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Der ultimative Guide: So gewinnt man mehr weibliche Speaker

Wir alle kennen das Bild auf den Bühnen, auf Konferenzen und im Fernsehen. Es sprechen viel weniger Frauen als Männer. Wir sagen: So schwer ist es nicht, spannende Frauen zu finden. Wie man mehr weibliche Speaker gewinnt und sein Event so wirklich besser macht.

Wo sind all die Frauen?

Mein großes Nachdenken über Frauen
als Speaker begann zu dem Zeitpunkt, als ich anfing, selbst regelmäßig
auf Konferenzen zu gehen – vor etwa fünf Jahren. Ich würde sagen etwa 90
Prozent der Konferenzen, auf die ich damals ging, wurden von männlichen
Speakern gestaltet und auch das Publikum war wohl zu etwa 80 Prozent
männlich. Seither hat sich das Bild gefühlt um wenige Prozentpunkte
verbessert. Aber klar, war ja auch die Gründerszene. Doch ist es so
einfach?

Richtig repräsentative Zahlen gibt es nicht. 

Die Women Speaker Foundation
von Regina Mehler hat über die

Jahre hinweg Veranstaltungen untersucht: Wenn es gut laufe, liege die

Frauenquote heute bei etwa 20 Prozent. Je technischer es werde, umso
weniger Frauen würden auf der Bühne stehen. „Es gibt aber auch
Lichtblicke wie die Republica, mit knapp 50

Prozent Frauen“, so Mehler. Ähnliche Daten haben Speakerinnen.org gesammelt. Die Events, die über die 50-Prozent-Datenbank beobachtet
werden, haben einen sehr gleichmäßigen Durchschnitt von 75 Prozent
Männern. Repräsentativ seien die Zahlen nicht, sagt Mitstreiterin Anne
Roth. „Anders ist es eigentlich nur bei Veranstaltungen, bei denen es
explizit um Frauen geht: oder eben alles, was mit Familie, Pflege,
Care-Arbeit zu tun hat. Hier ist ein hoher Frauen-Prozentsatz eigentlich
kein Erfolg, sondern genauso deprimierend wie 90 Prozent Männer
bei IT-Konferenzen.“ 

90 Prozent Männer

Auf der DLD Women
2012 hatte ich mein Schlüsselerlebnis. Es war meine erste
Frauenkonferenz und die Inhalte und die Stimmung waren wirklich gut. Auf
einmal hatte sich mein gewohntes Bild umgedreht. Auf der Bühne saßen 90
Prozent Frauen und im Publikum auch. Wo sind all diese Frauen sonst,
fragte ich mich? Und wäre es nicht die viel bessere Konferenz, wenn man
alles mischen würde?

Nebenbei begann ich auf der Konferenz in
München ein Gespräch mit der Werbe-Ikone Cindy Gallop über die
Hintergründe des Frauenmangels auf den üblichen Konferenzen. Cindy bat
mich, an mich selbst zu denken: „Auf wie vielen Konferenzen hast du
selbst bereits gesprochen?”, fragte sich mich. „Auf keiner“, musste ich
antworten. „Siehst du“, entgegnete sie. „Und wie oft wurdest du schon
gefragt, ob du sprechen kannst?“ Ich musste schlucken. 

Zu dem
Zeitpunkt des Gesprächs war ich etwa seit einem Jahr Redaktionsleiterin
von Gründerszene und ich war ohne Übertreibungen mindesten 20 Mal
gefragt worden, ob ich sprechen kann zu Venture Capital, der Berliner
Startup-Szene, Startups & Politik. Und besonders
öffentlichkeitsscheu bin ich nun eher nicht. Doch immer hatte ich nein
gesagt. Wieso bloss? Hier kommen die Top-Ausreden von den
Konferenzveranstalter und uns Frauen und die besten Tipps an beide.

Frauen sind oft zu unsicher

„Frauen
gehen nur auf die Bühne, wenn sie sich 100 Prozent sicher sind.“ Dieser
Satz stammt von Cindy Gallop, und es ist viel Wahres an ihm dran.
Gerade, wenn man noch nicht ganz so viel Bühnenerfahrung hat und andere
erst überzeugen möchte. Wohingegen Männer sich oft über die Bühne und
den großen Auftritt freuen, und im Zweifel auch mal fünf Minuten
Bullshit reden, machen sich Frauen durchschnittlich mehr Gedanken über
ihre Expertise. Auch heute sage ich persönlich nur zu, wenn ich das
Gefühl habe, ich kann etwas wirklich Relevantes zum Thema beitragen.
Letztens fragte ein Konferenzveranstalter Susann und mich zum Beispiel
zum Thema Mobile Payment an, da wundert man sich schon, ob sich das
Gegenüber überhaupt damit beschäftigt hat, was man macht. 

