Zum ersten Mal wird in Deutschland in der #Metoo-Debatte ein Name genannt. Der Regisseur Dieter Wedel wird von mehreren Frauen der sexuellen Belästigung und sexualisierten Übergriffe beschuldigt, er streitet alle Vorfälle ab.
Ein erster Name ist gefallen – folgen nun mehr?
Bislang wurden in Deutschland, anders als in Hollywood, keine Namen in der #Metoo-Debatte genannt – viele fragten sich, warum, auch wir. Nun haben wohl mehrere Frauen im morgen erscheinenden Zeitmagazin mit dem Schweigen gebrochen, wie Zeit Online berichtet. Im Mittelpunkt steht dabei der Regisseur Dieter Wedel, der von ihnen der sexuellen Belästigung und sexueller Übergriffe beschuldigt wird – er bestreitet sämtliche Anschuldigungen und hat sich schriftlich zu allen Vorwürfen erklärt. Beide Seiten haben eine eidesstaatliche Versicherung abgegeben.
Die Szenen, die dabei etwa von der Schauspielerin Jany Tempel beschrieben werden, erinnern an die Vorwürfe, die Frauen gegen Harvey Weinstein und auch den Comedian Louis C.K. erhoben haben – ein Hotelzimmer, er im Bademantel, er, der sie dann trotz Gegenwehr überwältigt, wie sie berichtet.
„Er hat mich mit Wucht gepackt und gegen die Wand gepresst. Er hat mich angeschrien, ich wisse doch, wer er sei. Wer eine Rolle bei ihm wolle, müsse auch etwas dafür tun.“, wird sie zitiert. Den Vorfall habe sie vor Jahren schon in einem Manuskript aufgeschrieben, das niemand veröffentlichen habe wollen, weil man Klagen befürchtet habe. In einer schriftlichen Stellungnahme, die der Regisseur dem Zeit-Magazin gab, bestreitet er ihre Vorwürfe. Er könne ausschließen, dass er diese Frau oder eine andere Schauspielerin für ein Vorsprechen im Bademantel empfangen habe. Dieser Frau gegenüber „war ich definitiv nie gewalttätig, ich habe sie nicht ‚gepackt‘, an die Wand gepresst“ und auch nicht ‘mit Gewalt zum Geschlechtsverkehr’ gezwungen“ sagt Wedel.
Über Naivität und Machtgefälle
Tempel erzählt auch von ihrer eigenen Naivität, von dem Machtgefälle im Business – auch diese Aussagen erinnern an Hollywood. Ihre Agentin habe ihr damals davon abgeraten, sich zu den Vorfällen zu äußern. Tempel würde so nie wieder einen Job bekommen. Heute, so hätten ihr Freunde geraten, sei nun der richtige Zeitpunkt, sie würde Gehör finden. Eine andere Schauspielerin, die anonym bleiben möchte, berichtet davon, wie sie von Wedel am Set fertiggemacht wurde, nachdem sie seine Annäherungsversuche abgewehrt hatte – ihre Schilderung wurde von zwei Männern, die bei diesen Drehs dabei waren, bestätigt.
Wedel schreibt zu diesem Vorwurf, er sei oftmals laut gewesen und habe sein Unverständnis, etwa wenn Schauspieler ihre Rollen nicht hinreichend beherrschten und nur schlecht vorbereitet oder ihm nicht ausreichend begabt erschienen, auch grob zum Ausdruck gebracht. „Unzutreffend ist aber, dass derartige Handlungen im Zusammenhang mit sexuellen Forderungen oder Avancen Frauen gegenüber standen.“
Zudem sprach das Zeitmagazin mit einer Casterin, die jahrelang mit Wedel gearbeitet hat – sie sagt, sie habe die Gerüchte um Wedels sexuelle Annäherungsversuche Schauspielerinnen gegenüber gehört. Die Frauen hätten unter Druck gestanden, sie hätten eben einfach arbeiten wollen. Auch die ehemalige Schauspielerin Patricia Thielemann wirft Wedel einen Übergriff vor – auch das bestreitet Wedel.
Die Geschichten der Frauen erzählen im Grunde alle vom ewigen Spiel der Macht, zwischen jenen, die am längeren Hebel sitzen und jenen, die sich vor diesem längeren Hebel und seiner Wirkung fürchten. Es ist keine neue Geschichte und sie passiert nicht nur in Hollywood oder der deutschen Filmbranche, sie passiert überall, in jedem Beruf, jeder Frau.
Der erste prominente Name in Deutschland ist nun gefallen, ob weitere folgen?
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