Foto: Renk Magazin

Melisa Karakuş: „Das Gründen hat mich zu der Frau gemacht, die ich sein möchte“

Mit „Renk“, einem deutsch-türkischen Magazin für Kunst und Kultur hat Melisa Karakuş einen Nerv getroffen – das ehrenamtliche Team wächst. Sie sagt: Das Anfangen ist am schwersten.

 

„Du bist so laut und temperamentvoll, weil du Türkin bist“

„renk. ist ein Onlinemagazin zur Aufdeckung deutsch-türkischer »Ausnahmeverhältnisse«“, so heißt es in der Selbstbeschreibung des Magazins, das Melisa Karakuş 2013 gegründet hat. Die Redaktion des Magazins setzt sich mittlerweile aus mehr als 40 Menschen zusammen, die das Magazin ehrenamtlich gestalten: Sie wollen Klischees über Deutsch-Türken auf kreative Weise zerstören. Melisa, die Grafikdesignerin ist, will so die unterschiedlichen Identitäten und Perspektiven auf die deutsch-türkische Kultur neu vermitteln. Ende März hat die Redaktion das Online-Magazin gerelauncht, und es ist, wie die türkische Vokabel „renk“ schon verrät, ziemlich bunt. Eine Printausgabe hat das Team im November 2016 erfolgreich gecrowdfundet – Pläne für die Zukunft sind noch mehr Offline-Events in ganz Deutschland zu organisieren, um Menschen zu vernetzen.

Uns hat interessiert, wie die Gründung des Magazins Melisa verändert hat und warum mehr Frauen diesen Schritt wagen sollten – denn zu dem Schritt, die eigenen großen Ideen zu verfolgen, soll auch die „Female Future Force“ bewegen.

Welche Erkenntnis hat dich im Leben entscheidend weitergebracht?

„Die Erkenntnis ,zu machen‘. Viele Menschen haben einfach so gute Ideen, aber die meisten setzen sie eben nicht um. Die größte Hürde ist, sich nicht ständig abzubringen von einer guten Idee oder einem tollen Vorhaben. Das ,erst einmal Anfangen‘ ist die größte Hürde und wenn Fehler passieren, die man vorher doch auch gar nicht kennen konnte, dann ist es genau der richtige Weg.“

Hast du dich schon einmal komplett neu erfunden?

„Ja, ich denke mit dem Start von renk habe ich nicht nur eine neue ,Identität‘ für mich gefunden, sondern ich wurde auch zur der Frau, die ich jetzt wirklich sein möchte. Mit einem eigenen Projekt, einem Standbein, einem Statement und ich bin eben endlich ein Stück weit selbstbewusster.“

Was ist deine Super-Power?

„Wenn ich eine Superkraft hätte, dann wäre es der Röntgenblick. Ich versuche immer den Überblick zu haben und Sachen zu durchblicken. Wenn ich mir eine Super-Power wünschen könnte, dann würde ich gerne in der Zeit reisen können.“

Welches Klischees über Deutsch-Türken nervt dich am allermeisten?

„Folgende Fragen und Aussagen:

,Du hast so helle Haut, bist du Halb-Türkin?‘

,Warst du in den Ferien in deiner Heimat?‘

,Was macht euer Erdogan eigentlich da so alles für komische Dinge?‘

,Ah, du bist so laut und temperamentvoll, weil du Türkin bist.‘“

Was ist entscheidend dafür, dass Netzwerke gut funktionieren und etwas bewegen können?

„Ich würde es authentisch sein nennen, andere könnten auch sagen: Die Kernaussage muss eben stimmen und die Mitglieder zusammenhalten.“

Warum gehen die Themen Weiblichkeit und Zukunft für dich Hand in Hand?

„Ich denke es liegt völlig auf der Hand, dass wir Frauen nun eben nicht gleichberechtigt sind in der Gesellschaft und wenn wir das in den nächsten Jahren in den Griff kriegen, dann wird ordentlich was los sein auf dieser Welt!“

Was müssen wir jetzt bewegen, damit die Zukunft sich für alle in eine positive Richtung wendet?

„Ich würde gern damit starten, Frauen den gleichen Lohn zu zahlen und Rahmenbedingungen zu schaffen für eine gesunde Kindererziehung, ohne dabei den Beruf aus den Augen verlieren zu müssen.“

Welcher Mann und welche Frau haben dich in deinem Leben besonders inspiriert und wieso?

„Hmmm … ,Inspiration‘ ist so ein romantisierter Begriff geworden mittlerweile, das Gefühl der Euphorie, mit der mich meine Mitmenschen oft anstecken können, das ist mir persönlich wichtiger. Es sind Menschen in meinem Umfeld, die ihren Traumberuf leben und dafür brennen. Viele Grüße an Eileen und Pierre an dieser Stelle.“

Welchen Rat würdest du heute deinem jüngeren Ich geben?

„Auch wenn für dich gerade alles neu und eher komisch ist und deine größten Sorgen sind, sich zu fragen, ab wann man sich rasiert, ob Tattooketten jetzt cool sind und der Typ aus der 10a total süß ist und du dich fragst, wie du deine erste Beziehung führst, fang an dich jetzt schon für Größeres zu engagieren. Ausserdem: Fühl dich wohl und sei selbstbewusst, dann klappt es auch mit den Jungs.“

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