Doch sind Frauen dann tatsächlich unsicherer? Daran glaube ich nicht, manchmal muss man einfach sagen: „Du kannst das.“

Tipp:
Vorher sollte man sich am besten mit dem Speaker und seinen Inhalten
etwas ausführlicher beschäftigen. Das gilt natürlich für Frauen und
Männer. 

Wenn ich jemanden erst davon überzeugen muss zu sprechen, wird er nicht gut sein

Falsch.
Wenn man daran glaubt, das jemand eine gute Wahl ist, bleibt das auch
so, wenn die Person ein bisschen Angst hat. Und wenn man der Person
sagt, dass man weiß, dass sie das super macht, reicht das oft schon. 

Hierzu
auch ein schönes Beispiel: „Wenn ich als Veranstalter, der unter Zeit-
und Gelddruck steht, Speaker A (m) im Handumdrehen mit einer Mail oder
Anruf bekomme, Speaker B (f) dagegen erst noch überzeugen, ermutigen,
von der Qualität der anderen Teilnehmer versichern und bezahlen muss,
ist meine Wahl schnell getroffen”, schrieb mir Christoph Räthke,
ebenfalls Eventmacher, bei Facebook. 

„Ist doch total egal, als
was man angefragt wird, wenn man etwas zu sagen hat, soll man es tun,
ohne Mädchengeschnörkel. Und in der Lage nach einem Honorar zu fragen,
sollte man auch sein“, schrieb mir Heike Melba-Fendel, „Auch als
Event-Organisatorin, sehe ich es nicht als meinen Job an, weibliches
Zaudern zu kontern.“

Ich finde, damit macht man es sich etwas
zu einfach. Glücklicherweise weiß ich aber aus eigener Erfahrung, dass
sich beide durchaus bemühen können, wenn sie jemanden für ein Event als
Speakerin haben wollen. 

Es gibt keine relevanten Frauen

Zu
jedem Thema der Welt wird man eine Frau finden, die etwas Kluges zu
sagen hat. „Für einige Branchen muss man einfach besser in die Recherche
gehen”, sagt Judith Kühn von Gründerszene zu mir. „Wir haben jetzt
für verschiedenste Formate 
Kuratierungen übernommen. Die Frauenquote ist immer ein Thema in der internen Diskussion. Fragt man dann Männer nach Empfehlungen, werden meist andere Männer empfohlen. Das darf aber kein Hindernis sein.“ 

Tipp: Die Ausrede mit der Relevanz sollte schon ganz am Anfang abgelegt werden. Denn sie ist Schwachsinn. 

Wir wollen nur C-Level-Speaker

Klar,
große Namen ziehen Besucher. Deshalb ist es beispielsweise das absolute
Credo einer Konferenzen am besten nicht nur C-Level, sondern sogar nur
CEOs einzuladen. Und davon gibt es eben viel weniger Frauen. Aus Veranstalterkreisen ist immer wieder zu hören, dass ansonsten auch andere CEO weniger gerne kommen wollen.

Hier sollte man sich also nicht nur als
Veranstalter, sondern vor allem auch als Speaker seine Gedanken machen.
Am Ende sollte es um die Qualität der Inhalte und nicht die Namen gehen.
Und dass CEOs nicht immer kluge Sachen sagen oder wenn doch, ziemlich
oft die gleichen, wissen wir alle. „Diese Diskussionen sind ohnehin
meist langweilig, weil es eher um Eitelkeiten geht als um Austausch“,
schrieb mir Ingeborg Trampe bei Facebook ein bisschen überspitzt. Doch
manchmal ist da was dran.

Tipp: Sanja Stankovic, die Gründerin der Digital Media Women und von Hamburg Startups
sagte mir dazu etwas sehr sinnvolles: „Wenn man inhaltlich vorgeht,
dann findet man immer und zu jedem Thema Frauen – seltsamerweise ist
eines der häufigsten Argumente von „Men-Only“-Konferenzen: „Das war
keine Absicht, man habe nur auf Inhalte geachtet.“ 
Solche
Aussagen sind natürlich fatal, suggerieren sie doch, dass Frauen
inhaltlich nichts beizutragen hätten. Das ist natürlich Schwachsinn.

