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„Meine Erreichbarkeit ist meine Freiheit“

Die ständige Erreichbarkeit in der modernen Arbeitswelt wird momentan heiß und kontrovers diskutiert. Monika Hobmeier hat dazu eine ganz eigene Meinung. Als Inhaberin des Bader Hotels in Parsdorf setzt sie sich eigene Regeln. Und fühlt sich richtig gut dabei.

 

Das Wichtigste gleich vorweg. Ich bin 24 Stunden erreichbar. Also permanent. Anders ginge das auch gar nicht, denn als Inhaberin meines Hotels muss und will ich für meine Gäste, aber auch für meine Mitarbeiterinnen da sein. Ich bin gerne ständig erreichbar. Auch wenn das jetzt für viele provokant klingen mag und bestimmt nicht dem Trend in Deutschland entspricht:
Ich trenne ganz bewusst nicht zwischen Arbeit und Privatleben. Beides geht halt einfach ineinander über, die Arbeit ist Teil meines Lebens. Bei mir im Hotel verfließen die Grenzen.

Feedback-Kultur

Alle die jetzt denken, ich sei ein Smartphone-Junkie, muss ich enttäuschen. Die völlige Erreichbarkeit empfinde ich überhaupt nicht als Stress. Beispiel gefällig? Im Sommer waren wir mit der Familie im Urlaub in Italien, und meine Schwester hat mich im Bader Hotel vertreten. Wir hatten vorher einen festen Telefontermin ausgemacht und einmal täglich gab es dann eine kurze Abstimmung! Diese Feedback-Kultur kenne ich aus meiner Zeit in Schweden. Ich wollte meiner Schwester das Gefühl geben, dass sie mich jederzeit anrufen kann. Also eine Art Rückversicherung für sie. Und gleichzeitig um ein gutes Gefühl mich.

Tabus und nächtliche Anrufe

Ich habe für mich Regeln zur Erreichbarkeit entwickelt, an die ich mich strikt halte. So liegt etwa bei uns zuhause kein Handy auf dem Tisch. Wenn wir mit der Familie gemeinsam essen, ist das Handy für mich absolut tabu. Auch wenn ich gerade mit den Kindern spiele oder die Hausaufgaben anschaue, gehe ich nicht ran. Meine volle Aufmerksamkeit gehört dann den Kindern. Die haben aber auch verstanden, dass die Mama immer erreichbar sein muss und dass das Smartphone ein wichtiges Werkzeug in meinem Leben ist. Für meinen Mann ist das ohnehin selbstverständlich. Gerade in den Morgenstunden und auch nachts möchte und muss ich erreichbar sein – das Bader ist ja mein Hotel. Da bin ich die letzte Instanz und habe die Verantwortung. Als Selbstständige und noch dazu im Hotelbereich geht das gar nicht anders. Das ist natürlich ein zweischneidiges Schwert, aber generell finde ich diesen intensiven Wunsch nach Abschalten des Handys und nach „nicht erreichbar sein“ so lustig. Das kenne ich bei mir nicht.

Mein Büro in der Handtasche

Vor zehn Jahren besaß ich noch kein Mobiltelefon. Und musste oft bis 20 Uhr oder länger im Büro sitzen, doch jetzt verschafft mir das Handy wahnsinnig viele Freiheiten! Denn mein Büro habe ich ja immer dabei – meine Mail, mein
WhatsApp … Wenn es die Situation erfordert, kann ich auf den Punkt mit meinen Mitarbeitern kommunizieren und in meiner Doppelrolle als Mutter und
Hotelinhaberin Arbeit und Privates nun viel besser miteinander verbinden. Meine Flexibilität ist durch das Smartphone heute deutlich größer als früher.

Spontan, spontaner, Whatsapp

Gerade dann, wenn die Familienkonstellation keine klassisch geregelten
Arbeitszeiten erlaubt oder sich die Eltern – wie wir es tun – Erziehungszeiten
aufteilen, da ist das Handy eine enorme Hilfe. Es erleichtert meinen
Arbeitsalltag, weil ich einfach sagen kann: Das mache ich später! Oder wenn heute Abend eine Mitarbeiterin ausfällt, die morgen früh um 5.00 Uhr das Frühstück für die Gäste machen muss, erfahre ich das sofort über whatsapp und ich kann spontan reagieren. Früher war das viel komplizierter.

Abschalten? Abschalten.

Ich habe an mir festgestellt, dass ich sehr gut abschalten kann – auch wenn das Mobiltelefon nicht abgeschaltet ist. So kann ich mittlerweile auch sehr gut mal nichts tun. Das meine ich auch genau so – NICHTS TUN. Kein Yoga oder Joggen. Nichts tun. Da reichen dann auch mal nur 10 Minuten.

Wie ich kommuniziere

Am liebsten kommuniziere ich face to face. Es geht absolut nichts über den persönlichen Kontakt, dann kann ich meinen Leuten direkt in die Augen sehen – und fühlen, wie es ihnen geht, wie sie drauf sind. Weiterhin sind mir Meetings sehr wichtig. Wir frühstücken im Team jeden Tag gemeinsam und besprechen den Tag. Ich mag es überhaupt nicht, Dinge zwischen Tür und Angel zu kommunizieren. Mein wichtigstes digitales Medium im Bader Hotel ist Whatsapp. Wir haben eine eigene Gruppe, darüber versende ich etwa den Personaldienstplan.

Jetzt, gut eineinhalb Jahren nach der Eröffnung des Bader Hotels ist die Erreichbarkeit auf einem anderen Niveau. Anfangs war ich die Feuerwehr, wo sofort reagiert werden musste! Aber heute ist die Kommunikation im Team fast nur noch Abstimmung. Besser geht’s eigentlich nicht.

Freiheit statt Bürde

Natürlich gibt es auch Nachteile durch meine selbstgewählte 24 Stunden-Erreichbarkeit. Unkonzentriertheiten. Da blinkt dann Whatsapp und ich schaue sofort drauf. Aber nochmals, in meiner Doppelrolle als Mutter und Hotelinhaberin lässt es sich nicht ändern! Und ich mag es auch nicht ändern. Ich
kann wieder viel mehr privat unternehmen – weil ich so ein tolles Team habe. Es
mag merkwürdig klingen – aber meine Erreichbarkeit ist keine Bürde. Im Gegenteil, sie verschafft mir Freiheit!

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