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Die Journalistin Birte Meier verklagt das ZDF, weil sie schlechter bezahlt wird als männliche Kollegen

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Auch beim ZDF scheint das noch ein Wunschtraum zu sein. Die Frontal 21-Journalistin Birte Meier hat nun gegen die Lohnungleichheit zwischen ihr und einem gleichgestellten Kollegen geklagt.

 

Vor der Kamera gelten andere Standards als dahinter

Frontal 21 ist ein investigatives Politik-Magazin. Das Team deckt immer wieder Missstände auf dem Arbeitsmarkt, in den Sozialsystemen und in der Politik auf. Da erscheint es fast schon zynisch, dass ausgerechnet eine Frontal 21-Journalistin nun vor dem Berliner Arbeitsgericht klagen muss, weil sie brutto weniger verdient als ein gleichgestellter Kollege netto bekam, der mittlerweile im Ruhestand ist. Von ihm erfuhr sie, dass sie viel weniger verdient. 

Beispiel für Birte Meiers herausragende Arbeit als Journalistin: Sie war ein wichtiger Teil des Teams, dass aufgedeckt hat, das mehrere hochrangige Politiker der SPD gegen Honorare für Veranstaltungen „gemietet” werden konnten und 2015 gewann sie mit ihrem Kollegen Christian Esser den renommierten Wirtschaftsfilmpreis.

Am vergangenen Mittwoch fand, wie die Berliner Zeitung berichtet, der erste Verhandlungstag statt. Die beschriebenen Szenen aus dem Gerichtssaal lassen einen kopfschüttelnd zurück: Der verhandlungsführende Richter soll mehr als einmal absolutes Unverständnis geäußert haben und Birte Meier, die übrigens selber keine Kinder hat, darauf hingewiesen haben, dass auch zum Beispiel Schwangerschaften ein legitimer Grund für ein geringeres Gehalt sein könnten. Eine sehr verstaubte Ansicht, die symbolisch für die immer noch vorherrschenden Ungleichheiten im deutschen Arbeitsrecht stehen, das zum Beispiel immer noch Lohnintransparenz deckt.

Auch Birte Meier fand nur durch ein Gespräch mit dem entsprechenden Kollegen heraus, wie viel weniger sie verdiente. Im Oktober hat sich die große Koalition zwar auf Eckpunkte eines neuen „Gesetzes für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern” geeinigt, faktisch haben aber, wenn das Gesetz tatsächlich verabschiedet werden sollte, erst Angestellte eines Unternehmens mit mehr als 200 Mitarbeitern Anrecht auf Informationen über die Gehälter ihrer Kollegen. Kleinere Betriebe blieben hier immer noch außen vor.

Europa als Vorbild 

Das europäische Recht ist zum Glück schon weiter: Die Rechtssprechung der EU sieht vor, dass bei einem Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen ein Job-to-Job-Vergleich vorgenommen, also verglichen wird, ob beide die gleichen Tätigkeiten verüben. Dann ist eine Lohnungleichheit gesetzeswidrig. Neben dem deutschen Antidiskriminierungsgesetz beruft sich Birte Meiers Anwalt auch auf eben dieses Europarecht.

Bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes kann man schwarz auf weiß nachlesen, was im 21. Jahrhundert eigentlich selbstverständlich sein sollte:

„Ungleiche Bezahlung aufgrund des Geschlechts ist eine unzulässige Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und verstößt auch gegen Europarecht.”

Dennoch sprechen die Fakten eine andere Sprache: Deutschland ist eines der europäischen Schlusslichter, wenn es um Lohngerechtigkeit geht. Der allgemeine Gender-Pay-Gap hierzulande liegt immer noch bei 21 Prozent. Und selbst der „bereinigte” Lohnunterschied, also die Differenz, die Frauen bei exakt gleicher Arbeit weniger verdienen, liegt bei 5,5 Prozent. Birte Meiers Fall ist ein trauriges Beispiel dafür, dass diese Zahlen real sind. Und sie ist eine der wenigen Frauen, die sich getraut haben, das nicht länger hinzunehmen.

Die Chance, ein wichtiges Zeichen zu setzen

Das ZDF, das zum ersten Mal wegen Diskriminierung und ungleicher Bezahlung vor Gericht steht, möchte sich mit Birte Meier auf einen Vergleich einigen und einen Auflösungsvertrag durchsetzen. Auch diese Praxis ist ein Grund, warum Frauen so selten gegen Lohnungleichheit klagen: Denn die meisten Jobverhältnisse werden nach so einer Klage aufgelöst, weil das Verhältnis zu geschädigt ist. 

Es wird Zeit, dass das deutsche Arbeitsrecht Frauen besser schützt. Mit Blick auf die Reaktion des Richters auf den Zwischenruf einer Frau im Zuschauerraum „Willkommen im Mittelalter”, bleibt zu hoffen, dass Birte Meiers mutiger und wichtiger Schritt, hilft die verstaubten Strukturen aufzubrechen und nicht an einem Richter abprallt, der „die Damen auf den billigen Plätzen” belehren möchte, dass es „nicht nur schwarz und weiß gibt.” 

Nachtrag

Um die Frage, warum der pensionierte Kollege deutlich mehr verdient als die Klägerin zu beantworten, muss berücksichtigt werden, inwiefern die beiden in vergleichbaren Anstellungsverhältnissen stehen. Birte Meier ging es um die generelle Tatsache, dass viele ihrer männlichen Kollegen mehr verdienen als sie selbst. Der pensionierte Kollege war dabei, laut Birte Meier, wie Übermedien aus der Gerichtsverhandlung berichtete, der einzige Weg, um die Gründe aufzudecken: „Sehr viele Männer verdienen mehr als ich. Die Begründungen dafür waren nicht ersichtlich. Der einzige Weg für mich war die Klage. Und der einzige Weg war der über den pensionierten Kollegen.“ 

Die Urteilsverkündung am 1. Februar wird hoffentlich einige Klarheit schaffen. Eine wichtige Debatte hat die Klage dabei schon jetzt ausgelöst. Damit Gehaltsstrukturen fairer werden, müssen sie erst einmal transparenter werden – und das nicht erst vor Gericht.


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