Mein Netzwerk ist das beste

Wenn
wir darüber nachdenken, einen Tag, einen Abend oder eine Fernsehsendung
mit guten Inhalten zu füllen, denken wir alle zuerst an unser eigenes
Netzwerk, an Personen, die wir schon einmal zum Thema gesehen haben,
Menschen, von denen wir sicher sagen können, dass jeder sie auf der
Bühne erwartet und die bestenfalls auch rhetorisch gut sind. Ist unser
Netzwerk dann vor allem männlich, denken wir vor allem an Männer. 

Die Konferenz ist nur so gut, wie das Netzwerk der Macher.

Das
bestätigt auch Sanja: „Ich glaube, dass es häufig am eher männlich
geprägten Netzwerk der Veranstalter liegt. Wenn man nur Bekannte drauf
setzt, dann sind das in solchen Fällen eben mehr Männer.“

Tipp:
Uns allen tut es gut, unser gewohntes Netzwerk hier und da bewusst zu
durchbrechen. Ted-Talks zu Themen anzusehen, mit denen wir uns noch nie
beschäftigt haben. Auf eine Ausstellung oder Lesung zu gehen, die wir
sonst nicht besucht hätten, bewusst nach Menschen zu suchen, die wir in
den alten Gefilden nie kennenlernen würden. 

Wir wollen unbedingt 50/50 auf der Bühne

Wenn
Menschen fordern, in jeder Branche und jedem Bereich sollten immer alle
Events 50/50 besetzt werden, muss ich selbst schmunzeln, manchmal muss
ich sogar die Augen verdrehen, obwohl ich selbst wirklich ein großer
Frauenfan bin. Doch nicht immer arbeiten genauso viele Frauen wie Männer
in einem Bereich. Auch Sanja kennt das: „Ich kuratiere sehr viel,
und ehrlich gesagt fiel es mir persönlich noch nie schwer, zu einem
Thema Frauen zu finden. Aber natürlich gibt es Themen, wo man weniger
Frauen findet als Männer. Nur 14 Prozent der Gründer in Deutschland sind
weiblich und weibliche Investoren gibt es real auch weniger. Auf einer
Startup-Konferenz eine paritätische Besetzung zu fordern, macht hier
keinen Sinn. Anders verhält sich auf auf Konferenzen zu
Digitalwirtschaft, Online-Marketing oder Medien. Wer dort mit weniger
als 30 Prozent Frauenquote an den Start geht, hat seinen Job nicht gut
gemacht und das sieht man leider häufig.“

Tipp: Es
hilft unheimlich, mit anderen über gute und interessante Speaker zu
sprechen. Im Zweifel auch immer mit einer Frau. Und es gibt so viele
Adressen dafür, sollte man selbst wirklich rein gar keine Frau kennen.
Angefangen von den Digital Media Women, über die Women Speaker Foundation von Regina Mehler bis hin zu Speakerinnen.org. Auch bei EDITION F kann man gerne mal anklopfen. Die Macherin der DLD Steffi Czerny hat es zum Beispiel geschafft, auch immer ziemlich viele spannende Frauen auf die DLD zu locken. 

Budget gibt es nicht

Klar,
auf vielen Konferenz bekommen Speaker kein Geld. Und das ist manchmal
auch in Ordnung, weil auch die Konferenzveranstalter noch nicht massig
Geld scheffeln, oder die Konferenz einfach so gut ist, dass man selbst
unbedingt hin will. Wenn man allerdings zahlt, sollte man natürlich auch
Frauen bezahlen. Klingt jetzt banal, aber wird nicht immer so
gehandhabt. Natürlich bedeutet das auch, dass man als Frau ganz direkt
das Honorar nennen sollte, das man für einen Vortrag nimmt – und dann
verhandelt.

Tipp: Das Angebot, Reise- und
Übernachtungskosten zu zahlen, hilft sehr. Wenn man Speakern Geld
bezahlt, sollte man auch darüber nachdenken, Geld auch an Speaker zu
geben, die vielleicht noch kein C-Level erreicht haben, im Zweifel
brauchen diese Speaker das Geld nämlich dringender als die CEOs.

Wir brauchen noch eine Frau auf der Bühne

„Auf
keinen Fall sollte man Speakerinnen anfragen, weil man noch eine Frau
auf dem Panel benötigt, sondern nur aufgrund ihrer Expertise“, sagte
Judith von Gründerszene mir im Gespräch. Und da kann ich ihr nur Recht
geben. Auch ich persönlich reagiere negativ, wenn ich den Eindruck habe,
dass ich nur aufgrund meines Geschlechts gefragt werde und der
Veranstalter sonst gar nichts über mich weiß.

