigt haben, zeigt, dass unser Konzept weltweit auffällt und inspiriert. Angekündigt haben sich beispielsweise Matt McDonald von der CMJ aus
New York, Chris Sharp vom Londoner Barbican und andere Player des globalen
Pop-Business.“
In der Regel ist die Frauenquote auf Festivals nicht sehr hoch. Du sagst, ihr setzt auf Diversität. Wie viele
Frauen treten denn bei euch auf?
„Ja,
stimmt. Uff, ich habe noch nicht gezählt, aber es sind sehr viele Frauen unter
den Musikern, Talk-Gästen und auch Workshop-Gebern für den Nachwuchs dabei. Na klar habe ich darauf geachtet und großen Wert darauf gelegt, dass Frauen
präsent sind. Ich kann das Argument einfach nicht mehr hören: ‚Du wir
haben echt rumgeguckt, aber einfach keine gefunden.’“
Was ist eigentlich der härteste Part, wenn man ein
Festival organisiert? Ist es die Künstler zu überzeugen, die Sponsoren oder überhaupt eine Location zu
finden?
„Diese
drei Punkte sind alle sehr relevant. Mit dem Berghain habe ich
schon sehr früh gesprochen, das hatten wir sozusagen schon im Sack. Die
Künstlerinnen und Künstler muss man meist viel weniger überzeugen, als die, die
an ihnen verdienen. Also: Managements, Labels und Agenturen. Die finden das
manchmal nicht so cool, wenn ihre Pferde im Stall nicht Business as usual
machen, sondern aufwendigere, künstlerische Produktionen zusätzlich zum
normalen Tourgeschäft realisieren wollen. Letztlich setzen sich die Künstler
und Künstlerinnen dann aber doch durch. Unternehmen zu finden, die die eigene
Philosophie teilen, aber nicht überpräsent sein wollen – was im Berghain sowieso
nicht gehen würde – die zu uns passen und wir zu ihnen, das ist in der Tat ein
Spagat. Aber auch das haben wir am Ende ja gemeistert.“
Gab es mal einen Punkt, an dem ihr dachtet, das wird
alles nicht so hinhauen, wie ihr euch das vorstellt?
„Gute
Frage, aber nein eigentlich nicht. Es gibt immer Momente wo der Druck sich
erhöht und zwischendurch habe ich sicherlich schon mal Druck auf mein Team
ausgeübt. Das ist aber völlig normal und erfahrene Festivalmacher und -macherinnen kennen das. Alles hat da so seine Zyklen, von der Anfangseuphorie
mit unrealisierbaren Spinnereien bis hin zu Genehmigungen oder unvorhersehbaren
Kostensteigerungen. Aber wir sind ein tolles Team und haben bis zuletzt
alles gegeben, da wir alle eine große Leidenschaft für die Sache haben!“
Auf welche Künstler freust du
dich eigentlich am meisten?
„Auf
jeden Fall auf Dr. Tom Fritz und Norbert Bisky – denn Neurobiologie ist ein
Steckenpferd von mir. Aber auch auf Isolation Berlin und
Ho99o9 , Berliner Düsternis und Postpunk Hip Hop aus Brooklyn… ach, es gibt so
vieles, auf das ich mich freue!“
Pop-Kultur: 26. bis 28 August | Berhain | Berlin
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