Doch ist es tatsächlich schwieriger Frauen auf die Bühne zu bringen?

„Wann
immer wir anfragen, ist die Bereitschaft ausnahmslos groß”, gibt auch
Kerstin Bock, Mitveranstalterin der TOA zu. „Das größere Problem sei,
dass es immer noch einen relativ geringe Quote an C-Level und
Gründerinnen gibt.“ Ich finde, viele machen es sich ein bisschen zu
einfach. 

Wie gewinnt man Frauen also?

– Mit dem Anspruch
in die Organisation gehen, unterschiedliche Persönlichkeiten zu gewinnen
und immer einen Blick darauf zu behalten

– Sich klar machen, dass
eine Konferenz nur dann gut wird, wenn auch jemand da ist, den man noch
nicht überall gesehen hat und unterschiedliche Charaktere aufeinander
treffen

– Frauen nicht das Gefühl geben, sie wegen der Quote anzufragen, sondern gute inhaltliche Argumente anführen


Das eigene Netzwerk erweitern und auch mal darüber hinaus denken. Nicht
immer bekommt man die besten Inhalte, wenn man nur eine Mail für eine
Zusage schreiben muss

– Auch mal auf C-Level-Speaker verzichten
oder eben um die wenigen C-Level-Frauen etwas mehr kämpfen, indem man
gute Argumente bringt, wieso sich kommen sollten: großartige Konferenz,
Inhalte und ggf. Budget anbieten.

– Netzwerke anfragen, die einen
Draht zu Frauen haben: Digital Media Women, Women Speaker Foundation,
Speakerinnen.org, Generation CEO, EDITION F

– Frauen auch mal sagen, dass man sie wirklich unbedingt haben will und sie das können


Eine gute Moderation sicher stellen: Viel zu oft sind Panels einfach
schlecht vorbereitet. Eine gute Moderation bedeutet, vorher mit allen
Gästen zu sprechen und auch mal Fragen stellen, die vorher noch nie
gestellt wurden

– Auch nicht immer die selben 20 Frauen anfragen. Die Ausrede: „Wir haben ja Sheryl Sandberg angefragt, aber die konnte nicht“ gilt genauso wenig. Ist ja klar.

Doch was können Frauen selbst machen?

Ich denke es ist deutlich geworden, dass es auch an uns Frauen ist, dass sich die Vielfalt auf den Bühnen da draußen erhöht. 


Sich einfach mal trauen und zusagen, im Zweifel hat man dann eh noch
ewig Zeit sich vorzubereiten und vorab im Bekanntenkreis zum Thema zu
diskutieren

– Vortragen üben: Es lohnt sich, das zu trainieren, man wird nämlich besser mit der Zeit

– Sich selbst ins Spiel bringen. Oft gibt es Konferenzen, die einen „Call for Papers“ haben, aber selbst wenn nicht, lohnt es sich Konferenzmacher anzuschreiben und sich selbst ins Spiel zu bringen

– Expertise fernab der Bühne aufbauen, mit Artikeln (geht auch bei EDITION F), einem Twitter-Account, klugen Facebook-Posts oder über Expertenstatements in der Presse

 Sich trauen auch über kontroverse Themen zu sprechen,
aber nicht bei allen Anfragen direkt zusagen, da es Zeit kostet und
manchmal darin endet, dass man wirklich nur die Quotenfrau ist (Tipp von
Isa Sonnenfeld)

– Sich auf Plattformen wie Speakerinnen.org selbst eintragen

– Ein Netzwerk an Frauen aufbauen und immer 10 nennen können, die man anfragen sollte

– Konferenzen, die ganz schlechte Arbeit bei der Besetzung von Panels geleistet haben, nicht besuchen

#Speakerinnen

Also,
es liegt an uns allen, Konferenzen in Zukunft ein bisschen spannender
zu machen. Und auch öffentlich deutlich zu machen, dass es tolle Frauen
gibt, die super sprechen zu können. Dafür bietet sich viel besser ein
Dialog an, als nur das öffentliche anprangern. Für den Dialog empfehlen
wir den #Speakerinnen.

Und wir freuen uns auf all eure Ideen in
den Kommentaren, damit dieser Guide, wirklich ultimativ wird. Mir bleibt
zu sagen, es ist wirklich toll auf Konferenzen zu sprechen. Man wird
selbst schlauer, die eigenen Thesen besser und das Netzwerk größer.
Also, auf die Bühnen!

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